Der Zustand der Bundeswehr nach dem Abzug aus Afghanistan

"Es ist natürlich schon belastend"

1.300 deutsche Soldatinnen und Soldaten waren in den vergangenen Jahren in Afghanistan im Einsatz, die zweitgrößte Truppenstärke nach den USA. Längst sind alle abgezogen. Was hat das bewirkt? Ein Gespräch über den Zustand der Truppe.

Soldaten der Bundeswehr / © Daniel Reinhardt (dpa)
Soldaten der Bundeswehr / © Daniel Reinhardt ( dpa )

DOMRADIO.DE: Hat der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, verbunden mit dem plötzlichen Ende, Unzufriedenheit bei der Truppe ausgelöst?

Msgr. Rainer Schnettker (Militärdekan): Unzufriedenheit kann ich so nicht beurteilen. Es ist natürlich schon belastend. Zum einen natürlich die lange Zeit des Einsatzes und da kommen natürlich auch die Fragen auf: "Was haben wir erreicht? Wofür haben wir es getan?" Auch sicherlich unter dem Aspekt, welche Opfer die Soldatinnen und Soldaten dafür gebracht haben, bis hin natürlich auch zum Leben. Und das sind natürlich Fragen, die jetzt da stehen und die auch bearbeitet werden, die in den Einzelfällen auch an unsere Seelsorger gerichtet werden, aber die auch natürlich im Großen und Ganzen jetzt wieder in eine Aufarbeitungsphase geraten sind.

DOMRADIO.DE: Es gibt eine neue Verteidigungsministerin, Christine Lambrecht von der SPD. Also vermutlich auch keine Überraschung für die Soldatinnen und Soldaten?

Schnettker: Nein, es ist keine Überraschung. Also da kommen wir sehr gut mit zurecht. Die Erfahrung der letzten Jahre hat das auch gezeigt und wir freuen uns natürlich auch auf die Zusammenarbeit mit der neuen Bundesministerin.

DOMRADIO.DE: In Deutschland wird ja die allgemeine Impfpflicht breit diskutiert. Für die Bundeswehr gibt es die bereits. Es ist ein bisschen geräuschlos von Statten gegangen. Das Schlüsselwort heißt Duldungspflicht. Können Sie noch mal die Konsequenz erläutern?

Schnettker: Es ist natürlich naheliegend, dass aufgrund der engen Zusammenarbeit und sicherlich auch unter dem Aspekt des Einsatzes dort, das Risiko auf Richtung Null minimiert werden muss, um sicherlich auch die Einsatzbereitschaft, aber eben auch das gegenseitige Leben und die Gesundheit zu schützen. Von daher ist es sicherlich nichts Ungewöhnliches, dass in diesem Bereich wie bei einer Streitkraft natürlich dann solche Festlegungen getroffen werden. Und wie gesagt, es ist ja zur eigenen Sicherheit und eben auch zur Sicherheit mit den Leuten, denen man dort begegnet.

DOMRADIO.DE: Und möglicherweise wollte aber nicht jeder sich impfen lassen, oder?

Schnettker: Sicherlich wird es da wie in der Gesellschaft insgesamt natürlich Leute geben, die sich nicht impfen lassen. Das ist immer die Frage, ist es auch einsatzrelevant? Weil in den Einsätzen das Ganze natürlich noch mal eine ganz andere Qualität hat, als jetzt im Alltag, wo wir natürlich wie draußen auch in der Gesellschaft mit den verschiedenen Corona-Regelungen dann versuchen, eben auch durch diese Pandemie hindurch zu kommen.

DOMRADIO.DE: Die Pandemiebedingungen haben auch Einfluss auf den alljährlichen Soldatengottesdienst zum Weltfriedenstag im Kölner Dom. Wie sieht es da aus?

Schnettker: Die Anzahl der Teilnehmenden im Dom ist natürlich reduziert. Unter der 3G-Bedingung können wir natürlich feiern. Wie eben erwähnt sind alle Soldatinnen und Soldaten und Bundeswehrangehörigen geimpft. Aber trotzdem wird die Zahl diesmal auf 250 bis 280 Soldatinnen und Soldaten reduziert sein, von sonst fast um die 1000. Und wir werden das Programm drumherum natürlich auch nicht stattfinden lassen, auf dem Roncalliplatz oder den Empfang.

DOMRADIO.DE: Welche Besonderheiten gibt es in diesem Jahr?

Schnettker: So gesehen ist es ein ganz normaler Gottesdienst. Das ist ja sowieso der Aspekt: Wir feiern hier eigentlich nur Eucharistie, so wie wir es überall und jeden Tag tun. Das ist auch kein abgeschlossener Gottesdienst, der intern nur für Soldatinnen und Soldaten ist, sondern wir feiern eben als Kirche unter den Soldatinnen und Soldaten diese Eucharistie unter dem besonderen Aspekt des Weltfriedenstages. Und das gehört eben auch zu unserer Aufgabe, nicht nur aktiv für den Frieden einzutreten, sondern eben auch, um diesen Frieden zu beten.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Militärdekan Msgr. Rainer Schnettker / © Beatrice Tomasetti (DR)
Militärdekan Msgr. Rainer Schnettker / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR
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