DOMRADIO.DE: DOMRADIO.DE überträgt den Gottesdienst am Sonntag ab 15:30 Uhr. Aber warum gibt es diese Woche und was passiert da?
Erzpriester Radu Constantin Miron (griechisch-orthodoxer Erzpriester und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK)): Seit über 100 Jahren gibt es diese Gebetswoche für die Einheit der Christen, die in allen Ländern der Welt gefeiert wird und die im Grunde zwei Aspekte hat: Das eine ist, dass es eine multilaterale, eine vielfältige Ökumene gibt. In jedem Land sind ja auch die Zahlen-Verhältnisse anders. Kirchen, die hier vielleicht groß sind, sind anderswo klein und umgekehrt.
Das andere ist, das Innerste, das Wesen des Christentums, nämlich die Beziehung zu Christus und zu Gott zu pflegen, durch das Gebet. Das muss und sollte eigentlich immer gemeinsam geschehen. Aber wenigstens in dieser Woche des Jahres geschieht es dann öffentlich und offiziell.
DOMRADIO.DE: Jedes Jahr gibt es ja ein Motto. Dieses Jahr lautet es: "Wir haben einen Stern im Osten gesehen und sind gekommen, ihn anzubeten" - aus dem Matthäusevangelium. Wer hat diese Bibelstelle ausgewählt?
Miron: Das ist eine lange Geschichte. In jedem Jahr wird eine Region der Welt ausgesucht, die einen Text vorschlägt. Dieser Text wird dann von ökumenischen Gremien - also auch im Vatikan und vom Weltkirchenrat - bearbeitet. Eine Version wird dann weltweit verschickt und landet schließlich in Deutschland. Hier werden die Texte ins Deutsche übersetzt und leicht angepasst. Nicht alles ist eins zu eins zu übernehmen. Der Text kommt in diesem Jahr also aus dem Nahen Osten - vom Rat der Kirchen in Nahost. Das sind christliche Kirchen, insbesondere in Libanon, Syrien und Ägypten, die die erste Vorlage erarbeitet haben.
DOMRADIO.DE: Die Christen in Nahost erleben ja einen ganz anderen Alltag als wir. Merkt man das den Texten auch an?
Miron: Ja, natürlich. Und das ist ja auch der Sinn, dass wir unseren Sinn und unser Auge und vielleicht auch unser Herz ein bisschen weiten und feststellen, dass die weltweite Christenheit auch mit anderen Konflikten, mit anderen Sichtweisen konfrontiert ist. Ökumene ist immer ein Lernprozess und man kann sogar, wenn man betet oder sich auf das Gebet vorbereitet, lernen. Wir lernen in diesem Jahr eben die Sichtweise dieser Christen, der bedrängten Christen im Nahen Osten kennen und nehmen sie natürlich mit in unser Gebet.
DOMRADIO.DE: Sie sind schon lange in der Ökumene engagiert, seit den 80er-Jahren. Wie hat sich dieses Thema verändert. Haben Sie da eine Öffnung der Beteiligten bemerkt?
Miron: Ja. Wenn man früher gesagt hat "die Kirchen", dann hat man eigentlich zweigleisig gedacht. Noch früher hat man vielleicht sogar nur die eigene Kirche im Blick gehabt. Inzwischen ist es so, dass wir erkennen, dass es eben andere Kirchen gibt, die hierzulande klein sind und dass wir auch andere anstecken mit dem ökumenischen Gedanken. Es gibt Kirchen, die sich vor 20 Jahren geweigert haben, an einen Tisch mit uns zu kommen und heute verlässliche und treue Partner in der Ökumene sind. Wie gesagt, Ökumene ist ein Lernprozess.
DOMRADIO.DE: Der zentrale Gottesdienst zur Gebetswoche für die Einheit der Christen wird an diesem Sonntag um 15.30 Uhr im Kölner Dom gefeiert. Was werden Sie da den Gläubigen mit auf den Weg geben?
Miron: Die Wahl des Ortes hängt mit dem Motto des Sternes zusammen. Jedes Jahr findet dieser zentrale Gottesdienst woanders statt. In diesem Jahr ist es uns gelungen, in die schönste Kirche Deutschlands, in den Kölner Dom, zu kommen. Und das, was wir mitgeben wollen, ist im Grunde, dass dieser Stern - das werde ich auch in meiner Predigt sagen - etwas ist, das hinweisen soll. Er weist auf Christus hin. Und unsere Ausrichtung zu Christus ist es, die uns als Christinnen und Christen, als Kirchen, einander näher bringt und nach vorne bringt.
Das Interview führte Julia Reck.
INFO:
DOMRADIO.DE überträgt am Sonntag den Gottesdienst ab 15:30 Uhr im Web-TV in Ton und Bild. Der Gottesdienst wird durch Dolmetschende im Dom in Gebärdensprache übersetzt und per Video in den Stream integriert.