Ökumenische Gebetswoche wird im Kölner Dom begangen

"Wir alle folgen gemeinsam Jesus"

Die Christen im Nahen Osten stehen bei der Gebetswoche für die Einheit der Christen im Fokus. Die "Sterndeuter, die aus dem Osten kamen" werden besonders im Kölner Dom verehrt. Dort ist auch der zentrale Gottesdienst am Sonntag.

Die Anbetungsszene mit den Heiligen Drei Königen auf der Stirnseite des Schreins. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Die Anbetungsszene mit den Heiligen Drei Königen auf der Stirnseite des Schreins. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

DOMRADIO.DE: "Wir haben seinen Stern im Osten gesehen und sind gekommen, ihn anzubeten." Das ist das Motto der Gebetswoche für die Einheit der Christen in diesem Jahr. DOMRADIO.DE überträgt live am Sonntag ab 15:30 in Bild und Ton. Wer hat das Motto für die Woche ausgewählt?

Pastor Jochen Wagner (Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland): Die Gebetswoche für die Einheit der Christen wird ja immer weltweit gefeiert und dabei gibt es in jedem Jahr ein Schwerpunktland oder -region. Dieses Jahr sind es die Christen aus dem Nahen Osten, die in dem Vers auch ihre Region mit benannt haben. "Wir haben seinen Stern im Osten gesehen" - damit wird diese Region und die Christen vor Ort ins Spiel gebracht.

DOMRADIO.DE: Der Stern, der im Osten aufgeht. Was hat der mit der Einheit der Christen zu tun?

Wagner: Zunächst ist es so, dass die Sterndeuter diesem Stern folgen. Für uns ist das ein Symbol dafür, dass wir alle gemeinsam Jesus nachfolgen, zwar in ganz unterschiedlichen Traditionen und auf unterschiedliche Art und Weise, aber das eint uns, dass wir alle diesem Jesus folgen. Man kann auch sagen: Der Stern ist so etwas wie ein Symbol für Jesus Christus, der ja auch als das Licht der Welt bezeichnet wird.

Pastor Jochen Wagner

"Für uns ist das ein Symbol dafür, dass wir alle gemeinsam Jesus nachfolgen, zwar in ganz unterschiedlichen Traditionen und auf unterschiedliche Art und Weise"

DOMRADIO.DE: Die Christen in Nahost leben ohnehin schon in einer ziemlich schwierigen Gemengelage. Jetzt hat die Pandemie sie noch viel stärker in Bedrängnis gebracht. Inwieweit ist das so und wie spiegelt sich das in der Gebetswoche?

Wagner: In der Tatsache, dass wir mit unserer internationalen Vorbereitungsgruppe alle Treffen digital durchführen mussten. Normalerweise reisen wir immer in das Land, das die Texte erarbeitet. Das war dieses Mal nicht möglich. Es wird dadurch bewusst, dass wir immer wieder Gebetsanliegen aus den unterschiedlichen Regionen erhalten und somit auch füreinander einstehen können - gerade in diesen schwierigen Zeiten.

DOMRADIO.DE: Sie haben gesagt: Wir Christen glauben alle an den einen Gott. Wir glauben alle an Jesus Christus, aber wir leben das auf ziemlich unterschiedliche Weise. Muss der Wunsch nach Einheit da nicht von vornherein eine Utopie bleiben?

Wagner: Ich denke, es kommt darauf an, was man unter Einheit versteht. Wenn man darunter versteht, dass alles einheitlich sein muss, dann ist das natürlich eine Utopie. Aber wenn man darunter versteht, dass es eine Einheit auch in der Vielfalt geben kann und die Vielfalt durchaus auch gewollt und berechtigt ist, denke ich, dann ist das auch ein realistisches Ziel, von der Einheit zu reden.

DOMRADIO.DE: Einheit in Vielfalt, das klingt gut. In der Wirklichkeit ist es trotzdem schwer. Da gibt es oft Konflikte. Man könnte auch sagen, es sei ein bisschen naiv zu glauben, dass Beten da weiterhelfen könnte.

Ökumene

Der Begriff "Ökumene" stammt aus dem Griechischen und heißt wörtlich übersetzt "die ganze bewohnte Erde". Gemeint sind die Bemühungen um die Einheit aller getrennten Christen. Die Ökumenische Bewegung ging zunächst von evangelischer Seite aus; als Beginn gilt die Weltmissionskonferenz von Edinburgh im Jahr 1910. Sie führte 1948 zur Gründung des Ökumenischen Rates der Kirchen (Weltkirchenrat, ÖRK) mit Sitz in Genf. Ihm gehören heute 349 reformatorische, anglikanische und orthodoxe Kirchen mit 560 Millionen Christen in 110 Ländern an.

Bewegung in der Ökumene / © Paul Sklorz (KNA)
Bewegung in der Ökumene / © Paul Sklorz ( KNA )

Wagner: Wenn man sagen würde, wir treffen uns zum Beten und lehnen uns dann zurück, dann würde ich Ihnen Recht geben, das wäre in der Tat naiv. Aber es geht darum, beides zu tun, also dafür zu beten und auch aktiv zu werden und sich dafür einzusetzen. Diese Gebetswoche zeigt: Wir kommen zusammen und treffen uns zum Gottesdienst trotz unserer Unterschiede. Durch das Gebet und das gemeinsame Gottesdienst feiern, wird schon ein Stück weit Einheit gelebt.

DOMRADIO.DE: Am kommenden Sonntag feiern Sie den den zentralen ökumenischen Gottesdienst hier im Kölner Dom. Welcher Gedanke wird den Gottesdienst prägen?

Wagner: Von diesem Grundvers her des Sterns und dann der Sterndeuter lag der Kölner Dom natürlich nahe, und wir sind sehr froh, dass wir den Gottesdienst dieses Jahr dort feiern können. Wir wollen diesen Gedanken aufnehmen. In jedem Jahr geht es um die Frage der Einheit und wie diese in dieser Vielfalt und der Unterschiedlichkeit gelingen kann. In diesem Jahr wollen wir besonders dieses Motto des Sterns aufnehmen in der Bedeutung, dass wir alle diesem Stern oder vielmehr Jesus nachfolgen. Das ist auch insofern ganz schön, weil wir die Sternsinger zum Gottedienst einladen, die dieses Jahr nicht von Haus zu Haus gehen konnten, zumindest nicht überall. Sie tragen sonst immer diesen Stern von Mensch zu Mensch.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Quelle:
DR