Notwendig sei eine gesetzliche Grundlage für die Unabhängige Aufarbeitungskommission, sagte Rörig in Berlin. Er schlug vor, hauptamtliche Mitglieder in die Kommission zu entsenden und ihnen einen gesetzlichen Beratungsauftrag für Institutionen zu geben.
Gesetz soll Rechte sichern
Er erwähnte dabei ausdrücklich nicht nur sein eigenes Amt, für das die Ampel-Parteien laut Koalitionsvertrag eine gesetzliche Grundlage schaffen wollen. Nötig sei diese vielmehr auch für die bei seinem Amt angesiedelte Aufarbeitungskommission:
"Um Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in den jeweiligen Institutionen bundesweit voranzubringen und zu unterstützen, wären Beratungs- und Anhörungsrechte gegenüber den Institutionen, vielleicht auch eigene Vorladungs-, Untersuchungs- und Kontrollrechte, für die bei meinem Amt angesiedelte unabhängige Aufarbeitungskommission sinnvoll." Ihr fehle bisher "eine gesetzliche Grundlage, aus der sich klare Rechte und Pflichten ergeben", sagte Rörig.
Sport und Kirche brauchen Hilfe des Staates
"Seit Jahren ist im Komplex des sexuellen Kindesmissbrauchs klar, dass sich die Kirchen und auch andere selbstverwaltete Bereiche der Gesellschaft, wie zum Beispiel der organisierte Sport, nicht allein aufklären und aufarbeiten können", sagte Rörig der "Welt". "Der Staat muss sich deshalb nicht nur im Rahmen der Justiz, sondern endlich und nachdrücklich auch dann für eine Aufarbeitung engagieren, wenn ihm zum Beispiel wegen eingetretener strafrechtlicher Verjährungen die Hände gebunden sind."
Einem stärkeren Eingreifen des Staats sollten sich die Kirchen nicht verweigern, fügte Rörig hinzu. "Es wäre sehr gut, wenn die Kirchen bei allem Beharren auf ihrer verfassungsrechtlich garantierten Eigenständigkeit den Mut hätten, hier dem Staat ein eigenes und gesetzlich fundiertes institutionelles Agieren zu ermöglichen."
Stimmen nach einer verstärkten Aufarbeitung auf Bundesebene waren auch nach der Veröffentlichung des Gutachtens des Erzbistums München-Freising in der vergangenen Woche laut geworden.
Weiter könnten sie auch Kontrollrechte und Interventionsrechte für laufende Aufarbeitungsprozesse erhalten, so Rörig. Er äußerte sich bei einer digitalen Fachtagung zu sexuellem Kindesmissbrauch in der Familie.
Unabhängige Kommission bislang ehrenamtlich
Die von Rörig initiierte Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch hatte Anfang 2016 ihre Arbeit aufgenommen. Alle Mitglieder arbeiten ehrenamtlich. Bislang haben sich nach eigenen Angaben rund 3.000 Betroffene bei der Kommission gemeldet.
Rörig selbst hatte bereits vor längerer Zeit angekündigt, sein Amt nach rund zehn Jahren abzugeben, ein Nachfolger steht bislang noch nicht fest.
Auch der SPD-Religionsbeauftragte Lars Castellucci hatte sich nach der Vorstellung des Münchner Gutachtens für eine Aufwertung der Aufarbeitungskommission ausgesprochen. Castellucci hatte am Wochenende erklärt, die Kommission müsse in die Lage versetzt werden, ihren Auftrag zu erfüllen. "Dazu müssen wir sie aufwerten und ihr die nötigen Mittel zur Verfügung stellen."