Religionspädagoge Biesinger kritisiert emeritierten Papst

"Moralischer Kompass" zerstört

Der Tübinger Theologieprofessor Albert Biesinger macht dem emeritierten Papst Benedikt XVI. wegen dessen Einlassung im Münchner Missbrauchsgutachten Vorwürfe. Die kirchlichen Amtsträger rief er "zu einem Prozess der Umkehr" auf.

Papst Benedikt XVI. im Jahr 2012 / © Romano Siciliani/Agenzia Romano Siciliani (KNA)
Papst Benedikt XVI. im Jahr 2012 / © Romano Siciliani/Agenzia Romano Siciliani ( KNA )

"Wer bei der Beurteilung von sexuellem Missbrauch dem Kirchenrecht Vorrang gibt vor ethischen und pädagogischen Beurteilungen, zerstört den moralischen Kompass", erklärte Biesinger.

Albert Biesinger / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Albert Biesinger / © Elisabeth Schomaker ( KNA )

Der emeritierte Religionspädagoge bezog sich damit auf die Einlassung des früheren Papstes im Münchner Missbrauchsgutachten, dass das Entblößen des Geschlechtsteils vor einem jungen Mädchen kein Missbrauch sei, weil das Kind dabei nicht berührt worden sei.

Ermutigung für Religionslehrer

Im Blick auf die aktuellen Debatten um Missbrauch in der Kirche ermutigte Biesinger die Religionslehrer, "der aktuellen, hochbrisanten Situation zu trotzen". Kinder und Jugendliche bräuchten "gerade in Zeiten wie diesen orientierende Wegbegleitung und hoffnungsstiftende Perspektiven" - nicht aber Resignation und Mutlosigkeit.

Symbolbild Religionsunterricht / © Friso Gentsch (dpa)
Symbolbild Religionsunterricht / © Friso Gentsch ( dpa )

Die kirchlichen Amtsträger rief der Theologe "zu einem Prozess der Umkehr" auf. Der Mensch hat Vorrang, nicht die Institution." Ein seit Jahrzehnten entwickeltes und gut begründetes Modell der Sexualmoral müssen endlich Eingang in das Denken von Amtsträgern finden. Auch sollten andere Zugänge zu den kirchlichen Ämtern eröffnet werden.

Missbrauchsgutachten: Schwere Vorwürfe gegen Benedikt XVI. und Kardinal Marx

Das lange erwartete Missbrauchsgutachten für das Erzbistum München-Freising belastet amtierende und frühere Amtsträger schwer, darunter auch den emeritierten Papst Benedikt XVI.

Joseph Ratzinger habe sich in seiner Amtszeit als Münchner Erzbischof (1977-1982) in vier Fällen fehlerhaft verhalten, heißt es in der am Donnerstag in München vorgestellten Untersuchung der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW). Erzbischof Kardinal Reinhard Marx, werfen die Anwälte unter anderem vor, sich nicht ausreichend um Fälle sexuellen Missbrauchs gekümmert zu haben.

Münchner Missbrauchsgutachten / © Sven Hoppe/DPA-Pool (KNA)
Münchner Missbrauchsgutachten / © Sven Hoppe/DPA-Pool ( KNA )

                                     

Quelle:
KNA