Am Montag in 100 Tagen soll in Stuttgart der Katholikentag beginnen - und noch immer ist vieles offen. Die Unklarheiten sind der Pandemie geschuldet, deren weitere Entwicklung niemand seriös vorhersagen kann.
Entsprechend spielen die Verantwortlichen auf Zeit. So fällt der Startschuss für die Privatquartierkampagne verspätet erst am 25. Februar. Ab dann soll auf Plakaten und in digitalen Netzwerken für die Gastfreundschaft in Stuttgart geworben werden. Das Organisieren der Unterkünfte für Katholikentagsbesucher gehört zum Standardrepertoire der Christentreffen. Dabei bieten Menschen vor Ort den Katholikentagsbesuchern kostenfrei eine Bleibe in den eigenen vier Wänden an - im Prinzip eine sympathische Idee. Doch wer will unter Covid-19-Bedingungen verbindlich zusagen, unbekannte Gäste zu beherbergen? Aber wie sollen sonst Zehntausende untergebracht werden?
Katholikentag in Präsenz geplant
Geplant ist der 102. Katholikentag vom 25. bis 29. Mai. Das Grundgerüst entspricht dem traditionellen Muster der Treffen: Am Mittwochabend soll es nach der Eröffnung einen bunten Abend in der Innenstadt geben. Am Donnerstag, dem Feiertag Christi Himmelfahrt, beginnt nach den vormittäglichen Gottesdiensten die inhaltliche Arbeit. Diskussionen und Foren, bei denen es um alles zwischen Abrüstung und Zen-Meditation geht. Die Veranstaltungen enden am Samstagnachmittag, bevor der Katholikentag mit einem großen Straßenfest am Abend und dem Schlussgottesdienst am Sonntag ausklingt.
Vieles ist draußen vorgesehen, auf "Katholikentags-Inseln" genannten Plätzen der Innenstadt - und scheint deshalb corona-konform. Bundesweit bekannte Großveranstaltungsorte wie die Hanns-Martin-Schleyer-Halle, die Porsche-Arena und die Stuttgarter Messe werden nicht bespielt, stattdessen kommen mittelgroße wie die Liederhalle, das Haus der Wirtschaft und der evangelische Hospitalhof zum Zuge - allesamt im Stadtkern. Für die Open-Air-Veranstaltungen ist der Schlossplatz vorgesehen. Unklar ist, ob und welche Auflagen die Landesregierung von Winfried Kretschmann den Veranstaltern macht. Sicher ist, dass der grüne Katholik bislang für strenge Maßnahmen eintrat.
Anders als beim ÖKT gibt es keinen digitalen doppelten Boden
Der gastgebende Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst glaubt, dass der Katholikentag im Unterschied zum digitalen Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) 2021 in Frankfurt analog stattfindet. Organisatorisch und finanziell fehlen Personal und Mittel, um ein Netz mit doppeltem Boden zu spannen. Das heißt im Umkehrschluss: Im Falle einer Corona geschuldeten Absage wäre alle Arbeit vergebens gewesen. Inhaltlich soll es nach Fürsts Worten vor allem um Klimawandel, Digitalisierung und soziale Fragen wie Wohnungsbau und gesellschaftlichen Zusammenhalt gehen.
Zwar sollen die Kernthemen des katholischen Reformprojekts Synodaler Weg auf den Tisch kommen - Sexualmoral, priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen - aber Fürst will nicht, dass der Katholikentag "zur öffentlichen Großveranstaltung des Synodalen Weges mutiert". Denn: "Der Katholikentag ist mehr."
Aber die Katholikentags-Macher müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich die Diskussionen rund um das Münchner Gutachten zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs nicht positiv auf die Gesamtstimmung auswirken. "Wir werden eingemeindet", heißt es in Stuttgart. Dabei versteht sich das Treffen als der Ort, an dem Probleme offen und konstruktiv besprochen und analysiert werden können.
Wer spricht, ist noch unklar
Offen ist, wer bei Podien und Foren sprechen soll. Das hängt damit zusammen, dass das hochkarätige bundespolitische Personal erst nach der Regierungsbildung angefragt werden konnte. Hinzu kommt - auch hier heißt das Stichwort Corona -, dass unklar ist, ob und aus welchen Ländern Gäste einreisen dürfen. Der württembergischen Diözese sind ihre weltweiten Kontakte wichtig. Ob sich dieses Interesse in physische Präsenz der Partner umsetzen lässt, bleibt abzuwarten.
Am 7. März soll bei einer Pressekonferenz in Stuttgart das Programm vorgestellt werden. Mit dabei sein wollen neben Fürst die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp und Generalsekretär Marc Frings. Doch wie 100 Tage vor Beginn mit dem Unbill und den Fährnissen umgehen, die der Pandemie geschuldet sind? Was heißt das für die rund 1.500 geplanten Veranstaltungen? Die Antwort bleibt noch unbestimmt. Fürst sagt es so: "Der Katholikentag ist eine reale Hoffnung."