Außenminister Yair Lapid unterstricht laut israelischen Medien, was bereits Ministerpräsident Naftali Bennett zuvor ähnlich geäußert hatte: Israel habe eine Verantwortung "gegenüber den israelischen Bürgern dort und gegenüber den Juden", so Bennett und Lapid.
Israel hoffe weiterhin auf eine diplomatische Lösung, aber die Angst vor einer bevorstehenden russischen Invasion wachse. Lapid verwies zugleich auf die Sensibilität israelischer Äußerungen, da es sowohl in der Ukraine als auch in Russland große jüdische Bevölkerungsgruppen gebe, die es zu schützen gelte.
Luft- und Landevakuierungen
Israel kündigte für diese Woche 32 Flüge von der Ukraine nach Israel an. Falls nötig, soll laut Lapid auch auf dem Landweg über Nachbarländer evakuiert werden. Derzeit halten sich demnach 10.000 bis 15.000 jüdische und arabische Israelis in der Ukraine auf. Die Nachfrage nach Evakuierungen ist jedoch laut Berichten gering.
Kritik äußerten unterdessen jüdische Vertreter in der Ukraine. Israel tue nichts für die lokalen jüdischen Gemeinden, es sei denn, sie erwägten, nach Israel auszuwandern, sagte der Oberrabbiner von Kiew und der Ukraine, Yaakov Bleich, der "Jerusalem Post" (Sonntagabend).
Kritik ukrainischer Juden
Ferner habe Israel die in der Ukraine tätigen jüdischen Abgesandten und ihre Familien zum Verlassen des Landes gezwungen. Israels Regierung kümmere sich hauptsächlich um ihre eigenen Bürger, "und das ist eine Schande", so Bleich. Die ukrainischen Juden müssten aus der fehlenden Unterstützung durch die israelische Regierung "eine Lehre ziehen".
Die jüdischen Gemeinden in der Ukraine haben laut Bleich eine Spendenkampagne gestartet, um für den Notfall die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln für einige Wochen zu sichern sowie Satellitentelefone zu beschaffen.
Zentrum des Chassidismus
Weniger als ein Prozent der rund 43,7 Millionen Einwohner der Ukraine sind Juden. Gleichzeitig gilt das Land als geistiges Zentrum des Chassidismus, einer strengreligiösen Strömung des Judentums. Das Grab eines der Chassidismus-Begründer, Rabbiner Nachman (1772-1810), in der ukrainischen Provinzstadt Uman, gilt als wichtiges Pilgerziel insbesondere zum jüdischen Neujahrsfest Rosch ha-Schana, zu dem Zehntausende strenggläubige Juden die Stadt besuchen.