Regionalkantor beschreibt Orgel-Reinigung im Bistum Münster

Aus dem letzten Loch gepfiffen

Wie reinigt man eigentlich eine Orgelpfeife? Mit Staubsauger und Pressluftgerät, sagt Regionalkantor Thorsten Maus. Er begleitet die Reinigung der Klais-Orgel in St. Peter in Recklinghausen und ist gespannt auf den neuen Klang.

Blick auf die Pfeifen im Inneren einer Orgel. / © Dominik Michalek (shutterstock)
Blick auf die Pfeifen im Inneren einer Orgel. / © Dominik Michalek ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: 2800 Pfeifen müssen gereinigt werden. Wie läuft die Reinigung ab?

Regionalkantor Thorsten Maus / © Michaela Kiepe (Bistum Münster)

Thorsten Maus (Regionalkantor im Bistum Münster): Das klingt erstmal recht aufwendig und das ist es auch in der Tat: Denn jede Pfeife wird einzeln von Hand ausgebaut. Da muss man sich vorstellen, die Pfeifen sind mit Pfeifenkörper von der Gesamtlänge vielleicht 12 bis 14 Zentimeter lang. Das ist also kein Problem. Da kann man eine Handvoll vorsichtig mitnehmen. Dann gibt es auch Pfeifen, die über zwei, drei Meter groß sind. Da stellt sich das schon schwieriger dar. Die haben auch ein anderes Gewicht.

Wir haben im Moment einen Orgelbaumeister der Firma Klais vor Ort – das ist auch der Erbauer der Orgel – und der hat noch einen Gesellen dabei. Das heißt, bei den großen Sachen schleppen sie stundenlang Pfeife für Pfeife von oben von der Orgel, wo es recht eng ist, nach unten in einen Seitenraum, die Michaelskapelle. Da haben wir eine Art Werkstatt eingerichtet. Dort stehen ihre Tische und Arbeitsinstrumente – zum Beispiel einen Staubsauger. Klingt erstmal lustig, aber tatsächlich ist viel Staub in den Pfeifen. Dann haben sie ein Pressluftgerät, mit dem die kleinsten Schlitze an den Orgelpfeifen, wo der Ton entsteht, vom Dreck befreit und geöffnet werden.

Kleine und große Orgelpfeifen. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Kleine und große Orgelpfeifen. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

In Sankt Peter haben wir Staub, aber vor allem auch jede Menge Ruß in den Orgelpfeifen, denn hier brennen den ganzen Tag Kerzen. Deswegen haben wir im Zuge der Reinigung mit dem Kirchenvorstand entschieden, auf eine neue und rußärmere Art von Kerzen zu wechseln. Die brennen nur ein Drittel der Zeit.

Ich denke, dass die Gebete der Kerzenanzünder trotzdem ankommen, wenn so eine Kerze statt sechs Stunden zwei Stunden brennt. Wir versprechen uns davon, dass wir für die nächsten Jahrzehnte eine viel ärmere Rußentwicklung haben, denn das war hier wirklich extrem.

DOMRADIO.DE: Die Orgel ist erst 16 Jahre alt. Da ist es schon verwunderlich, dass so viel Dreck in den Pfeifen steckt, oder?

Maus: Ja. Aber es ist auch viel Staub in den Pfeifen. Es gibt sogar solche "Staubmäuse". Das passierte schon mal beim Üben, da merkte man plötzlich, dass irgendein Ton nicht kommt. Dann konnte man in die Orgel klettern, die Pfeife hochnehmen und umdrehen, etwas schütteln und dann fiel so eine "Staubmaus" heraus, so ein kleines Staubknäuel. So ähnlich wie man das von zu Hause kennt, wenn man ein paar Wochen nicht staubgesaugt hat. Das gab es schon recht viel.

Jetzt muss man wissen, bei uns steht die Orgel von vorne und hinten frei. Das heißt, da ist sowieso immer so ein bisschen Luftzirkulation, etwas mehr, als wenn man vor einer geschlossenen Wand steht. Bei uns hat das einen klanglichen Vorteil, aber eben den kleinen Nachteil, dass da durch die größere Luftzirkulation etwas mehr Staub aufgewirbelt werden kann. Durch diesen extremen "Rußverbrauch" – ich nenne es mal so – summiert sich das. Und dann kommt eben eins zum anderen.

Thorsten Maus

"Das wird schon für viele bemerkbar sein, dass die Orgel wieder mehr Strahlkraft hat."

DOMRADIO.DE: Voraussichtlich Ende März soll die Reinigung abgeschlossen sein, sodass auf jeden Fall zum Osterfest die Orgel im normalen neuen Klang erklingt. Merke ich dann als normaler Kirchenbesucher den Unterschied?

Maus: Ich hoffe das. Man muss sich das so vorstellen: Wenn eine Orgel neu aufgebaut wird, wird sie intoniert, das heißt, klanglich dem Raum angepasst. Jede einzelne Pfeife kriegt ihr Klangbild. Natürlich klingt eine Trompete immer wie eine Trompete, egal welcher Ton das ist, und eine Flöte wie eine Flöte.

Trotzdem hat der Orgelbauer Möglichkeiten die Klangschärfe noch einmal innerhalb der Trompete oder in der Flöte zu stimulieren oder zu verändern. Man kann den Klang weicher gestalten, man kann den Klang härter gestalten, man kann Glanz reinbringen, Glanz rausbringen.

Wenn jetzt durch den Ruß und den Dreck in den Orgelpfeifen der Klang im Laufe der letzten Jahre ein bisschen verblasst ist, wird das jetzt schon für viele bemerkbar sein, dass die Orgel wieder mehr Strahlkraft hat – zumindest für diejenigen, die regelmäßig im Raum sind. Das muss man sich vorstellen wie eine beschlagene Brille, die wieder klar wird. Das merkt man dann.

Das Interview führte Oliver Kelch.

Quelle:
DR