Messgewänder für die neue Kirche in Poing kommen aus Köln

Auf die Architektur abgestimmt

Die neue Pfarrkirche von Poing bei München ist wegen ihrer ungewöhnlichen Architektur weit über die Grenzen des Ortes bekannt. Nun erhält sie Messgewänder aus Köln, die eigens für das Gotteshaus und seinen Raum entworfen worden sind.

Autor/in:
Jan Hendrik Stens
Thomas Schmitt in seinem Paramentengeschäft in Köln / © Jan Hendrik Stens (DR)
Thomas Schmitt in seinem Paramentengeschäft in Köln / © Jan Hendrik Stens ( DR )

Auffällig ist sie schon, die neue Kirche in Poing im bayerischen Landkreis Ebersberg, nicht weit weg von München. Das 2018 fertiggestellte Gotteshaus wird aufgrund seiner Form auch "Sprungschanze Gottes" genannt, ist aber einem Kristall nachgeahmt. Dafür sorgen 15.000 dreidimensionale weiße Kacheln, mit denen das Bauwerk bedeckt ist und die je nach Einfall der Sonnenstrahlen in unterschiedlicher Weise reflektieren.

Die neue Pfarrkirche Seliger Pater Rupert Mayer in Poing / © Jonas Schlögl (Kath. Kirchenstiftung St. Michael Poing)
Die neue Pfarrkirche Seliger Pater Rupert Mayer in Poing / © Jonas Schlögl ( )

"Seliger Pater Rupert Mayer" heißt die neue Poinger Pfarrkirche. Sie löst in dieser Funktion die alte Pfarrkirche St. Michael ab, die im alten Ortszentrum steht und durch den sprunghaften Anstieg der Einwohnerzahl Poings in den vergangenen Jahrzehnten zu klein wurde. Die neue Pfarrkirche steht nun auch im neuen Ortszentrum.

Gottesdienstbesucher konstant geblieben

"Unsere ziemlich bekannte Poinger Pfarrkirche 'Seliger Pater Rupert Mayer' ist mittlerweile ein lebendiges Zentrum unserer Pfarrei und der gesamten Gemeinde geworden", sagt Philipp Werner. Seit drei Jahren ist der 45-Jährige Pfarrer in Poing und damit verantwortlich für die knapp 6.000 Katholiken im Ort. Die Kirche stoße nicht nur überörtlich auf großes Interesse. Inzwischen seien auch viele gegensätzliche Diskussionen um den Kirchenneubau stiller geworden. "Als Pfarrer merke ich: die Pfarrkirche wird von ganz Poing angenommen", ergänzt Werner.

Trotz Corona und Kirchenkrise seien die Gottesdienstbesucherzahlen konstant geblieben. Aber auch das aktive Engagement der Pfarrangehörigen für die neue Kirche sei ein deutliches Zeichen für eine lebendige Gemeinde, beschreibt der Pfarrer die Situation. Das Porträt des Kirchenpatrons wurde von einem großzügigen anonymen Stifter aus dem Rheinland ersteigert. Kelche und eine Sakristeiglocke wurden gespendet, würdevolle Rahmen für die Sterbezettel gestaltet und die verschiedenen Installationen der Jugendlichen machen ihre Sakramentenvorbereitung für alle sichtbar. "Dadurch strahlt der Kirchenraum schon aus, dass er genutzt und gebraucht wird."

Vom Opernhaus zum Paramentengeschäft

Grünes Messgewand für die Kirche Seliger Pater Rupert Mayer in Poing / © Schmitt Paramente (privat)
Grünes Messgewand für die Kirche Seliger Pater Rupert Mayer in Poing / © Schmitt Paramente ( privat )

Doch es gibt noch ein weiteres Projekt, das in "Seliger Pater Rupert Mayer" gestartet wurde und jetzt zum Abschluss kommt. Und dieses Projekt wurzelt in Köln, wo Thomas Schmitt ein Geschäft für Paramente führt. Als gelernter Herrenschneider arbeitete Schmitt 17 Jahre am Kölner Opernhaus, bis ein guter Freund, der zu dem Zeitpunkt Kaplan in Düren war, ihn darum bat, Messgewänder zu entwerfen. Daraus wurde eine Ausstellung, zu der wiederum Priester kamen, woraus neue Aufträge für Schmitt entstanden.

Die Verbindung zur katholischen Kirche war bei ihm allerdings schon immer gegeben, erinnert sich Schmitt weiter, der in seiner Heimatgemeinde Messdiener, Lektor sowie Jugendleiter war und auch die Orgel spielte. Zwar wollte er auch eine zeitlang Priester werden, hat sich jedoch dann anders entschieden. "Heute kleide ich die Herren ein", schmunzelt Schmitt, in dessen Geschäft nicht nur Priester, sondern auch viele Bischöfe zur Stammkundschaft zählen.

"Alles, was hier aus dem Haus geht, wird hier im Hause hergestellt." Dafür sorgen neben Schmitt sechs Schneiderinnen und Schneider sowie Stickerinnen. Und wenn ein Pfarrer oder eine Gemeinde Messgewänder bestellt, dann würden diese auf den Raum der Kirche abgestimmt, das ist Schmitt sehr wichtig. "Egal wo es ist, wir schauen uns die Kirche an und machen Entwürfe, dass Paramente und Raum sich verbinden."

Kachel der neuen Kirche als Leitmotiv

Sakristeikreuz aus vier Kacheln der Kirche Seliger Pater Rupert Mayer in Poing / © Jonas Schlögl (Kath. Kirchenstiftung St. Michael Poing)
Sakristeikreuz aus vier Kacheln der Kirche Seliger Pater Rupert Mayer in Poing / © Jonas Schlögl ( )

Irgendwann kam der Poinger Pfarrer Werner in Begleitung des Kirchenpflegers und des Münchener Weihbischofs Rupert Graf zu Stolberg-Stolberg ohne Termin ins Kölner Geschäft, um für die neue Poinger Pfarrkirche Gewänder anzuschaffen. Tatsächlich kannte Schmitt die Kirche bereits von Bildern und empfand sie als schlichten, aber sehr stimmigen Raum, für den es sich sicher lohnte, auch mal ein Gewand zu machen. Im Laufe des Gesprächs stellte sich dann doch heraus, dass es nicht bei einem Gewand für "Seliger Pater Rupert Mayer" bleiben sollte. Es sollte ein Gewand für jede liturgische Farbe geben und diese sollten im Rahmen einer Ausstellung auch der Öffentlichkeit gezeigt werden.

Marien-Messgewand für die Kirche Seliger Pater Rupert Mayer in Poing / © Schmitt Paramente (privat)
Marien-Messgewand für die Kirche Seliger Pater Rupert Mayer in Poing / © Schmitt Paramente ( privat )

Als Leitmotiv für sämtliche Gewänder wählten Schmitt und sein Kompagnon David Valles Fernández die Kachel aus, mit der die Kirche von außen gefliest ist. Auf dieser Kachel verlaufen Linien in Form eines Kreuzes, von dem noch einmal drei Linien diagonal abgehen. "Diese Grafik ist auf allen Gewändern vertreten, aber immer wieder anders", erläutert Schmitt die Verarbeitung des Leitmotivs. Es wurde appliziert, gestickt. Manches wurde so gestaltet, dass die Grafik über das ganze Gewand läuft. Für das Mariengewand wurden aus der Grafik die Buchstaben A und M für "Ave Maria" gebildet.

Messgewand für Pfingsten und Firmungen für die Kirche Seliger Pater Rupert Mayer in Poing / © Schmitt Paramente (privat)
Messgewand für Pfingsten und Firmungen für die Kirche Seliger Pater Rupert Mayer in Poing / © Schmitt Paramente ( privat )

Doch die größte Herausforderung sei das Pfingstgewand gewesen. Dieses sei ausschließlich für Pfingsten und Firmungen vorgesehen. "Da habe ich mir die Kachel genommen, habe die ausgedruckt und auseinandergeschnitten", erläutert Schmitt sein Vorgehen. "Aus diesen Teilen habe ich dann eine Taube gelegt als Sinnbild für den Heiligen Geist. Und die fliegt dann durch diese große Kachel, die im Hintergrund noch einmal gestickt wurde und sprengt diese Kachel."

Tatkraft und Spendenfreudigkeit der Gemeinde

Am Freitag werden die neuen Gewänder im Rahmen eines Pontifikalamtes zum Hochfest der Verkündigung des Herrn in der Poinger Kirche durch Weihbischof Rupert Graf zu Stolberg-Stolberg gesegnet und gleichzeitig die Ausstellung eröffnet, zu der Schmitt auch eigens einen Katalog angefertigt hat. Für den Weihbischof wartet der Kölner Paramentenhersteller dann noch am Ende des Gottesdienstes mit einer Überraschung auf.

Schwarzes Messgewand für die Kirche Seliger Pater Rupert Mayer in Poing / © Schmitt Paramente (privat)
Schwarzes Messgewand für die Kirche Seliger Pater Rupert Mayer in Poing / © Schmitt Paramente ( privat )

Jedes Gewand ist von einem Gemeindemitglied gestiftet worden, was im Saum durch eine entsprechende Einstickung vermerkt ist. Dabei gehe es jedoch nicht um die Beförderung von sinnlosem Prunk, betont Pfarrer Werner. "Im Gegenteil soll gerade in dieser für die Kirche in unserem Land nicht einfachen Zeit inmitten der schlichten Schönheit des Gebäudes durch passende, farblich klare Gewänder verdeutlicht werden, dass Christus die herausragende Person und Mitte unserer Kirche ist."

Auch Schmitt ist begeistert von der Tatkraft und Spendenfreudigkeit der Gemeinde. "Es sind nicht immer die Aufträge von großen Kathedralen, von Wallfahrtskirchen, die es ausmachen. Es sind wirklich diese Aufträge für kleine Gemeinden, wo die Leute dahinterstehen und von begeistert sind. Da wird Kirche lebendig und lebt Kirche vor Ort."

Quelle:
DR