Das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie wandte sich mit dem katholischen Erzbischof Stanislaw Gadecki an Gott mit den Worten: "Verdamme den Krieg und beseitige den Hochmut von Verbrechern." Der Herr solle das "verzweifelte Flehen der ganzen Menschheit" erhören.
Die Geflüchteten kamen dazu mit den Geistlichen in einer Kirche auf dem Gelände der Kardinal-Stefan-Wyszynski-Universität zusammen.
Seine Begegnungen seien "wirklich herzzerreißend" gewesen, sagte der 82-Jährige vor Journalisten. Ihm sei bewusst geworden, dass es manchmal nur Raum für Tränen gebe. "Manchmal ist Schweigen die einzig angemessene Antwort", so der Patriarch. "Manchmal können wir nur die Kraft der Berührung, des Tröstens, des Beisammenseins mit jemandem teilen."
Die meisten Ukrainer sind orthodoxe Christen
Nach Polen sind laut Angaben des nationalen Grenzschutzes seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine vom 24. Februar mehr als 2,3 Millionen Menschen aus dem Nachbarland geflohen - so viele wie in kein anderes Land. Unklar ist, wie viele der nach Polen Geflüchteten dort geblieben oder in andere Länder weitergereist sind. Die meisten Ukrainer sind orthodoxe Christen.
Bartholomaios I. würdigte die "Großzügigkeit und Gastfreundschaft aller Menschen in Polen und in anderen Nachbarländern der Ukraine": "Sie haben buchstäblich Ihre Häuser und Ihre Herzen an Ihre Mitmenschen verschenkt. Und die ganze Welt schuldet Ihnen große Dankbarkeit." Schon am Montag hatte er bei einer Begegnung mit Staatspräsident Andrzej Duda betont, dass es in dem Land keine Flüchtlingslager gebe. Die Polen hätten die Ukrainer stattdessen in ihre Häuser und Wohnzimmer eingeladen.
Gadecki rief unterdessen als Vorsitzender der Polnischen Bischofskonferenz alle Oberhäupter von Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie alle Menschen guten Willens auf, für "die Beendigung dieses Krieges und aller anderen Kriege" zu beten.
Das ukrainische Volk sei den Polen "besonders nahe". Als Christen könne man nicht tatenlos zusehen, wie es vernichtet werde. "Unsere Waffe ist der Glaube an die unendliche Macht der Barmherzigkeit Gottes. Und aus diesem Glauben heraus beten wir zuversichtlich für den Frieden, die Achtung der Menschenwürde und das Recht der Völker auf Selbstbestimmung", so der Erzbischof von Poznan (Posen).
Solidarität zeigen
Der Ökumenische Patriarch mahnte, man dürfe niemals die Tränen oder die Ängste der Brüder und Schwestern aus der Ukraine vergessen. Die Solidarität mit diesen Menschen sei "das Einzige, was das Böse und die Dunkelheit in der Welt überwinden kann". Er war auf Einladung des Staatspräsidenten und des orthodoxen Warschauer Metropoliten Sawa nach Polen gekommen. Bereits am Montag besuchte er ukrainische Flüchtlinge in einem orthodoxen Kulturzentrum in Warschau. Am Mittwoch kehrt er nach Istanbul zurück.
In Polen bekennen sich rund 500.000 Christen zur orthodoxen Kirche. Ihre Bischöfe appellierten vor einer Woche in Warschau an den russischen Präsidenten Wladimir Putin, den "verwerflichen" Krieg in der Ukraine zu stoppen.