DOMRADIO.DE: Zunächst einmal: Herzlichen Glückwunsch zu dieser neuen Aufgabe. Was haben Sie gedacht, als der Kardinal dieses Angebot an Sie herangetragen hat, Generalvikar zu werden?
Msgr. Guido Assmann (Kölner Dompropst und künftiger Generalvikar) Ich bin erst mal ganz, ganz still geworden. Mir gingen tausend Gedanken durch den Kopf: Die Situation unserer Kirche im Moment, die vielen Aufgaben, die zu Recht erfüllt werden müssen. Die vielen Erwartungen in die Kirche. Ich habe gedacht, ob ich das überhaupt alles kann und schaffe und ob das mit einer Person überhaupt möglich ist. Ich bin sehr, sehr still geworden.
DOMRADIO.DE: Sie sind Dompropst, Sie werden Generalvikar. Beides zusammen wird kaum möglich sein, oder?
Assmann: Ich kenne nun nicht die gesamte Geschichte des Erzbistums Köln, aber gehe erst mal davon aus, dass es in den letzten 100 Jahren diese Kombination nicht gegeben hat. Aber das ist ja eine ganz neu gestellte Frage und die kann ich heute noch gar nicht beantworten. Ich weiß, dass wir darüber mit den Mitgliedern des Domkapitels in aller Ruhe sprechen müssen, ob das eine denkbare Kombination ist. Ob sie vielleicht sogar gut ist oder ob es besser wäre, diese beiden Aufgaben zu trennen. Das wird eine der nächsten Fragen sein, die wir in den nächsten Wochen sicherlich besprechen, abwägen und dann auch klären werden.
DOMRADIO.DE: Der Erzbischof von Köln, Kardinal Woelki, hat bereits gesagt, es werde große Veränderungen in der Verwaltung geben. Das betrifft auch das Amt des Generalvikars. Wie sehen Sie diesen Veränderungen entgegen?
Assmann: Er hat das beim Diözesanpastoralrat, einem ganz wichtigen Beratungsgremium des Erzbischofs, so vorgestellt am letzten Freitag. Seine Idee, die jetzt ausgearbeitet werden muss, ist, dass die letzte Verantwortung künftig nicht mehr nur auf einer Person, nämlich dem Generalvikar, liegen soll. Sie soll aufgeteilt werden, um möglichst verschiedene Kompetenzen einzubringen. Menschen, die in ihren Berufen Kompetenzen haben, die das gelernt haben, die Verwaltung, die Finanzen, aber eben auch die Pastoral. Damit auch Frauen und Männer aus dem Volk Gottes, aus der Kirche heraus wichtige verantwortliche Stellen im Erzbistum Köln übernehmen können.
Und der Generalvikar ist dann einer von drei Personen, der künftig im Generalvikariat diese verschiedenen Aufgaben mit zu übernehmen hat. Aber eben nicht als alleiniger Kopf in diesem großen Haus mit allem, was daran hängt. Es sollen Menschen sein, die das gelernt haben, die das professionell einbringen können und das mit Freude und mit Liebe zur Kirche machen.
Ich glaube, das ist ein nicht unwichtiger Schritt, der bestimmt viel Kraft braucht, der auch nicht von heute auf morgen umgesetzt werden kann. Die Menschen, die im Generalvikariat gute Arbeit machen, müssen und sollen auch mitgenommen werden. Die Gremien müssen gefragt werden, wie das aussehen könnte. Gleichzeitig glaube ich, sollten wir uns nicht zu viel Zeit mit diesem Umbau lassen, sondern damit möglichst schnell anfangen. Wir sollten aber nicht erwarten, dass das in drei, vier, fünf Wochen erledigt ist.
Es ist eine große Aufgabe, bei der ich hoffe und werbe, dass viele Menschen daran mitarbeiten und das hoffentlich wohlwollend tragen. Wir hoffen, dass wir am Ende ein gutes Ergebnis haben, das dann auch den Menschen in den Gemeinden, in den Verbänden, in den Gremien, in den Einrichtungen unseres Erzbistums wirklich eine gute Stütze und eine gute Hilfe ist.
DOMRADIO.DE: Der Umbau trifft aber nicht nur die Verwaltung, er betrifft auch die Pfarrgemeinden. Sie haben vor Zeiten auch schon im Generalvikariat am Projekt "Zukunft heute" mitgearbeitet. Wie sehen Sie die Veränderungen in den Pfarrgemeinden?
Assmann: Ich war 30 Jahre selber in der Pfarrseelsorge tätig, acht Jahre als Kaplan, 22 Jahre als Pfarrer in verschiedenen Pfarreien. Ich habe Zusammenführungen von Pfarreien sozusagen am eigenen Leib miterlebt, also vor Ort als Pastor. Ich habe die Sorgen der Menschen dort gehört. Ich habe auch mitbekommen, wie Menschen sich dann abwenden und sagen, das machten sie nicht mit. Und andere sagen, sie sähen eine gute Chance darin.
Insofern hoffe ich, dass ich diese Erfahrung des Pastorseins auch in diese pastorale Aufgabe in der Verwaltung einbringen kann, mein Pastorenherz auch im Generalvikariat in die Entscheidungen einbringen kann.
Abzuwarten und alles so laufen zu lassen, wäre nicht zu verantworten. Denn wir müssen uns so aufstellen, dass die Botschaft Jesu Christi - das ist heute und in Zukunft unser Auftrag - gehört wird und Menschen ein Lebensangebot gibt, eine Perspektive, dass das Leben glücken kann und dass das als Gemeinschaft, als Kirche erfahren wird. Denn unser Glaube ist nie nur ein Glaube für mich ganz privat.
Es ist selbstverständlich schon eine persönliche Entscheidung, aber immer in der Gemeinschaft. Gemeinschaft macht Kirche aus, die sich um den Altar versammelt, Messe feiert und dann dort hingeht, wo man arbeitet, wo man lebt, wo man Freunde hat, wo man in Konflikten steht. Ich hoffe, dass ich das gut einbringen kann. Das wäre zumindest mein Wunsch. Und dass die Menschen, die dann mit mir arbeiten, das mit ihren Kompetenzen auch tun, damit wir da hoffentlich ganz viel zusammenbringen können.
DOMRADIO.DE: Die Herausforderungen, die als Generalvikar auf Sie zukommen, sind massiv. Denn der Vertrauensverlust im Erzbistum Köln ist enorm. Wir befinden uns in einer schwerwiegenden Krise. Wie denken Sie, dass Sie als Generalvikar diese Herausforderung meistern können?
Assmann: Auf gar keinen Fall alleine. Und ich habe auch nicht das Patentrezept. Ich bin nicht jetzt vom Erzbischof angesprochen worden, weil ich den Koffer mit dem Patentrezept habe, ganz bestimmt nicht. Ich glaube, das können wir nur gemeinsam schaffen, mit vielen Ideen. Wir müssen gemeinsam die Dinge ernsthaft ansprechen, auch miteinander ringen.
So wie ich das im Diözesanpastoralrat jetzt erlebt habe, wo sehr offen, sehr kontrovers gesprochen wird. Wenn wir dann aus dem Raum herausgehen können und sagen: Wir haben ein bisschen verstanden, wie der oder die andere so denkt und warum er oder sie sich so äußert, dann glaube ich, kommen wir schon ein Stückchen weiter. Dann müssen wir nicht alle das Gleiche denken.
Was wir tun sollten, ist, das gemeinsame Glaubensbekenntnis sehr hoch zu halten, die Sakramente hochzuhalten, unser Kirchesein gemeinsam zu tragen, ob jung oder alt, ob Frau oder Mann, ob Priester oder sonst aus dem Volk Gottes.
Wir können das nur gemeinsam schaffen und das wird viel, viel Zeit brauchen. Und wir sollten auch barmherzig miteinander umgehen, auch mit eigenen Schwächen und Fehlern. Ich glaube, das braucht auch unsere Welt. Wenn Menschen dann um uns herum merken, wie die Christen leben und sich für eine gute Gesellschaft einsetzen, dann bekommen sie vielleicht auch Freude daran, mehr nachzufragen. Oder sie sehen, woraus wir die Kraft schöpfen, aus dem Glauben und aus dem Gebet und aus der Feier der Gottesdienste.
Wenn das zumindest beim Nachdenken hilft und in den Extremsituationen des Lebens dann auch vielleicht eine Hilfe sein kann, dann ist das ein möglicher Schritt. Aber das kann ich nicht alleine tun und ich glaube, da würde sich jeder überfordern. Es kann auch ein Bischof nicht alleine tun.
Das Interview führte Johannes Schröer.