Ehemaliger Schweizergardist erinnert sich an Vereidigung

"Es war fast so schön wie heiraten"

Traditionell werden am 6. Mai im Vatikan neue Schweizergardisten vereidigt. Matthias Giger war selbst mal einer von ihnen und erinnert sich gerne zurück. Auch wenn man im Ernstfall bereit sein musste, das Leben für den Papst zu geben.

Ein Rekrut der Päpstlichen Schweizergarde spricht den Treueschwur (Archiv) / © Oliver Sittel (KNA)
Ein Rekrut der Päpstlichen Schweizergarde spricht den Treueschwur (Archiv) / © Oliver Sittel ( KNA )

DOMRADIO.DE: An diesem Freitagnachmittag wird im Damasus-Hof des Apostolischen Palastes im Vatikan die Vereidigung der 36 Männer stattfinden. Erinnern Sie sich noch an Ihre Vereidigung? Wie war der Tag damals für Sie?

Matthias Giger (Ehemaliger Schweizergardist): Wunderbar. Es war sonnig. Es hat nicht geregnet. Meine Großmutter ist aus der Schweiz gekommen mit meinen Eltern und meinen Geschwistern. Es war richtig schön, fast wie heiraten.

DOMRADIO.DE: Aber bei dem Eid, den man ablegen muss, besiegelt man ja, dass man dem regierenden Papst und seinem Nachfolger treu dienen wird. Und ich zitiere: "Mich mit ganzer Kraft für sie einzusetzen bereit, wenn es erheischt sein sollte, für ihren Schutz selbst mein Leben hinzugeben". Was ging Ihnen damals durch den Kopf, als Sie das leisten mussten?

Giger: Erstens war man damals noch jung. Zweitens, wenn man das in Rom, in der Hauptstadt Italiens, verspricht, ist das natürlich nicht in einem Krisengebiet, wie wir es heute kennen. Da die Päpste seit 500 Jahren erfolgreich von der Schweizergarde behütet werden, passt es eigentlich dazu.

DOMRADIO.DE: Die Bezahlung als Schweizergardist soll nicht die allerbeste sein. Stimmt das?

Giger: Das Verhältnis Brutto zu Netto ist nicht schlecht, weil wir auch das Essen mit dabei haben sowie das Wohnen in einer Kaserne in sicherer Unterkunft. Wir brauchen kein Auto, weil wir am gleichen Ort wohnen und arbeiten, mitten im Stadtzentrum. Mit einem normalen Gehalt in Italien von ungefähr 1.400 Euro kommt das gut hin, wenn man das so sagen darf.

DOMRADIO.DE: Davon kann man eine Familie aber nicht ernähren, oder?

Giger: Doch im Vatikan geht das schon. Es wird auch eine Wohnung zur Verfügung gestellt, wenn man heiratet.

DOMRADIO.DE: Was war denn ein besonderer Moment in Ihrer Zeit als Gardist, an den Sie sich noch erinnern können?

Giger: Da gibt es ganz verschiedene Momente. Einer wäre natürlich die Türöffnung zum Heiligen Jahr 2000 mit Johannes Paul II., wo ich im Hauptkanal stehen durfte. Dann das Jubiläum von 500 Jahren Schweizergarde auf dem Petersplatz. Das war toll mit der folgenden Feier in der Engelsburg unten mit 6.000 Personen. Da konnte man auch mal eine Champagnerflasche mit einem Mädchen nachts um zwölf auf dem Petersplatz beim Obelisken trinken. Also, das war auch toll.

DOMRADIO.DE: Aber abgesehen von solchen besonderen Momenten gibt es natürlich auch einen Alltag als Gardist. Wie sah dieser Alltag auch von der spirituellen Seite her aus?

Giger: Der große Alltag besteht darin, Wache zu stehen, da zu sein, zu kontrollieren, nachts Kontrollgänge zu machen, den Besuchern und Pilgern richtige Informationen zu geben und zu helfen.

Das Spirituelle sind dann die Dienste bei der Messe wie an Weihnachten oder Ostern, also Zusatzdienste. Es geht auch darum, den Pilgern und Besuchern bei den Audienzen schöne Momente zu ermöglichen, denn sie kommen das erste Mal nach Rom und wir sind ja dauernd da. Wir sind für mindestens 26 Monate in der Schweizergarde und maximum 25 Jahre. Die Pilger kommen aber für einen kurzen Moment ihres Lebens nach Rom.

Schweizergardisten / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Schweizergardisten / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Waren Sie zufrieden als Schweizergardist oder haben Sie sich überlegt, dass Sie mal etwas anderes machen müssen?

Giger: Ich war immer zufrieden. Es war wunderbar und ich wäre auch geblieben. Aber mir wurde eine andere Arbeit angetragen. Ich sollte Hausmeister in einer Villa werden. Das war natürlich nicht schlecht. Ich hab sonst immer mit Leuten zu tun gehabt. Aber als Hausverwalter in einer Villa zu sitzen, macht dann auf Dauer ein bisschen einsam.

DOMRADIO.DE: Mittlerweile sind Sie Stadtführer in einem selbst mitgegründeten Unternehmen. Als ehemaliges Mitglied der Schweizergarde können Sie den Leuten die Stadt und ihre Geschichte wahrscheinlich noch mal auf eine besondere Art und Weise näher bringen, oder?

Giger: Richtig. Dadurch, dass man den Vatikan und die Stadt kennt und weiß, wie man sich bewegt, wo man gut essen gehen kann, was man wann zu welcher Zeit anschaut, ist das von Vorteil.

Das bringt auch die Erfahrung aus der Schweizergarde mit sich. Es gibt einige Schweizergardisten, die in Rom bleiben und Stadtführungen machen.

DOMRADIO.DE: Hat man es auch leichter, sich an den Wachen in den Vatikan vorbeizuschleichen?

Giger: (lacht) Schleichen muss man nicht, man muss nur wissen, was man sagt.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Schweizergarde

Die Schweizergarde ist die militärische Schutztruppe der Päpste. Hauptaufgabe der Garde mit ihrer Sollstärke von künftig 135 Mann ist, über die Sicherheit der Person und der Residenz des katholischen Kirchenoberhaupts zu wachen. Zudem begleiten Gardisten den Papst auf Reisen, kontrollieren die Eingänge zum Vatikanstaat und nehmen Ordnungs- und Ehrendienste wahr. Während ihrer mindestens 26-monatigen Dienstzeit sind die Gardisten Bürger des Vatikanstaates. 

Schweizergardisten / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Schweizergardisten / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
DR