DOMRADIO.DE: Die Rolle der Mutter hat sich ja verändert in den vergangenen Jahren. Es gibt auch Familienmodelle, in denen der Vater zu Hause bleibt und die Kinder versorgt. Ist der Muttertag noch richtig und auch zeitgemäß aus Ihrer Sicht?
Lucia Lagoda (Mitglied des Bundesvorstands der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands / kfd): Da kann man natürlich unterschiedliche Ansichten haben. Aber es gibt ja für alles einen Gedenktag. Ich denke, dann sollte die Rolle und Aufgabe und das Verständnis von Millionen Müttern in Deutschland doch so recht sein, dass wir ihr einen Tag schenken.
Und natürlich: Der Tag transportiert schon so ein traditionelles Mutterbild von: Kinder, Küche, Kirche. Aber es liegt auch an uns, das zu ändern, ob wir das zum Verkaufsevent von Parfümerien und Floristen machen, oder ob wir wirklich auf die Bedürfnisse von Frauen eingehen, die in den Blick nehmen und dafür sorgen, dass sie auch wirklich befriedigt werden. Insofern, denke ich, ist der Muttertag durchaus zeitgemäß.
DOMRADIO.DE: Barbara Thiessen, Professorin für Soziale Arbeit und Gender Studies, hat gesagt, dass der Muttertag kommerzialisiert und geschlechtlich stereotypisiert sei. Noch immer leisteten die Frauen einen Großteil der Arbeit zu Hause, und Männer und Kinder würden sich dann doch vor der Hausarbeit meistens noch drücken. Und das werde nicht weiter thematisiert. Ist das auch ein Manko dieses Tages?
Lagoda: Ja, das denke ich auch. Es ist wirklich so, dass die Frauen den größten Anteil übernehmen an der Fürsorge-Arbeit. Sie machen es überwiegend freiwillig und selbstverständlich. Sie reden da gar nicht drüber. Und ich denke, es ist durchaus eine gesellschaftliche Aufgabe, auch eine Aufgabe von den Frauenverbänden dafür zu sorgen, dass die Care-Arbeit gerechter verteilt wird. Das denke ich auf jeden Fall.
DOMRADIO.DE: Wie kann man das machen?
Lagoda: Indem man immer wieder den Finger in die Wunde legt und zeigt, was Frauen alles imstande sind zu leisten, was sie alles in der Vergangenheit geleistet haben und was sie derzeit noch leisten. Und dass man darauf hinweist, dass sie eben nicht alleine für eine Familie zuständig sein können, sondern dass auch die Väter eingebunden werden, was sie ja Gott sei Dank heute auch schon oft der Fall ist. Aber es müsste noch viel mehr sein und dafür muss man die gesellschaftlichen Voraussetzungen schaffen. Das sollten wir tun.
DOMRADIO.DE: Das Magazin der kfd heißt "Junia". Bis 2020 hieß das Magazin aber noch "Frau und Mutter". Hat diese Umbenennung auch mit einer neuen Rolle der Frau in der Kirche zu tun? Oder geht es dabei auch um die Rolle der Frau als Mutter insgesamt?
Lagoda: Also dieser Titel "Frau und Mutter" hat unsere Mitgliederzeitschrift ja wirklich Jahrzehnte begleitet, aber der Ruf nach Änderung wurde immer stärker und wir haben nach einem neuen Namen gesucht, der zeitgemäß ist und der alle Frauen anspricht. Da sind wir dann auf die Junia gekommen.
Also es hat überhaupt nicht nur mit kirchlichen Themen zu tun, sondern auch mit verbandlichen und spirituellen Themen – und ich möchte mal sagen, auch ein bisschen bunte Themen, die Frauen interessieren.
DOMRADIO.DE: Mit dem heutigen Tag gibt es auch eine Aktion: #kraftspenden. Die Aktion hat auch mit Müttergenesung zu tun. Was steckt dahinter?
Lagoda: Ja, genau. Die kfd als größter Frauenverband unterstützt die Müttergenesung. Wir sind Mitglied in der Katholischen Arbeitsgemeinschaft für Müttergenesung, und die wiederum ist der größte Träger der Elly Heuss-Knapp-Stiftung, Deutsches Müttergenesungswerk. Wir haben festgestellt, dass die Frauen in der Pandemie um so viel mehr leisten mussten und immer kränker werden. Dafür gibt es die Vorsorge und Reha-Kuren des Müttergenesungswerkes.
Frauen brauchen für ihre Arbeit, die sie jeden Tag bewältigen, so viel Kraft. Deswegen haben wir uns gedacht: Wir wollen zur Kraftspender:in aufrufen. Wir brauchen jedwede Unterstützung. Deswegen haben wir auf der Homepage der kfd, da können Sie das nachlesen, um Kraftspender:innen ersucht.
Das Interview führte Martin Mölder.