Lebemann, Offizier, Forschungsreisender, Mönch, Priester, Eremit - schon diese Schlagworte zeigen, wie reich an Wendungen das Leben von Charles de Foucauld war. Doch gerade an Menschen wie dem französischen Trappisten lässt sich auch erkennen, wie tief sich ein Mensch von Gott verwandeln lassen kann. Grund für die katholische Kirche, ihn 2005 selig- und nun heiligzusprechen.
Dass dies je geschehen könnte, zeichnete sich in seinen jungen Jahren nicht ab. Am 15. September 1858 im elsässischen Straßburg in eine der reichsten Familien Frankreichs geboren, wird de Foucauld mit sechs Jahren Vollwaise, wächst bei seinem Großvater auf. Die Mutter hatte früh mit dem Jungen gebetet; in seiner Jugend hat er aber mit Gott nichts mehr am Hut. Mit 18 beginnt er eine Ausbildung an der Militärschule, wird Offizier.
Zwei Jahre später stirbt sein Großvater. Das Erbe ermöglicht ihm ein ausschweifendes Leben. 1880 wird er nach Algerien versetzt - und entlassen, weil er seine Geliebte ins Land geschmuggelt hatte. Er bewirbt sich erneut, als er von dem neuen Einsatzort Tunesien erfährt. 1882 bricht er die Militärlaufbahn endgültig ab, will den Orient bereisen.
Von Frömmigkeit der Muslime beeindruckt
Eine Erkundungsreise führt ihn 1883 nach Marokko, 1885 durchquert er die südalgerische Wüste. Ihn faszinieren die Frömmigkeit der Muslime und ihre Gastfreundschaft. "Angesichts dieses Glaubens und von Menschen, die in ständiger Gegenwart Gottes leben, ahnte ich, dass es etwas Größeres und Wahreres geben musste jenseits der Geschäftigkeit der Welt", schreibt er.
Diese Ahnung lässt ihn nicht mehr los. Zurück in Frankreich möchte er mehr über seine eigene Religion erfahren. Doch statt des gewünschten Unterrichts fordert ihn sein späterer geistlicher Begleiter, Abbe Huvelin, auf, zu beichten und sein Leben in Gottes Hand zu legen. Als er spürt, dass es einen Gott gibt, der ihn trotz aller bisherigen Verfehlungen annimmt, möchte er sein ganzes Leben an ihm ausrichten und ihm nachfolgen, "soweit es meine Schwachheit zulässt".
Eintritt in Trappistenorden
Charles de Foucauld will keine halben Sachen, tritt in den Trappistenorden ein - einen der strengsten Orden der katholischen Kirche überhaupt. Ab 1890 lebt er sieben Jahre als Mönch in Frankreich und Syrien. Doch die Trappisten sind ihm noch nicht radikal genug in der Nachfolge Jesu, seinem "geliebten Bruder und Herrn". Charles zieht es 1897 an den Ursprung Jesu, nach Nazareth, wo er drei Jahre zurückgezogen und meditierend als Diener in einem Klarissenkloster lebt.
Der Gedanke an einen Gott, der wie Jesus dient, statt zu herrschen, berührt ihn. Ein Satz von Abbe Huvelin wird für ihn zur Richtschnur: "Unser Herr hat so sehr den letzten Platz eingenommen, dass ihm niemand diesen Platz streitig machen konnte." Fortan strebt Charles eben jenen "letzten Platz" bei den Armen an, denen er - auch ungeachtet ihrer Religion - ein Bruder und Freund sein möchte.
Leben mit Ausgestoßenen
In Nazareth wird ihm klar, dass er Jesus überall nachfolgen kann. Er möchte fortan an einem Ort leben, wo er mit Ausgestoßenen und Außenseitern als Bruder leben und sich nützlich machen kann. In der westalgerischen Oasenstadt Beni Abbes errichtet Charles 1901 zunächst eine Einsiedelei, hofft auf Mitstreiter - wegen seines sehr asketischen Lebens aber vergeblich. Vier Jahre später zieht er zu den Tuareg ins südalgerische Hoggar-Gebirge, um im Sinne Jesu solidarisch, ganz bei den Ärmsten zu leben.
Der Erste Weltkrieg erreicht 1916 auch Südalgerien. In den Wirren wird der Trappist, der sich nun Charles de Jesus nennt - Bruder Karl von Jesus -, am 1. Dezember überfallen und erschossen. Die Gründung einer eigenen kleinen Gemeinschaft, die ihm vorschwebte, erlebt er nicht mehr.
"Bruder aller Menschen"
Charles de Foucaulds Lebensstil sei so extrem und unnachahmlich gewesen, "dass kein Zweiter so leben kann", schreibt Andreas Knapp vom Orden der "Kleinen Brüder vom Evangelium. Das Leben de Foucaulds inspiriert und hallt gleichwohl nach: Nach seinem Tod entstanden mehrere Gemeinschaften - neun allein im deutschsprachigen Raum -, die ein solidarisches Leben mit den Armen führen. Bis heute wird er Bruder aller Menschen genannt - "frere universel".