Bischof Carlos Filipe Ximenes Belo rieb sich für Frieden auf

Nobelpreisträger ein Held in Osttimor

Er zählte zu den größten Helden des Freiheitskampfes in Osttimor. Nach der Unabhängigkeit 2002 war Bischof Belo erschöpft und ging als Missionar nach Mosambik. In seiner Heimat genießt er weiterhin hohes Vertrauen.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
 (DR)

Osttimor gehört zu den jüngsten Staaten der Welt. Doch seit die südostasiatische Nation 2002 ihre Unabhängigkeit von Indonesien erstritt, kämpft sie einen neuen Kampf: um den Aufschwung eines freien, aber bitterarmen Landes. Einer der großen Freiheitshelden der 90er Jahre war Carlos Filipe Ximenes Belo, früherer Bischof (Apostolischer Administrator) der Hauptstadt Dili.

Meist gewinnt Goliath, wo ein übermächtiger Gegner auf einen kleinen trifft. Tatsächlich starben bis zu 180.000 der damals 800.000 Osttimorer unter der Knute der indonesischen Besatzer - nachdem Portugal den östlichen Inselteil 1975 eigentlich nach über 400 Jahren in die staatliche Unabhängigkeit entlassen wollte. Stattdessen annektierte Indonesien auch diesen Teil der politisch geteilten Insel Timor.

Glaubhafte Verteidigerin der Menschenrechte

In den Jahrzehnten der Unterdrückung schlug die Stunde der katholischen Kirche in Osttimor. Während der langen Portugiesen-Zeit hatte sie wenig Anstalten gemacht, kulturell auf die multiethnische Bevölkerung einzugehen. So war sie zwar von der Kolonialmacht Portugal wirtschaftlich privilegiert, zählte aber bis zur Mitte der 1970er Jahre nur rund 30 Prozent der Bewohner als Mitglieder.

Angesichts der massiven militärischen Unterdrückung seit der Annexion durch Indonesien erwies sie sich - ihrer Privilegien und ihrer Schutzmacht beraubt - danach nun als glaubhafte Verteidigerin der Menschenrechte, als einzige funktionierende Organisation und als Klammer der Gesellschaft.

Weil sich die Bürger Osttimors unter der indonesischen Besatzung zu einer der fünf staatlich anerkannten Religionen - Islam, Katholizismus, Protestantismus, Buddhismus oder Hinduismus - zugehörig erklären mussten, entschieden sich die meisten Angehörigen der traditionellen animistischen Religionen für die katholische Kirche.

Mehrheitlich katholisch

Osttimor ist damit neben den Philippinen das einzige mehrheitlich katholische Land Asiens. Derzeit gehören der katholischen Kirche mehr als 97 Prozent der Bevölkerung an. Auch angesichts eines rasanten Bevölkerungswachstums ist Osttimor das Land mit der stärksten Wachstumsrate katholischer Christen weltweit.

Ihre charismatischste Gestalt erwuchs ihr in dem Lehrersohn Carlos Filipe Ximenes Belo. 1981 zum Priester geweiht, kehrte er aus seinen Studienorten Lissabon und Rom ins besetzte Osttimor zurück, wo der gegen den Völkermord engagierte Apostolische Administrator von Dili, Bischof Martinho da Costa Lopes (1977-1983), von der indonesischen Generalität mit massiven Drohungen aus dem Amt gedrängt wurde.

Als sein Nachfolger wurde schon damals der noch junge Priester Belo auserkoren - allerdings angesichts der lebensgefährlichen Zeiten erst 1988 zum Bischof geweiht und ins Amt gebracht. Belo führte den Kampf seines Vorgängers um internationale Aufmerksamkeit für die Gräuel in Osttimor entschlossen fort. Im Februar 1989 verfasste er einen Brief an den damaligen UNO-Generalsekretär Perez de Cuellar, in dem er bereits eine Volksabstimmung über die Zukunft des Landes anregte.

Menschenrechtsanwalt und Sprachrohr der Bevölkerung

Mehr und mehr wurde der junge Bischof zum Menschenrechtsanwalt und zum Sprachrohr der Bevölkerung. 1996 wurde er - gegen scharfe indonesische Proteste - gemeinsam mit dem Rebellenführer und späteren Staatspräsidenten Jose Ramos-Horta mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. 1999 dann kam endlich das ersehnte Referendum zustande. Allerdings stand davor noch ein neulicher Höhepunkt der Gewalt; Indonesien spielte die Karte der Einschüchterung mit aller Härte aus.

Dennoch: Das Unabhängigkeitsreferendum kam durch, und noch einmal wirkte Belo als zentraler politischer Vermittler. Nach der Erlangung der staatlichen Souveränität war er erschöpft von den Jahren des Widerstands - und trat im November 2002 von seinem Bischofsamt zurück.

2004 verließ er das Land und arbeitet seither als Missionar und Seelsorger im afrikanischen Mosambik - das, ebenfalls als einstige portugiesische Kolonie, wie Osttimor einen langen Bürgerkrieg erlebt hatte. Von Zeit zu Zeit kehrt Belo noch in seine Heimat zurück. Der mittlerweile 74-Jährige genießt dort weiter ein hohes Maß an Vertrauen.

Osttimor

Osttimor ist eine Republik in Südostasien. Der langgestreckte Inselteil von der ungefähren Fläche Thüringens grenzt westlich an Indonesien und liegt etwa 500 Kilometer nördlich von Australien.

Über etwa 400 Jahre gehörte Osttimor zum portugiesischen Kolonialreich, ehe es nach einem Bürgerkrieg um staatliche Unabhängigkeit 1975 von Indonesien annektiert wurde. Die brutale indonesische Besatzung endete 1999 im Zuge eines Referendums. Die Vereinten Nationen übernahmen bis zur förmlichen staatlichen Unabhängigkeit am 20. Mai 2002 die Kontrolle. Bis 2013 waren UN-Blauhelme im Land.

Osttimor / © JoaoCachapa (shutterstock)
Quelle:
KNA