DOMRADIO.DE: Gegen 13 deutsche Urlauber wird auf Mallorca wegen des Verdachts der Brandstiftung ermittelt. Einem Zeitungsbericht zufolge weisen sie allerdings den Vorwurf zurück. Am vorigen Donnerstag wurde der erste der inhaftierten "Kegelbrüder" aus der Haft entlassen und an diesem Mittwoch sind noch einmal vier weitere Männer aus der Gruppe auf freien Fuß gesetzt. Das teilte der deutsche Anwalt mit, der die Mitglieder des Kegelclubs "Stramm am Tisch" gegenüber der Medien vertritt. Die restlichen acht Beschuldigten bleiben weiter auf Mallorca in Haft. Sie vom ökumenischen Gefängnisbesuchsdienst auf Mallorca konnten die Inhaftierten besuchen. In welcher Verfassung haben Sie die jungen Männer angetroffen?
Dirk Dietzel (Ökumenischer Gefängnisbesuchsdienst auf Mallorca): Das erste Besuchsangebot, das es in dieser Richtung gab, war am vergangenen Wochenende. Der Konsul der Bundesrepublik Deutschland, der katholische und der evangelische Vertreter der Gefangenenseelsorger waren vor Ort und wir haben recht deprimierte junge Männer vorgefunden, die sich, glaube ich, bis heute noch nicht von dem Schock erholt haben.
Sie sind bislang auf zwei Module getrennt. Man muss sich das so vorstellen, dass der Strafvollzug auf Mallorca in 16 verschiedene Einrichtungen, die zwar an einem Platz stehen, aber untereinander getrennt sind, aufgeteilt ist. Bislang befinden sich die jungen erwachsenen Männer aus Münster dort in zwei dieser Module. Deshalb war das erste Gespräch mit der Gruppe aus dem einen Trakt und das zweite Gespräch mit dem verbleibenden Rest der Gruppe. Da gehörten die vier dazu, die jetzt gegen Kaution schon auf freien Fuß gesetzt worden sind. Aber morgen werden wir die Möglichkeit haben, alle gemeinsam anzutreffen.
DOMRADIO.DE: War das dann ein seelsorgerisches Gespräch oder geht es da mehr um juristische Beratung, weil Sie selber von Hause aus Jurist sind?
Dietzel: Ich sehe mehr die Verbindung zwischen beiden Sachen. Sicherlich sind die jungen Männer immer noch geschockt. Sie berichten auch, dass sie heimlich in ihre Kopfkissen weinen und bis jetzt nicht wissen, wie ihnen geschehen ist. Denn der Zugriff der Polizei erfolgte recht abrupt. Einer der jungen Männer hatte noch nicht mal seine Schuhe an und wurde dann barfuß dem Richter vorgeführt.
Es ist eigentlich so, dass juristische Fragen eher weniger im Vordergrund stehen. Sie sind ja auch anwaltlich vertreten. Es geht um die notwendigsten Sachen. Der eine hat keine Brille mit dabei, der andere keine Armbanduhr, der Dritte braucht Unterwäsche oder Socken. Wir stellen die Kontakte her zu den Angehörigen und sind auch in der Lage, kleine Unterstützungen in Form von Geldspenden, die uns zugehen, dann unter den Gefängnisinsassen aufzuteilen, damit sie telefonieren können.
DOMRADIO.DE: Was können Sie gerade ganz konkret tun?
Dietzel: Seelsorge ist immer dabei. Wir versuchen Ihnen immer Mut zu machen. Wir sprechen über alltägliche Probleme, die sie haben. Der eine hat jeden Tag Probleme mit einem der Gefängniswärter, der andere hat ein Problem mit Mitgefangenen. Da bieten wir auch kleine Hilfestellungen, Ratschläge und seelsorgerische Unterstützung. Aber wir machen da jetzt keine Beichtgespräche oder dergleichen.
DOMRADIO.DE: Sie selber sind seit fünf Jahren für die katholische Seite beim ökumenischen Gefängnisbesuchsdienst zuständig. Sie haben schon viele deutschsprachige Inhaftierte besucht. Sicherlich nimmt man an jedem Fall Anteil, aber dieser Fall hier hat wahrscheinlich auch für Sie eine spezielle Dimension, oder?
Dietzel: Diese Realität, dieser Brennpunkt, der mit erst 13 und jetzt noch acht verbliebenen jungen Erwachsenen aus Münster entstanden ist, war schon sehr gravierend. Denn wenn man den Leuten gegenübersitzt, dann sieht man auch erst die große Diskrepanz zu den Mitteilungen aus der üblichen Presse. Ein Kegelclub in Arenal mit Saufgelage und Brandstiftung scheint ja eine logische Abfolge zu sein, die sich an ein bestimmtes Mallorcabild aus den 1990er-Jahren klammert und was dort überhaupt nicht erfüllt wird.
DOMRADIO.DE: Insgesamt fünf der jungen Männer wurden schon aus der Haft entlassen und sind zurück nach Deutschland gereist. Angehörige haben jetzt für die restlichen Inhaftierten eine Kaution von einer halben Million Euro aufgebracht. Heißt das, die restlichen acht sind bald auf freiem Fuß?
Dietzel: Man hat hier vernünftige junge Leute vor sich, die zum Teil auch selbst der Feuerwehr zugehörig sind, sämtlich jung und katholisch. Sie haben als Messdiener und Jugendfreizeithelfer ehrenamtlich gearbeitet und die ganze Truppe ist bereits zusammengewachsen. Sie teilen sich Familienangehörige, Freunde und Bekannte und sind von der Schulbank an miteinander aufgewachsen. Es ist eine Gruppe von jungen Männern, die vor einem sitzt, wo die Mitgliedschaft in der Freiwilligen Feuerwehr von Münster glaubwürdiger ist als ein brandstiftendes Saufgelage in Arenal.
Bei vier Häftlingen wurden in der vergangenen Woche Kautionszahlungen angeboten und auch ausgeübt. Das waren jeweils um die 12.000 Euro. Das war auch in der Presse veröffentlicht. Der Richter hat die gesamte Schadenssumme auf einen Betrag von 500.000 Euro festgesetzt. Es gibt die Möglichkeit, dass man diesen Betrag bezahlt und dann wird die Strafe gemindert. Ob das gleichzeitig als Kaution anerkannt ist, ist gegenwärtig noch nicht sicher. Es wirkt sich strafmildernd aus, hat aber die Gefahr, dass es auch als Anerkenntnis gewertet werden kann.
Das Interview führte Heike Sicconi.