Denn dieser führe "zu neuen, zukunftsweisenden Erkenntnissen", erklärte Generalsekretär Marc Frings am Montag in Berlin. Die bislang vorliegenden juristischen Gutachten aus anderen Bistümern würden durch die neue Studie entscheidend ergänzt.
Katholizismus in seiner Binnenstruktur untersucht
Das Forschungsteam um die Historiker Thomas Großbölting und Klaus Große Kracht fragt laut Frings "nicht nur nach Tätern und Betroffenen, nach Straftaten und deren Häufigkeit, sondern untersucht auch den Katholizismus in seiner Binnenstruktur". In den Blick kämen die Machtstellung des Priesters, die Rollenkonflikte der kirchlichen Vorgesetzten sowie die über Jahrzehnte dominante Konzentration auf das Image der Kirche.
ZdK-Vizepräsident Wolfgang Klose erklärte: "Die Aufarbeitung im eigentlichen Sinne kann erst beginnen, wenn die Bereitschaft zu einer kritischen Innen-Revision da ist." Der Reformdialog Synodaler Weg der katholischen Kirche in Deutschland trage dazu Entscheidendes bei, so Frings.
Hohe Dunkelziffer befürchtet
Die am Montag vorgestellte Studie weist allen Münsteraner Bischöfen seit 1945 Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen nach. Beschuldigte und teils verurteilte Geistliche seien immer wieder versetzt worden und damit weitere Taten ermöglicht worden. Dem aktuellen Bischof Felix Genn (72) bescheinigen die Autoren, in seinen ersten Jahren in Münster reuigen Tätern kirchenrechtlich nicht immer mit der gebotenen Strenge begegnet zu sein und erst später den Umgang mit Missbrauchsfällen verändert zu haben.
Die Untersuchung zählt nach Auswertungen von Akten und Betroffenen-Interviews 196 Beschuldigte. Die Zahl der Betroffenen liegt bei 610, davon drei Viertel männlich und ein Viertel weiblich. Die Dunkelziffer sei aber acht- bis zehnmal so hoch, so die Studienautoren.