Bei den Einzelfallhilfen seien 215 Einzelfallhilfen zwischen 2.000 und 90.000 Euro bewilligt worden. Das teilte die Hilfsorganisation am Freitag in Köln mit. Weitere 200 Anträge lägen vor. Es sei davon auszugehen, dass die Betroffenen noch über Jahre Hilfe in Anspruch nehmen würden. Erheblich sei auch der Bedarf an psychosozialer Unterstützung gewesen: Mehr als 9.000 Kontakte für eine meist niederschwellige Beratung und Kurzzeitinterventionen bis hin zur Vermittlung von Therapieangeboten zählen die Malteser nach eigenen Angaben bis heute.
Langwierige Rückkehr zur "Normalität"
Zunächst hätten viele Menschen "funktioniert", sagte der Psychotherapeut und Koordinator der Psychosozialen Nachsorge in NRW, Frank Waldschmidt. "Sie haben Schlamm geschippt, ein Dach über dem Kopf gefunden, sind zur Arbeit und Schule gegangen und haben Vorbereitungen für den Wiederaufbau getroffen. Doch irgendwann setzt Ruhe ein und die Psyche verlangt Antworten." Dieser Prozess könne Jahre dauern, sagte Waldschmidt. Die Fachkräfte versuchten, den Betroffenen "die Normalität zurückzugeben, die sie bis zum 14. Juli 2021 gewohnt waren".
Berater gingen auch bezüglich der Einzelfallhilfe gezielt auf Bewohner von beschädigten Häusern zu, betonte der Präsident des Malteser Hilfsdienstes, Georg Khevenhüller. "Die Katastrophe wirkt nach. Viele Menschen sind müde, ausgelaugt, oder stecken fest zwischen Finanzierung und Handwerksarbeiten", erklärte er. "Sie brauchen Zeit und jemanden, der ihnen über längere Zeit beisteht. Das werden wir Malteser tun."
Nach der bereits geleisteten Soforthilfe, Versicherungsleistungen sowie staatlicher Unterstützung sind die Einzelfallhilfen der letzte mögliche Teil der Hilfe, so die Malteser. Sie finanzieren sich demnach aus Spenden und dienen dazu, den verbleibenden Eigenanteil von bis zu 20 Prozent der Wiederaufbau- und Hausratkosten zu decken. Finanziert werden damit Gebäudesanierungen und der Kauf etwa von Möbeln, Haushaltsgeräten und Geschirr.
Beratungen für Betroffene
Khevenhüller appellierte an weitere Betroffene, sich zu melden. "Es gilt Formulare auszufüllen, ja. Aber wir helfen dabei gerne und nehmen uns Zeit für die individuelle Beratung." Zehn "Fluthilfe-Büros" berieten Betroffene vor Ort; die Bearbeitung der vollständigen Unterlagen erfolge binnen kurzer Zeit. Bisher seien zwölf Prozent der Anträge abgelehnt worden. "Leider sind manche Haushalte nach den für uns geltenden Bedingungen der Finanzbehörden nicht förderbar", so der Malteser-Präsident. Man versuche jedoch, in jedem Einzelfall eine erfolgversprechende Lösung zu finden.
Khevenhüller mahnte zudem Lehren aus der Flut an. Deutschland müsse sich im Bevölkerungsschutz und bei der Wiederaufbauhilfe besser rüsten: "Warnsysteme müssen jedermann erreichen und verständlich sein", betonte er. Zudem müssten Betroffenen auf einfache Weise Hilfe erhalten, um ihren jeweiligen Status von vor der Katastrophe wieder herzustellen. "Die Solidarität der Menschen in Deutschland ist so groß, dass die finanziellen Mittel dafür zur Verfügung stehen."