Ein als judenfeindlich kritisiertes und daraufhin zunächst verdecktes Kunstwerk auf der "documenta fifteen" in Kassel soll nun komplett entfernt werden. Das kündigte Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) als Aufsichtsratsvorsitzender der documenta gGmbH am Dienstag an.
Die Verhüllung des fraglichen Banners des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi am Montagabend habe nur ein erster Schritt sein können, erklärte Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) als Aufsichtsratsvorsitzender der documenta gGmbH.
Mit einem einstimmigen Meinungsbild habe der documenta-Aufsichtsrat bei einer von ihm am Dienstagvormittag einberufenen Informationsveranstaltung die Haltung der documenta-Generaldirektorin Sabine Schormann "bestärkt, das Kunstwerk jetzt entfernen zu lassen".
Verantwortung nicht nachgekommen
Die künstlerische Leitung der "documenta fifteen" sei "ihrer Verantwortung nicht nachgekommen, dafür zu sorgen, dass Antisemitismus, Rassismus sowie jede Art von Diskriminierung keinen Raum hat", kritisierte Geselle. "Deswegen wird jetzt die documenta gGmbH eingreifen." Kunstfreiheit habe dort ein Ende, "wo rote Linien überschritten werden". Das sei jetzt der Fall. Der Oberbürgermeister sprach von offensichtlichen antisemitischen Abbildungen.
"Ich bin wütend, enttäuscht und verletzt. Als Oberbürgermeister und als Stadt fühlen wir uns durch die antisemitischen Motive beschämt", so Geselle weiter. Es sei ein immenser Schaden für die Stadt Kassel und die documenta entstanden.
Deutschland habe aus seiner Geschichte heraus eine besondere Verantwortung für alle Menschen jüdischen Glaubens und den Staat Israel. "Die deutsche Staatsräson ist deutlich und unmissverständlich", so der Oberbürgermeister.
Gleichzeitig wolle er noch einmal betonen, "dass die "documenta fifteen" nicht unter Generalverdacht gestellt werden darf". So schwer die aktuelle Debatte auf der "documenta", der Stadt Kassel und dem Land Hessen laste, "so begreife ich sie auch als unbedingt erforderlichen Beginn eines offenen Dialogs mit den unterschiedlichen Positionen einer globalen Gesellschaft".
Verhüllung "inakzeptabel"
Kulturpolitiker des Bundes und des Landes Hessen hatten am Dienstag weitergehende Maßnahmen als die am Montagabend erfolgte Verdeckung des als judenfeindlich kritisierten Kunstwerks gefordert. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) erklärte in Berlin: "Es ist überfällig, dass dieses Wandbild, das eindeutig antisemitische Bildelemente aufweist, jetzt von der "documenta" entfernt wird. Die bloße Verhüllung und die Erklärung des Künstlerkollektivs Taring Padi dazu waren absolut inakzeptabel."
Ähnlich äußerte sich Hessens Kunstministerin Angela Dorn (Grüne). "Antisemitische Inhalte dürfen nicht gezeigt und nicht reproduziert werden", betonte Dorn am Dienstag in Wiesbaden. Sie unterstütze die Generaldirektorin der documenta, Sabine Schormann, "darin, dass das Werk schnellstmöglich abgehängt wird", betonte die Kunstministerin. "Der bereits entstandene Schaden ist nicht zu relativieren. Im Gegenteil, wir müssen aufarbeiten, wie es bei der "documenta" geschehen konnte, dass eine solche Bildsprache öffentlich gezeigt wurde", erklärte Dorn. Auch die weiteren Werke des im vorliegenden Fall kritisierten indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi müssten "genauer in den Blick genommen werden".