Mit dem uneingeschränkten Siegeszug des Individuums in den vergangenen 70 Jahren sei auch der Glaube zur Privatangelegenheit geworden, schreibt Lehner in einem Beitrag für die "Münchner Kirchenzeitung". Er sei überzeugt, dass die allermeisten Menschen etwas glaubten: "Aber was genau sie glauben, ist doch sehr diffus geworden; man spricht einfach nicht darüber."
Gottesbeziehung der Menschen
Sicher ist nach den Worten des Regens jedoch, dass nur noch wenige Menschen den Glauben der Kirche überhaupt darstellen können, "geschweige denn, sich zu ihm bekennen". Die katechetischen und religionspädagogischen Konzepte der vergangenen Jahrzehnte hätten ihren Nachhaltigkeitstest nicht bestanden. Kern der Krise ist laut Lehner die Gottesfrage: ob Gott wirklich ein Gegenüber sei, das man als "Du" ansprechen könne. Seiner Auffassung nach haben kirchenpolitische Profile nicht den geringsten Einfluss auf die tatsächliche Gottesbeziehung von Menschen.
Zudem hätten Theologie und Pastoral den Trend zur Privatisierung verstärkt, so der Regens. Die Neigung zur Konsumhaltung habe bei vielen Gläubigen zugenommen. Doch wo sich das Verständnis der Seelsorge vom Dienst am Sakrament und an der Kirche hin zum "Lebenshilfe-Service" wandle, den jemand in Anspruch nehmen könne, wenn er ihn brauche, gehe das Bewusstsein für die Kirche als Volk Gottes und als Mysterium verloren.
Mehr Soziologie statt Theologie
Lehner bedauert, dass mittlerweile die Soziologie die "kirchliche Leitwissenschaft" geworden sei und nicht die Theologie. Für die Frage nach priesterlichen Berufungen bedeute das in der Folge, dass eine Hingabe des eigenen Lebens überhaupt keinen Sinn ergebe, "wenn das Geheimnis der Kirche als des Leibes Christi als aus der Zeit gefallen gilt". Zu diesen chronischen Problemen, wie sie der Regens nennt, kämen die akuten Probleme des sexuellen Missbrauchs durch Priester, der Umgang der Verantwortlichen damit und die Konsequenzen daraus, die gegenwärtig diskutiert würden. Die hoch emotionalisierten, innerkirchlichen Debatten gehörten ebenfalls dazu.
Weihekandidaten müssen nach Auffassung des Regens wissen, was sie glaubten und welche Konsequenzen dies habe. Sie müssten in der Lage sein, prägnant und theologisch fundiert Auskunft geben zu können, "um nicht bei jeder kritischen Nachfrage ins Stottern zu geraten". Zugleich müsse künftigen Priestern zu eigen sein, auf Menschen zugehen zu können, um ihnen die Begegnung mit Jesus zu ermöglichen. Das gelte nicht nur für jene, die zum Kern der Gemeinde gehörten, sondern auch für jene, die gerade die Kirche verließen oder überhaupt distanziert seien.