Die Anfänge des von Pius XII. errichteten und häufig als Vatikanbank benannten "Istituto per le Opere di Religione" (IOR) liegen eigentlich gar nicht in einem Kreditinstitut.
Leo XIII. hatte es zur bloßen "Aufbewahrung für fromme Zwecke" gegründet, um die dem Papst zufließenden Schenkungen, Stiftungen und Testamente zu verwalten. Dass dieses Institut vor 80 Jahren zu einer Bank wurde, hat es den Wirren des Zweiten Weltkriegs zu verdanken.
Anfangs nur geringe Einlagen
Am 27. Juni 1942 errichtet Papst Pius XII. (1939-1958) das heutige IOR und erweiterte den Aufgabenbereich des Instituts. Angesichts des sich ausweitenden Zweiten Weltkriegs befürchtete Pius XII., dass durch den Kriegseintritt der USA die katholischen Orden in Italien vom Hauptfinanzplatz abgeschnitten werden könnten.
Mit in die Kalkulation des Papstes dürfte der ungewisse Kriegsverlauf hineingespielt haben: Sollte die faschistische Regierung bei einem ungünstigen Verlauf Kirchengut konfiszieren oder bei einer Niederlage des Königreichs eine kommunistische Machtübernahme kirchliches Gut eingezogen werden.
Obwohl anfangs nur geringe Einlagen vorhanden waren, wuchsen die bilanzierten Vermögenswerte, die natürliche und juristische Personen anlegten, schnell an - und damit auch die Spekulationen über die Hintergründe des Instituts.
Auch durch die lange geübte Praxis, sich als Kreditinstitut eines souveränen "Staats der Vatikanstadt" in völliges Schweigen zu hüllen und keine Bilanzen vorzulegen, wuchsen die Gerüchte über geheime Reichtümer hinter den dicken Mauern des Vatikan.
Gegenstand von Skandalliteratur
Das IOR wurde bereits in den 1950er Jahren Gegenstand von Skandalliteratur, deren Verbreitung der Heilige Stuhl in Italien zu unterbinden trachtete - mit mäßigem Erfolg.
Das IOR ist natürlich zunächst für die Belange kirchlicher Rechtsträger und Personen gegründet worden und dient auch der Finanzierung von Unternehmungen des Heiligen Stuhls, der Unterstützung von Bistümern, Orden und karitativen Projekten in aller Welt. Die Unabhängigkeit von rechtsstaatlicher Kontrolle und Transparenznormen machte aber nicht nur Skandalautoren aufmerksam, sondern das Institut auch tatsächlich anfällig für kriminelle Finanzjongleure.
Als am Morgen des 18. Juni 1982 am nördlichen Bogen der Blackfriars Bridge in London der Bankier Roberto Calvi über den trüben Fluten der Themse baumelte, warf dies nicht die ersten schwarzen Schatten auf die Bank des Papstes.
Der umtriebige Calvi hatte sich einen Namen als "Bankier Gottes" erworben. Doch als Chef der großen italienischen Banco Ambrosiano hatte er unter Nutzung des IOR kriminelle Geschäfte gemacht und einen der größten Bankencrashs der europäischen Geschichte ausgelöst.
Bis heute ranken sich Spekulationen um seinen Tod - wie auch um seine Rolle im kurzen Pontifikat Johannes Paul I., der nicht als Freund des IOR galt.
Finanzströme gen Osten
Der Skandal, bei dem neben Calvi vor allem der US-amerikanische Erzbischof Paul C. Marcinkus in den Fokus rückte, war dabei nicht der Erste. Bereits zuvor war das IOR durch Marcinkus mit dem mit mafiösen Strukturen verwobenen Michele Sindona in erste Schwierigkeiten geraten, was Verluste in Höhe von 50 Millionen US-Dollar verursachte.
Doch nun ging es um eine viel größere Summe. Auch wenn der Vatikan selbst eine Mitschuld bestritt, musste man als Anteilseigner der Ambrosiano 88 Gläubigerbanken mit insgesamt 240 Millionen US-Dollar entschädigen.
Trotz internationaler Haftbefehle ging die Arbeit des Instituts in dieser Zeit weiter. Insbesondere dem antikommunistischen Widerstand kam der besondere Status des IOR aber auch zugute. Johannes Paul II. konnte so Finanzströme Richtung Osten gestalten, um insbesondere in seinem Heimatland die Opposition zu unterstützen.
Mit dem Ende des Ostblocks setzte der polnische Papst dann erste Reformschritte. Fortan sollte das IOR nach internationalen Regeln arbeiten und erstmals Rechenschaftsberichte vorlegen. Das neue Statut sah eine Kontrolle durch internationale Wirtschaftsprüfer vor. Ein aus Kardinälen bestehendes Gremium kontrollierte diesen Aufsichtsrat.
1995 kam es zu einer ersten unabhängigen Prüfung, die nichts zu beanstanden hatte.
Nach den Standards der EU geführt werden
Ende der Nullerjahre kehrte die Vatikanbank jedoch zurück in die Schlagzeilen und beschäftigte bald ein Jahrzehnt wieder die Öffentlichkeit. Nach der Weltfinanzkrise wollten die Finanzminister der USA und der EU gegen intransparente Finanzströme vorgehen. Neben der Schweiz und Liechtenstein geriet dabei auch der Vatikan mit seinem diskreten IOR ins Visier.
Daher ernannte Benedikt XVI. den italienischen Bankier Ettore Gotti Tedeschi zum Leiter des IOR, und der Vatikan unterzeichnete Finanzabkommen mit der EU. Fortan sollte die Bank nach den Standards der EU geführt werden, doch die OECD verweigerte noch die Aufnahme in die "weiße Liste" der sauberen Staaten.
Verdacht der Geldwäsche
Kurz darauf kommt es zu einem neuen Skandal - der neue Chef der Bank wird der Geldwäsche beschuldigt. Die Folge ist die Einführung einer Kontrollinstanz, die auch die vatikanische Vermögensverwaltung APSA kontrollieren soll: die AIF.
Doch trotz dieser Bemühungen reißen Vorwürfe gegen das Institut nicht ab, in Geldwäsche verwickelt zu sein oder Transparenzregeln nicht einzuhalten. Höhepunkt wird die Entlassung des neuen Bank-Chefs Tedeschi.
Auch wenn das Institut 2012 den ersten Jahresbericht vorlegt, kommt es erst unter Papst Franziskus zur Ruhe, der das IOR Spekulationen zufolge zunächst auflösen wollte.
Der seit 2014 amtierende Aufsichtsratschef der Bank, Jean-Baptiste Douville de Franssu, kann sein Institut auf dem richtigen Weg sehen.
"Das IOR der Vergangenheit existiert nicht mehr", sagt der Banker heute mit Blick auf den einst zweifelhaften Ruf der Einrichtung. Die vom Papst anvertraute Mission sei damit erfüllt. Nun gelte es, diese Position zu festigen.
Das IOR verwaltete 2020 Einlagen in Höhe von 5 Milliarden Euro, darunter Gelder von nicht-vatikanischen Kunden in Höhe von 3,3 Milliarden Euro. Im Jahr 2020 hatte es einen Reingewinn von 36,4 Millionen Euro erzielt, die zu 75 Prozent für Aufgaben des Vatikan verteilt werden konnten.
Laut Bilanz beläuft sich das Eigenkapital des Instituts auf gut 600 Millionen Euro. Dabei hat sich eine unabhängige Prüfung etabliert.