Damit wurde der bisherige Höchstwert aus dem Jahr 2019 deutlich übertroffen, als knapp 273.000 Katholiken austraten. Im vergangenen Jahr gehörten noch 21.645.875 Menschen der katholischen Kirche in Deutschland an.
Die Deutsche Bischofskonferenz und die 27 (Erz-)Diözesen der katholischen Kirche in Deutschland haben an diesem Montag die jährliche Kirchenstatistik für das vergangene Jahr 2021 veröffentlicht. In Deutschland machen die Katholiken 26 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.
Von Auswirkungen der Pandemie geprägt
Auch im Jahr 2021 ist die Statistik erheblich von den Auswirkungen der Corona-Pandemie geprägt, da diese sich vielfach auf das kirchliche Leben ausgewirkt hat. Durch die notwendigen Schutz- und Hygienemaßnahmen konnten manche Gottesdienste nicht so gefeiert werden wie geplant. Gegenüber 2020 waren jedoch mehr Sakramentenspendungen möglich. Durch die laufenden Strukturmaßnahmen in Bistümern hat sich die Zahl der Pfarreien auf 9.790 (2020: 9.858) verringert.
Insgesamt gibt es 10.313 Priester (2020: 12.565), davon sind 6.215 Pfarrseelsorger (2020: 6.303). In den weiteren pastoralen Diensten weist die Statistik für 2021 insgesamt 3.253 Ständige Diakone (2020: 3.245), 3.198 Pastoralassistenten/-referenten (weiblich: 1.532, männlich: 1.666) und 4.318 Gemeindeassistenten/-referenten (weiblich: 3.400, männlich: 918) aus. Die Zahl der Priesterweihen lag 2021 bei 62 (davon 48 Welt- und 14 Ordenspriester).
Der Gottesdienstbesuch ist – coronabedingt – in 2021 mit 4,3 Prozent erneut zurückgegangen (2020: 5,9 Prozent). Die Zahlen beim Sakramentenempfang sind dagegen teilweise deutlich gestiegen: So lag die Zahl der kirchlichen Trauungen bei 20.140 (2020: 11.018), die Zahl der Taufen bei 141.992 (2020: 104.610) und die Zahl der Erstkommunionen bei 156.574 (2021: 139.752). Die Bestattungen sind mit 240.040 ebenfalls leicht gestiegen (2020: 236.546). Im Jahr 2021 sind 1.465 Menschen in die katholische Kirche eingetreten (2020: 1.578), es wurden 4.116 Menschen wieder aufgenommen (2020: 4.358). Die Zahl der Kirchenaustritte ist in 2021 erneut massiv gestiegen: 359.338 Menschen haben die Kirche verlassen (2020: 221.390; 2019: 272.771).
Bischof Bätzing mit Erklärung
Zur Statistik 2021 erklärt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing: "Die Zahlen des Jahres 2021 zeigen die tiefgreifende Krise, in der wir uns als katholische Kirche in Deutschland befinden. Es ist nichts schönzureden, und ich bin – trotz der gestiegenen Zahlen der Sakramentenspendung – zutiefst erschüttert über die extrem hohe Zahl von Kirchenaustritten. Und zu diesen Zahlen müssen wir die Erkenntnis hinzulegen, dass mittlerweile nicht nur die Menschen austreten, die zu ihrer Pfarrei schon über einen längeren Zeitraum wenig oder sogar keinen Kontakt hatten, sondern es mehren sich Rückmeldungen, dass Menschen diesen Schritt gehen, die bisher in den Pfarreien sehr engagiert waren. Der Aufbruch, den wir mit dem Synodalen Weg gehen, ist hier im Kontakt mit Gläubigen offenbar noch nicht angekommen. Insgesamt zeigt diese dramatische Zahl: Es gibt keine Selbstverständlichkeiten mehr für uns als katholische Kirche. Wir müssen uns neu erklären, erläutern was wir tun und warum wir es machen. Zur Kirche zu gehören ist ebenso wenig eine Selbstverständlichkeit wie aktiv in ihr mitzuwirken. Die Skandale, die wir innerkirchlich zu beklagen und in erheblichem Maße selbst zu verantworten haben, zeigen sich in der Austrittszahl als Spiegelbild. Dieses dürfen wir nicht verzerren, wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass die Kirchen wieder voller werden oder die Zahl der Gläubigen wieder steigt. Und dennoch bin ich überzeugt: Die Botschaft des Evangeliums hat Kraft, die wir mit allen, die der Kirche angehören, zur Entfaltung bringen und ins Leben übersetzen können. Das ist nicht einfach, aber ich bin zuversichtlich, dass wir mit dem Synodalen Weg als Impuls zur inneren Reform und Erneuerung wichtige Schritte in die richtige Richtung machen.
Deshalb sind die Zahlen 2021 für mich auch ein Auftrag: den eingeschlagenen Weg der Kirche mutig weiterzugehen und von dem zu erzählen, was wir in unseren Pfarrgemeinden, in Verbänden und Vereinen, im Bildungsbereich und in der Caritas, in anderen Feldern wie zum Beispiel der Notfallseelsorge und mit unserem weltkirchlichen Engagement leisten. Ich möchte damit die drastische Austrittszahl nicht schönreden, keineswegs. Aber ich möchte dafür werben, das Mehr, den Gewinn, das Plus von Kirche zu sehen. Ohne die vielen Angebote von Gottesdiensten und Glaubensvermittlung würde unser menschliches Miteinander an Tiefe verlieren. Ohne unsere Caritas wäre die Gesellschaft ärmer. Ohne unsere tausenden von Bildungsangeboten wäre unser Land ärmer, ohne das große Engagement für die Menschen an den Rändern, besonders die Geflüchteten und die vom Krieg Betroffenen, wäre die Welt noch trauriger. Deshalb sind die vielen haupt- und ehrenamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger für mich eine Ermutigung, dass es den Weg einer Kirche an der Seite der Menschen zu gehen lohnt. Unendlich viele Ehrenamtliche tragen letztlich dieses Engagement. Ihnen gilt mein besonderer Dank an diesem Tag.
Auch im zweiten Jahr der Pandemie zeigen die Zahlen, dass Kirche bei den Menschen präsent war. Ich hoffe sehr, dass die Zahl der Gottesdienstbesucher wieder ansteigt, sobald wir die Pandemie gänzlich überwunden haben. Es ist gut, dass wir ein Millionenpublikum durch Online-Angebote mit gestreamten Gottesdiensten und den Übertragungen von Gottesdiensten im öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk erreicht haben – diese Zahlen sind in unserer Statistik bisher nicht berücksichtigt. Auch wenn dies einen in Präsenz miteinander gefeierten und erlebten Gottesdienst nicht ersetzen kann, sind auch künftig solche Angebote wichtig.
Wenn man auf unsere katholischen Schulen, Kindergärten und theologischen Fakultäten schaut, wenn man auf die Seelsorge und Beratungsangebote in allen Lebensbereichen blickt, und wenn man das Engagement von Ordensleuten und – um ein anderes Beispiel zu nennen – die Jugendarbeit nicht aus den Augen verliert, zeigt sich: Es gibt viele gute Gründe, in der Kirche zu bleiben und sie mitzugestalten. Kirche vermittelt Hoffnung, besonders in bedrängenden Krisenzeiten. Kirche schenkt Menschlichkeit, besonders da, wo andere entrechtet oder verarmt sind. Kirche stärkt den Glauben da, wo Menschen die Frage nach Gott stellen und religiöse Orientierung suchen. Kirche nahe bei den Menschen sein heißt, die Türen der Häuser und der Herzen weit zu öffnen. Wo aus gelebtem Glauben Gemeinschaft entsteht, da ist Kirche nach wie vor überzeugend und anziehend."
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte bereits im März ihre Statistik veröffentlicht - ebenfalls mit neuen Rekordwerten. Im vergangenen Jahr traten demnach 280.000 Protestanten aus der Kirche aus. Die Zahl ihrer Mitglieder sank erstmals unter die 20-Millionen-Grenze auf 19,72 Millionen.
Christen bilden in Deutschland weiterhin die mit Abstand größte Religionsgemeinschaft. Rund die Hälfte der Bevölkerung gehört einer der beiden großen Kirchen an.