Unter Vermittlung des Kulturministeriums kamen Geistliche der beiden getrennten Konfessionen am Dienstag in der Kiewer Sophienkathedrale zusammen, wie ukrainische Medien (Mittwoch) berichteten. "Das Eis ist gebrochen", sagte demnach die Chefin des Staatlichen Dienstes für ethnische Angelegenheiten und Gewissensfreiheit, Olena Bohdan, Moderatorin des informellen Gesprächs. Es handele sich um den ersten derartigen Dialog zwischen den beiden Kirchen. Auch Kulturminister Olexander Tkatschenko nahm daran teil, wie es hieß.
Leitungen beider Kirchen nahmen nicht teil
Die Beziehungen zwischen beiden orthodoxen Kirchen belastet vor allem der umstrittene Wechsel von Pfarreien der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK), die bis vor kurzem dem Moskauer Patriarchat unterstand, zur Ende 2018 gegründeten eigenständigen Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU). Dabei soll es vereinzelt sogar zu Handgreiflichkeiten gekommen sein.
Bohdan dankte den Geistlichen für ihre Offenheit. "Dieses persönliche Gespräch ist äußerst wichtig, damit wir unser gemeinsames Haus, die Ukraine, weiter gemeinsam aufbauen können", so die für Religionsgemeinschaften zuständige Behördenchefin. Zu der Begegnung kamen Priester, aber keine Bischöfe. Die Leitungen beider Kirchen nahmen bislang nicht zu den Gesprächen Stellung.
Mehrere Teilnehmer des Treffens äußerten sich sehr positiv. Der Rektor der Offenen Orthodoxen Universität der heiligen Sophia in Kiew, Georgij Kowalenko von der OKU, schrieb auf Facebook, die Zusammenkunft habe seine Erwartungen übertroffen. Vielleicht sei es an der Zeit, die "Vision des ersten Schritts zur vollen Einheit der ukrainischen Orthodoxie zu verwirklichen". Der Geistliche Serhij Prokoptschuk von der UOK sprach davon, es habe "sichtbare Schritte in Richtung Versöhnung und künftiger Einheit" gegeben. Konkrete Ergebnisse wurden bislang nicht bekannt.
Haltung zu Russland
Der Konflikt zwischen beiden Konfessionen dreht sich um die Haltung zu Russland, das 2014 die Ostukraine angegriffen und Ende Februar viele weitere Teile des Landes überfallen hat. Die neue, eigenständige orthodoxe Kirche wirft der anderen Kirche vor, sie halte zu Moskau und dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I., der den Angriffskrieg unterstützt. Die UOK weist das vehement zurück. Ende Mai erklärte sie sich offiziell für unabhängig vom Moskauer Patriarchat und schlug Gespräche mit der OKU vor. Bislang stehen sich die Kirchenleitungen allerdings reserviert gegenüber.
Rund 60 Prozent der Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Die Ukrainische Orthodoxe Kirche zählt mit rund 12.000 Pfarreien zwar deutlich mehr Gemeinden als jede andere Konfession. Aber in Umfragen bekannten sich die meisten Bürger zur neuen Orthodoxen Kirche der Ukraine. Zu ihr sollen in den vergangenen Monaten rund 500 ehemalige Gemeinden der UOK gewechselt sein. Nach eigenen Angaben zählt sie nun mehr als 7.600 Pfarreien. Laut Gesetz braucht es für den Übertritt einer Pfarrei zu einer anderen Konfession die Zustimmung von zwei Dritteln ihrer Gläubigen.