Kinderwallfahrt im Bistum Erfurt im Zeichen der Schöpfung

Wichtige Stärkung für den Alltag

Nach pandemiebedingter Pause werden in diesem Jahr wieder rund 1.500 Kinder zur Kinderwallfahrt auf dem Erfurter Domberg erwartet. Warum ein bistumsweites Treffen von Kindern so wichtig ist, erklärt Jugendseelsorger Philipp Förter.

Kinderwallfahrt im Bistum Erfurt mit Bischof Ulrich Neymeyr / © Martin Schutt (dpa)
Kinderwallfahrt im Bistum Erfurt mit Bischof Ulrich Neymeyr / © Martin Schutt ( dpa )

DOMRADIO.DE: Das Motto der Kinderwallfahrt in diesem Jahr heißt "Geh los, fang an!". Was hat es damit auf sich?

Philipp Förter (Jugendseelsorger im Bistum Erfurt): Wir übertragen das Motto der religiösen Kinderwoche, die in Ostdeutschland jedes Jahr in den Sommerferien stattfindet. Das ist eine alte Tradition. Es geht dieses Jahr um die Frage nach Leben und Überleben auf der Erde. Wir schauen uns ein bisschen mit den jungen Menschen an, was es heißt, diese Schöpfung zu erleben, zu staunen und diese Schöpfung zu gestalten und Verantwortung zu übernehmen.

Da geht es ganz praktisch um Themen wie Müllvermeidung. Es geht aber auch darum, zu entdecken, was Gott uns und auch den jungen Menschen schon für Fähigkeiten gegeben hat, um sich einzubringen und diese Welt so zu verändern, dass wir immer mehr erleben, dass das Evangelium, das Reich Gottes, hier lebendig wird.

Philipp Förter

"Es war schon eine Erfahrung in der DDR-Zeit, als der Religionsunterricht in der Schule nicht mehr möglich war, ganz bewusst darauf zu setzen, Katechese in Gemeinden zu ermöglichen."

DOMRADIO.DE: Wie kann man sich so eine Kinderwallfahrt insgesamt vorstellen? Was passiert da alles?

Förter: Wir beginnen mit einem Gottesdienst mit dem Bischof und mir als Diözesanjugendseelsorger und ganz vielen Kolleginnen und Kollegen aus der Pastoral vor Ort. Die Pfarrer, Gemeindereferenten und ehrenamtlichen Begleiter, die so wichtig sind, kommen mit den Kindern aus ihren Pfarreien gestern und heute nach Erfurt.

Wir feiern zu Beginn einen kleinen Gottesdienst. Im Anschluss geht es auf die Wiese hinter der Severi-Kirche. Da haben wir verschiedene Stationen vorbereitet. Dort steht eine Hüpfburg, es gibt Eis und ganz viele andere Möglichkeiten, sich inhaltlich damit mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Die Fürbitte eines Kindes im Gottesdienst zur Kinderwallfahrt in Erfurt. / © Martin Schutt (dpa)
Die Fürbitte eines Kindes im Gottesdienst zur Kinderwallfahrt in Erfurt. / © Martin Schutt ( dpa )

Wir haben verschiedene Bastelaktionen und Upcycling, um Sachen aus Müll wieder herzustellen. Wir haben kreative Aktionen für die Kinder. Aber natürlich soll auch Spiel und Spaß rund um die Severi-Kirche und den Dom nicht zu kurz kommen. Mittagessen gibt es natürlich auch. Das darf man auch nicht vergessen, das ist wichtig. Wir enden dann mit einem kleinen Abschlusssegen und senden die Kinder dann wieder nach Hause.

DOMRADIO.DE: Diese Wallfahrt ist in die religiöse Kinderwoche eingebettet. Warum sind Ihnen solche Aktionen wichtig?

Förter: Es war schon eine Erfahrung der DDR-Zeit, als der Religionsunterricht in der Schule nicht mehr möglich war, ganz bewusst darauf zu setzen, Katechese in Gemeinden zu ermöglichen und Kinder weiter mit dem Evangelium in Begegnung zu bringen. Gerade in der Diaspora-Situation, die zahlenmäßig die Hälfte unseres Bistums betrifft, ist es sehr wichtig, die Kinder und Jugendlichen zusammenzubringen, sodass sie sich als Zeugen- und Glaubensgemeinschaft erleben.

Philipp Förter

"Es ist so ein ein wichtiges Reservoir für Kinder, dass sie sich wieder gemeinsam erleben und erfahren und von dort aus gestärkt auch sich wieder auf den Weg machen."

Da bieten sich diese religiösen Kinderwochen (RKW) an. Eine der ostdeutschen Diözesen übernimmt immer die Vorbereitung für ein Jahr und stellt Material zusammen, das so geplant ist, dass nicht nur Haupt-, sondern auch Ehrenamtliche dieses bestellen und umsetzen können: mit einem Spiel, mit kreativen Ideen, mit theologischer Auseinandersetzung, mit Katechesen.

Die Umsetzung geschieht dann gemeinsam in den Gemeinden vor Ort. Manche fahren auch weg in ein Bildungshaus, um miteinander eine Woche Gemeinschaft im Glauben zu erleben. Katechese und auch eine Bindung an die Gemeinde stehen da im Mittelpunkt.

DOMRADIO.DE: Reicht denn ein Tag oder eine Woche im Jahr aus? Oder müsste die Kirche nicht generell umdenken und Gottesdienste viel kindgerechter und familienfreundlicher gestalten?

Förter: Ich glaube nicht, dass die religiöse Kinderwoche tatsächlich das Einzige im ganzen Jahr sein muss. Aber es ist ein wichtiges Reservoir für Kinder, dass sie sich wieder gemeinsam erleben und erfahren und von dort aus gestärkt sich wieder auf den Weg machen. Die Freundschaften, die man in diesen Tagen entwickelt oder stärkt, helfen auch über das Jahr, sich auf den Weg zu machen, auch größere Entfernungen auf sich zu nehmen, zum Gottesdienst, zur Katechese, zur Gemeinschaft zu kommen.

Insofern ist das ein Projekt für das ganze Jahr ausgelegt. Es ist aber eines, das sehr wesentlich für unsere Katechese hier im Osten ist. Ich erlebe sehr viele Familien, die ganz bewusst sagen, wir halten uns die erste Ferienwoche frei, weil bei uns in der Pfarrei immer die RKW stattfindet. Das ist ein deutliches Zeichen, wenn Eltern selber schon RKW erlebt haben und das ihren Kindern ermöglichen wollen.

Wir müssen natürlich schauen, welche Folgen das hat und was die Kinder dort erleben. Wir müssen schauen, wie wir es schaffen, das, was wir ganz bewusst für sie dort organisieren und mit ihnen gemeinsam gestalten, auch in den Rest des Kirchenjahres und das kirchliche Leben einzubringen.

Das ist eine wichtige Frage, bei der ich merke, dass die kreativen Methoden, die dort auch in diesem Begleitheft vorgeschlagen werden, auch in den anderen Katechesen stattfinden. Das Liedheft, was jedes Jahr thematisch passend zur RKW herauskommt, findet häufig auch in Kindergottesdiensten im Laufe des Jahres Verwendung, sodass das ein Höhepunkt ist, der aber Folgen für das ganze Jahr, für unsere Pastoral hier vor Ort hat.

Das Interview führte Hannah Krewer.

Was bedeutet "Wallfahrt"?

Das Wort "Wallfahrt" stammt vom Wort "wallen" ab und bedeutet in eine bestimmte Richtung zu ziehen oder unterwegs zu sein. Durch das lateinische Wort "Peregrinatio religiosa" meint es einen Besuch in einer Pilgerstätte mit dem Zurücklegen eines Pilgerwegs. Eher das Ziel steht bei einer Wallfahrt im Vordergrund, weniger der Weg. 

Aus dem Grund sind Christen früher wie heute an bestimmten Heiligen Stätten besonders nahe: im Heiligen Land, an Gräbern von Aposteln, in Rom, Assisi, Lourdes, Loreto, Fatima, Altötting, Kevelaer, Werl, Telgte oder Bethen. 

Keine Wallfahrt nach Altötting / © Armin Weigel (dpa)
Keine Wallfahrt nach Altötting / © Armin Weigel ( dpa )
Quelle:
DR