Anglikaner beraten über Ökumene und interreligiösen Dialog

Gemeinsam gegen weltweite Krisen

Nach dem Aktionstag für Klimaschutz holen die Anglikaner andere Kirchen und Religionen ins Boot. Denn nur Seite an Seite können Krisen bewältigt werden, so die Botschaft auf der Lambeth-Konferenz.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Teilnehmende der Lambeth-Konferenz (KNA)
Teilnehmende der Lambeth-Konferenz / ( KNA )

Die anglikanischen Bischöfe befassten sich am Donnerstag bei der Lambeth-Konferenz in Canterbury mit den Themen Ökumene und interreligiöser Dialog. Dabei hörten die rund 660 Bischöfe und Bischöfinnen aus 165 Ländern auch Berichte und Reden ihrer ökumenischen Gäste. So kam auch Kardinal Kurt Koch, "Ökumeneminister" des Papstes, zu Wort, wenngleich er wegen einer kurzfristigen Erkrankung nicht persönlich anreisen konnte. Statt seiner verlas Father Andrew Currer, Referent für den Dialog mit den Anglikanern im vatikanischen Einheits-Dikasterium, die Rede des Schweizer Kardinals.

Trotz jahrzehntelanger Fortschritte bei der Zusammenführung von Christen unterschiedlicher Traditionen stellten die bestehenden Spaltungen nun einen "Ernstfall" für die globale Kirche dar, so Kochs Botschaft. "Dieser ökumenische Ernstfall impliziert, dass ein redliches und deshalb ökumenisch gemeinsames Zeugnis über Jesus Christus in der heutigen Welt nur möglich ist, wenn die christlichen Kirchen ihre Spaltungen überwinden und in einer Einheit in einer versöhnten Vielfalt leben können", mahnte der Präsident des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen in Rom. Für seine Gedanken gab es reichlich Beifall.

"Dringende Suche nach der vollen sichtbaren Einheit der Kirche"

Weiter erläuterte Erzbischof Ian Ernest, persönlicher Beauftragter des Erzbischofs von Canterbury beim Heiligen Stuhl, die Schritte hin zu einer engeren Einheit zwischen den Kirchen in den letzten Jahrzehnten. Ebenso betonten unter anderen die Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes, Anne Burghardt, und der orthodoxe Erzbischof Nikitas von Thyateira und Großbritannien, die Bedeutung der Ökumene.

Beim anschließend diskutierten "Lambeth-Aufruf" zum Thema Ökumene verschrieben sich die anglikanischen Konferenzteilnehmer erneut dem Ziel, alle Kirchen zu vereinen, um die gute Nachricht von Jesus Christus besser zu verbreiten. In dem Text verpflichten sie sich zu "einer dringenden Suche nach der vollen sichtbaren Einheit der Kirche".

Ein Handbuch zur "Lambeth Conference" / © Sabine Kleyboldt (KNA)
Ein Handbuch zur "Lambeth Conference" / © Sabine Kleyboldt ( KNA )

Später am Tag ging es um das eng verwandte Thema interreligiöser Dialog. Als wichtigstes Ergebnis rief die Anglikanische Gemeinschaft die Führer anderer Kirchen und Religionen zum gemeinsamen Handeln gegen weltweite Krisen auf. Die Religionen könnten eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der größten Herausforderungen der Welt heute spielen: von der Klimakrise bis zu akuter Armut, hieß es im "Lambeth-Aufruf" zum Thema interreligiöse Zusammenarbeit.

Der Aufruf verweist auch auf Gewalt und Verfolgung, denen Anglikaner und andere Christen in einigen Weltregionen ausgesetzt seien. Die Bischöfe verpflichteten sich, auch angesichts dessen starke Beziehungen zu Nachbarn anderer Glaubensrichtungen aufzubauen.

Katholiken begrüßen Einheit der anglikanischen Gemeinschaft

In dem Text werden sie weiter aufgefordert, in ihrer Umgebung eine neue Freundschaft mit einem Führer einer anderen Glaubensgruppe aufzubauen, die das Engagement der Kirche für Frieden und Gemeinwohl zum Ausdruck bringt. Die anglikanische interreligiöse Kommission ist aufgerufen, dafür zu sorgen, dass unter Geistlichen und Laien eine neue Generation von Gelehrten und Praktikern für interreligiöse Beziehungen entsteht. Bischöfe sollen Kontakte zu jenen Teilen der Anglikanischen Gemeinschaft aufbauen, die Feindseligkeit und Verfolgung ausgesetzt sind, um Informationsaustausch, Gebetsunterstützung und Solidarität zu ermöglichen.

Bereits am Mittwoch hatte es einen Aktionstag zum Thema Klimaschutz am Lambeth Palace, Londoner Dienst- und Wohnsitz des Erzbischofs von Canterbury, Justin Welby, gegeben. Katholischerseits nahmen Kardinal Vincent Nichols von Westminster, der Apostolische Nuntius Erzbischof Claudio Gugerotti und Erzbischof Bernard Longley von Birmingham teil, der gemeinsam mit dem anglikanischen Erzbischof David Moxon die Internationale Anglikanisch-Katholische Kommission (ARCIC) leitet.

Zu Welbys Einschätzung, die Ökumene habe in den neuneinhalb Jahren seiner Amtszeit kaum Fortschritte erzielt, sagte Longley der Zeitung "The Tablet", es sei wichtiger, dass die Lambeth-Konferenz offenbar die Einheit der anglikanischen Gemeinschaft gesichert habe. "Aus katholischer Sicht befassen wir uns mit anderen Kirchen auf universeller Ebene", so der ARCIC-Chef. "Sollte die Gemeinschaft zerbrechen, müssten wir neue Gesprächspartner finden, was den Prozess erheblich erschweren würde."

Anglikanische Kirche

Die anglikanische Kirche entstand zur Zeit der Reformation in England. König Heinrich VIII. brach 1533 mit dem Papst, weil dieser sich weigerte, die Ehe des Königs zu annullieren. Als Oberhaupt einer neuen Staatskirche setzte sich Heinrich VIII. 1534 selbst ein. In Glaubensfragen blieben die Anglikaner zunächst bei der katholischen Lehre; später setzten sich protestantische Einflüsse durch. 1549 erschien das erste anglikanische Glaubensbuch, das «Book of Common Prayer».

Die Kathedrale von Canterbury, Sitz des anglikanischen Erzbischofs / © Sambraus, Daniel (epd)
Die Kathedrale von Canterbury, Sitz des anglikanischen Erzbischofs / © Sambraus, Daniel ( epd )
Quelle:
KNA