"Und das Blut floss über die Straßen, als habe es stark geregnet." Mit solch dramatischen Worten beschrieb ein Augenzeuge, was sich am 24. August 1572, am Namenstag des heiligen Bartholomäus, in Paris ereignete und in den kommenden Wochen in anderen Städten Frankreichs folgte.
Ein entsetzliches Massaker, das sich tief in die Erinnerung Frankreichs eingeprägt hat. 450 Jahre später gedenken viele Städte und Gemeinden der sogenannten Bartholomäusnacht.
Hochzeit Heinrich von Navarra
Rund 3.000 Ermordete allein in Paris. Für das ganze Land ist von 10.000 Toten die Rede. Eigentlich sollte die Hochzeit von Heinrich von Navarra ("Paris ist eine Messe wert") und Margarete von Valois am 18. August 1572 ein Zeichen der Versöhnung in einer zutiefst gespaltenen Gesellschaft setzen. Die Verbindung des protestantischen Königs von Navarra und der Schwester des katholischen Königs Karl IX. würde endlich Frieden bringen, so das Kalkül der mächtigen Königinmutter und faktischen Regentin Katharina von Medici.
Zwischen 1562 und 1570 hatten drei Religionskriege Frankreich verwüstet. Der Friede von St. Germain vom August 1570 gestand den Hugenotten - so wurden die Protestanten in Frankreich bezeichnet - Amnestie, offizielle Gleichberechtigung und auf zwei Jahre die Kontrolle über vier befestigte Städte zu - über La Rochelle, Montauban, Cognac und La Charite.
Wendepunkt in der Geschichte
Von einem Wendepunkt in der Geschichte der Religionskriege spricht der Oxforder Kirchenhistoriker Diarmaid Mac Culloch in seinem Standardwerk "Die Reformation 1490-1700": Sei die Gewalt zuvor vor allem durch das Machtkalkül von Fürsten und Kirchenführern angefacht worden, so zeige sich in der pogromartigen Stimmung der Bartholomäusnacht, dass der Konfessionskonflikt auch im einfachen Volk angekommen war. Die Menschen hätten sich immer stärker als Katholiken, Lutheraner oder Reformierte begriffen und sich von den anderen abgegrenzt. Die große Eruption lag in der Luft.
Bis heute ist unklar, wer die Verantwortung für die Nacht der langen Messer trug. Neben dem Streit um den rechten Glauben ging es auch um einen Machtkampf rivalisierender Adelsgruppen. Fest steht, dass die Hochzeit zwischen Margarethe und Heinrich - die Trauung fand im Portal der Kirche statt, da der reformierte Bräutigam die katholische Kathedrale nicht betreten wollte; die Brautmesse wurde anschließend ohne ihn gefeiert - zur Todesfalle wurde.
Die Anführer der Hugenotten waren in großer Zahl zu den Feierlichkeiten in Paris erschienen, die am 18. August mit großer Pracht eröffnet wurden. Bereits am 22. August aber wurde auf den Chef der protestantischen Partei, Admiral Gaspard de Coligny, ein Attentat verübt, das er verletzt überlebte.
Verschwörung und Verrat
Es herrschte Aufruhr in der Stadt; alle Seiten witterten Verschwörung und Verrat. Während die Hugenotten noch über ihr Vorgehen berieten, schlugen die Katholiken in der Nacht zum 24. August zu. Gegen drei Uhr morgens drangen Heinrich von Guise, der Anführer der katholischen Partei, und Schweizer Gardisten des Königs in das Haus von Coligny ein, schlugen den Admiral halbtot und warfen ihn aus dem Fenster in die Speere der unten Wartenden. Das Pogrom begann.
Die Wirkung in ganz Europa war gewaltig. Das reformierte Genf deutete die Massaker als einen "Holocaust" (Brandopfer) der Glaubensbrüder; Papst Gregor XIII. ließ in Rom ein freudiges "Te deum" anstimmen. Die Hugenotten verloren das Gros ihrer Führer. Dennoch konnten sie auch in den folgenden Religionskriegen bestehen.
Glaubensflüchtlinge
Nach dem Mord an König Heinrich III. wurde Heinrich von Navarra 1589 König von Frankreich. Als Heinrich IV. sicherte er den Hugenotten 1598 im Edikt von Nantes ihre Rechte zu - ein Versprechen, das Ludwig XIV. 1685 widerrief. Wegen der Verfolgung flohen über 200.000 Hugenotten in andere Länder, auch nach Preußen - noch heute erinnern französisch klingende Namen an diese Glaubensflüchtlinge.
450 Jahre später widmet die Stadt Paris in diesem Sommer den ermordeten Protestanten einen Gedenkort: einen kleinen Ziergarten mit Kastanienbäumen vor der Kirche Saint-Germain-l'Auxerrois, wo 1572 die Morde begannen. Der Ort liegt symmetrisch zu einem Platz, auf dem ein Denkmal an die nach Auschwitz deportierten jüdischen Kinder erinnert.