DOMRADIO.DE: Sie sind ganz frisch aus Rom zurück, waren bei der Kardinals-Erhebung am Wochenende dabei. Was war das für ein Gefühl, dass Ihr alter Bekannter Leonardo Steiner ins Kardinalskollegium aufgenommen wurde?
Hermann Josef Lücker (Pfarrer von St. Vitus in Visbek): Zunächst mal war es eine große Freude, überhaupt in Rom dabei zu sein und das ganze Drumherum, die ganze Atmosphäre mitzuerleben, zu spüren.
Im Innersten meines Herzens habe ich schon eine große Dankbarkeit gespürt und für den neuen Kardinal eine große Wertschätzung erfahren, auch durch diese Kardinalserhebung durch den Papst.
Dass der Papst seinen Blick ganz offen an die Ränder der Welt richtet und dass er gerade auch diese Menschen sieht, ist schon bemerkenswert. Und da gehört Manaus unbedingt dazu.
DOMRADIO.DE: Leonardo Steiner ist Erzbischof in Manaus. Sie kennen ihn schon über viele Jahre hinweg. Als was für einen Menschen haben Sie ihn kennengelernt?
Lücker: Unsere ersten Begegnungen hier vor Ort waren durch sein damaliges Amt geprägt. Er war damals gerade Bischof in Sankt Felix in Brasilien geworden. Er kam als ein ganz einfacher, bescheidener Mensch nach Deutschland, der einen offenen Blick für die Armen, für die Kranken hat.
Er hat auch hier noch mal ganz klar gesagt hat: "Ich setze mich aufs Fahrrad und fahre erst mal zum Friedhof. Da treffe ich immer Menschen, mit denen ich sprechen kann. Die freuen sich, wenn sie mal ein offenes Ohr finden."
Dieses Bescheidene hat er sich bis heute bewahrt. Das ist schon eine ganz große Sache, gerade für einen Menschen in so einer Stellung.
DOMRADIO.DE: Wofür steht er theologisch?
Lücker: Theologisch ist es bei ihm relativ schnell und einfach auf den Punkt zu bringen: Jesus Christus ist ein Vorbild. Der ist auch gerade zu den Menschen gegangen, die zu den Kleinen gehören. Die Armen, die Kranken, die Schwachen, Menschen in Krisen, Menschen, die von außen her ausgebeutet werden. Genau da ist Bischof Leonardo Steiner, der Kardinal immer direkt an der Basis, an den Leuten. Darauf bezieht er sich auch theologisch, auf das, was das Evangelium sagt. Von seiner Professur her ist er Philosophieprofessor und hat natürlich dann auch noch mal eine entsprechende Möglichkeit, Dinge ins Wort zu fassen, aber auch so, dass er verstanden wird.
DOMRADIO.DE: Leonardo Steiner hat gerade in einem Interview für ein deutsches Medium den Synodalen Weg in Deutschland als Chance bezeichnet. Was bedeutet das?
Lücker: Auch über dieses Thema habe ich persönlich mit ihm gesprochen. Die Chance sieht er darin, dass die Dinge auf den Punkt gebracht werden, dass all das, was uns unter den Nägeln brennt, offen, ehrlich und fair diskutiert wird. Und dass wir gerade auch als Kirche von Deutschland, dass unsere Bischöfe die Dinge, die machbar sind, die in ihrer Macht stehen, auch umsetzen. Dass wir transparent sind, dass wir die Wahrheit sagen, dass wir zur Glaubwürdigkeit zurückfinden. Das ist genau das, was Leo Steiner auch im Blick hat und was er für uns als deutsche Kirche auch als große Chance sieht.
DOMRADIO.DE: Was kann der Franziskanerpater Leonardo Steiner in das Kardinalskollegium einbringen? Was meinen Sie?
Lücker: Also für mich ist ganz wichtig, dass er Lateinamerika im Blick hat. Durch seine vielen Jahre als Generalsekretär der Bischofskonferenz von Brasilien hat er natürlich auch ein breites Netz und hat einen offenen Blick, nicht nur für Brasilien, sondern für ganz Lateinamerika. Sein Herzensanliegen aber ist Amazonien, sind die indigenen Völker, ist die vernünftige Behandlung der Menschen, sodass sie nicht gezwungen sind, den Regenwald abzuholzen oder das Land auszubeuten. Umweltschutz, Bewahrung der Schöpfung sind wichtige Theman. Genau das wird er auch auf den Punkt bringen und ins Kardinalskollegium einbringen.
DOMRADIO.DE: Was wünschen Sie ihm für seine neue Funktion?
Lücker: Also erst mal Gesundheit, dass der Mann sich nicht sofort übernimmt und dass er nicht sofort zerrissen wird. Dann natürlich, dass er sich im Geist Gottes seine Gelassenheit bewahrt und dass er die Dinge, die zu ändern sind, auch ändern kann. Dass er mithilft, Dinge tatsächlich in Angriff zu nehmen und umzusetzen.
Und natürlich wünsche ich mir von ganzem Herzen, dass er noch viele gute Jahre hat und uns auch ein gutes Beispiel für einen Kardinal ist, der für jedermann zugänglich ist, der eine klare Sprache spricht und der einfach menschlich so angenehm ist, dass man ihn gerne um sich hat.
Das Interview führte Hilde Regeniter.