DOMRADIO.DE: 375 Jahre ist es her, dass unsere Vorfahren zum Ersten Mal einen Krieg in Europa auf dem Verhandlungsweg beendet haben. Geben Sie uns einen kurzen Crashkurs in der Geschichte. Wie ging das?
Tanja Höfert (Geschäftsführerin der Katholischen Friedensstiftung Hamburg und Leiterin des Projekts): Das hat über Verhandlungen funktioniert. Damals haben sie sich gemeinsam an einen Tisch gesetzt. Das hat natürlich auch nicht bei einem einmaligen Treffen funktioniert, sondern sie mussten häufiger zusammenkommen.
Es waren vor allem die evangelischen und katholischen Christen, die sich bekriegt haben. Die gemeinsamen Verhandlungen an einem Tisch sind eine gute Vorlage, um sie in die Gegenwart zu übertragen.
DOMRADIO.DE: Dieses Ereignis ist der Grund, warum im August zum ersten Mal ein Friedenswettbewerb stattfindet. Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff ist Schirmherr der Aktion. Wie ist die Idee entstanden?
Höfert: Herr Wulff hatte uns angesprochen, dass es doch eine tolle Sache sei, dass wir anlässlich der 375 Jahren Westfälischen Friedens einen Friedenswettbewerb durchführen. Das ist eine erstmalige Aktion.
Ganz wichtig war ihm und ist uns auch, dass alle mitmachen dürfen. Das ist eine multikonfessionelle Aktion.
Wir haben durch den Ukraine-Krieg viel Rückenwind bekommen, das ist leider traurige Realität.
DOMRADIO.DE: Alle können mitmachen, haben Sie gesagt. Wie funktioniert das?
Höfert: Das funktioniert ganz einfach. Auf unserer Website sind alle Informationen zu finden. Es soll ausdrücklich ein Motivations-Wettbewerb sein, also kein Leistungswettbewerb, wie es beispielsweise die Körber-Stiftung mit dem Geschichtswettbewerb des aktuellen Bundespräsidenten macht.
Jeder darf mitmachen von Kindergärten, Grundschulen, Schulen, auch gerne Studierende oder Seniorenheime oder Familien. Wirklich jeder ist aufgerufen, sich mit dem Thema Frieden auseinanderzusetzen.
Nicht nur in Hinblick darauf, was wir aus der Geschichte lernen können. Wichtig ist auch die Bedeutung von Frieden vor der eigenen Haustür, in mir selber, in den Gemeinschaften, wo ich lebe.
DOMRADIO.DE: Neben den Städten Osnabrück und Münster machen ganz viele Akteure mit. Sie von der Katholischen Friedensstiftung in Hamburg, die Evangelische Kirche, das Islamkolleg Deutschland und die jüdischen Gemeinden. Es sind also verschiedene Konfessionen mit an Bord. Warum spielt das eine große Rolle für Sie?
Höfert: Frieden kann man nicht in seinem eigenen Topf kochen. Ganz wichtig ist, voneinander zu lernen und einander zu verstehen. Da bilden die Religionen bei uns den multikonfessionellen Ansatz.
Dass wir diese Religionsgemeinschaften gewinnen konnten, soll aber niemanden ausschließen. Alle anderen dürfen natürlich auch mitmachen. Frieden geht uns alle an, das ist die Lebensgrundlage für uns alle.
Das wird dadurch deutlich, dass sich schon die Kinder mit dem Ukraine-Krieg beschäftigen. Ich empfinde es als äußerst wichtig, dass sich heutzutage möglichst viele Menschen mit dem Thema Frieden beschäftigen und sich dafür einsetzen.
DOMRADIO.DE: Die Ideen stehen natürlich im Vordergrund bei diesem Wettbewerb, aber trotzdem gibt es auch etwas zu gewinnen, oder?
Höfert: Ja, das ist richtig. Wir haben uns überlegt, dass wir nicht die Konsumgesellschaft befeuern wollen, wir verschenken lieber Ereignisse. Das können Klassenfahrten oder Familienausflüge sein. Der "Europapark" in Rust hat signalisiert, dass er uns Karten zur Verfügung stellen will.
Aber es wird auch andere tolle Sachen geben, wie beispielsweise die sogennanten "Seedbombs": Wir säen Pflanzen und Blumen, die gut für die Bienen sind, anstatt richtige Bomben zu werfen.
Der Friedenswettbewerb beginnt im August zum neuen Schuljahr und läuft bis zum Februar 2023. Die Preisverleihung wird am 2. Juni in Osnabrück stattfinden.
Jeder wird eine Rückmeldung bekommen und wir freuen uns wirklich über möglichst viele Einsendungen. Und nochmal der Aufruf: Alle dürfen mitmachen! Sei dabei, denn Frieden braucht Dich oder Sie.
Das Interview führte Tobias Fricke.