Rufe nach Gedenkfeiern für Gorbatschow in Deutschland

Deutschland verdankt ihm unglaublich viel

Da es für deutsche Politiker schwierig werden könnte zum Begräbnis von Gorbatschow nach Russland zu reisen, mehren sich die Stimmen einer eigenen Gedenkfeier in Deutschland. Theo Waigel spricht sich für einen Dankgottesdienst aus.

Blumen liegen am Denkmal "Väter der Einheit" in Berlin / © Christoph Soeder (dpa)
Blumen liegen am Denkmal "Väter der Einheit" in Berlin / © Christoph Soeder ( dpa )

Der ehemalige Vorsitzende der Münchener Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, sagte dem Fernsehsender "Welt": "Ich fände es gut, wenn die Bundesrepublik Deutschland eine eigene, große, feierliche Gedenkfeier organisiert."

Warnung vor Reise deutscher Vertreter nach Russland

Ischinger warnte zugleich vor dem schlechten Eindruck, den eine Reise hochrangiger, deutscher Repräsentanten nach Russland angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage hinterlassen würde. "Sich mit Putin am Grab Gorbatschows ablichten zu lassen. Ich weiß nicht was das weltweit für einen Eindruck macht."

Theo Waigel / © Karlheinz Schindler (dpa)
Theo Waigel / © Karlheinz Schindler ( dpa )

Stattdessen plädierte der frühere Chef der Münchner Sicherheitskonferenz für eine eigene Würdigung der Verdienste des ehemaligen Generalsekretärs der KPdSU um die deutsche Wiedervereinigung: "Ich fände es gut, wenn die Bundesrepublik Deutschland - egal ob Seitens der Regierung oder initiiert durch den Bundespräsidenten und unabhängig von der Art des Begräbnisses und den Feierlichkeiten in Moskau - hier in Deutschland, vielleicht am Brandenburger Tor, eine eigene, große, feierliche Gedenkfeier organisiert." So würde man Gorbatschows Bedeutung für das deutsch-sowjetische, deutsch-russische Verhältnis gerecht.

Feierstunde im Bundestag auch denkbar

Bei Grünen und Linken gibt es Stimmen, die sich für eine Gedenkveranstaltung im Bundestag zu Ehren Gorbatschows aussprechen. "Ich unterstütze es, dass sein Verdienst für Frieden und die Wiedervereinigung im Deutschen Bundestag gewürdigt wird", sagte Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) dem "Spiegel".

Auch Linksfraktionschef Dietmar Bartsch erklärte, Deutschland sollte in jedem Fall eine eigene Würdigung von Gorbatschow vornehmen. "Ohne ihn hätte es die deutsche Wiedervereinigung so nicht gegeben", sagte Bartsch dem Magazin. "Denkbar wäre auch eine Feierstunde im Bundestag", so der Linkenpolitiker.

1987: Reagan und Gorbatschow unterzeichnen INF-Rüstungsvertrag  / © Photoreporters (dpa)
1987: Reagan und Gorbatschow unterzeichnen INF-Rüstungsvertrag / © Photoreporters ( dpa )

Der frühere Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) regte an, in Deutschland Dankgottesdienste für den mit 91 Jahren gestorbenen Gorbatschow zu feiern. Der ehemalige sowjetische Staatschef sei für ihn ein christlicher Bruder, dem Deutschland unglaublich viel verdanke und der auch sein Leben mitgeprägt habe, sagte Waigel am Mittwochabend dem Bayerischen Rundfunk. Da es für Berliner Politiker derzeit schwierig sei, nach Russland zu fahren, sollten in Deutschland Dankgottesdienste an vielen Orten stattfinden.

"Er hat der Freiheit und der Souveränität der Völker in Mittel- und Osteuropa die Tür aufgemacht und die deutsche Wiedervereinigung ermöglicht", sagte Waigel im BR. "Das sind unglaubliche Taten, die bleiben bestehen, auch wenn Putin jetzt eine andere Politik verfolgt." Der frühere Bundesfinanzminister war mit dem verstorbenen Friedensnobelpreisträger in einer tiefen Freundschaft verbunden.

Quelle:
KNA