An der Nordseeküste werden 16 historische Kirchen saniert

Mammutprojekt auf Eiderstedt

Die Nordsee-Halbinsel Eiderstedt besitzt eine besonders hohe Dichte an historischen Kirchen. 16 von ihnen werden nun unter finanzieller Beteiligung des Bundes saniert. Dabei gibt es manche Überraschung.

Autor/in:
Michael Althaus
Eingerüstete Kirche Sankt Pankratius in Oldenswort / © Michael Althaus (KNA)
Eingerüstete Kirche Sankt Pankratius in Oldenswort / © Michael Althaus ( KNA )

Lose Schieferplatten, verrostete Metallträger, zerbröselte Mauerfugen - die Liste der Schäden an den Kirchen auf der Nordseehalbinsel Eiderstedt ist lang. Sechs Jahre dauerte allein die Bestandsaufnahme. Seit Februar läuft nun die Sanierung: In einem Mammutprojekt werden 16 baufällige historische Gotteshäuser wieder auf Vordermann gebracht. 18,65 Millionen Euro sind für das Projekt veranschlagt, das in fünf Jahren abgeschlossen sein soll. Schon jetzt ist klar, dass das Geld nicht reichen wird.

Gotteshäuser auf Warften gebaut

Eiderstedt, bekannt für seinen Badeort Sankt Peter-Ording, besitzt eine bundesweit besondere Kirchenlandschaft. Auf nur gut 300 Quadratkilometern stehen insgesamt 18 historische evangelische Gotteshäuser. Fast jedes Dorf der protestantisch geprägten Region in Schleswig-Holstein hat seine eigene Kirche. Die älteste wurde 1103 errichtet, die jüngste im 19. Jahrhundert. Eine katholische Kirche gibt es auf der Halbinsel auch - in Sankt Peter-Ording. Die stammt jedoch aus den 1950er-Jahren und ist nicht Teil des Sanierungsprojekts.

"Alle unsere Kirchen haben im Grunde drei Probleme: Mauerwerk, Dach und Gründung", sagt Pastor Michael Goltz vom Kirchenkreis Nordfriesland. Die Gotteshäuser seien auf Warften gebaut. Das sind aufgeschüttete Erdhügel, die vor Sturmflut schützen sollen. "In diesen Böden gibt es viel Bewegung, die zu Rissbildung in Mauerwerk und Gewölbe führt."

In Sankt Pankratius in Oldenswort ist der Altarraum bereits seit mehreren Jahren wegen Einsturzgefahr gesperrt. Nun ist die Kirche von der Turmspitze bis zum Boden eingerüstet. Arbeiter sind dabei, die beschädigten Fugen an der Außenmauer Zentimeter für Zentimeter zu kontrollieren und auszubessern.

Unangenehme Überraschungen

Deckengewölbe über einem Gerüst in der Kirche Sankt Pankratius / © Michael Althaus (KNA)
Deckengewölbe über einem Gerüst in der Kirche Sankt Pankratius / © Michael Althaus ( KNA )

Für die Sanierungen war jahrelang kein Geld da. 2016 genehmigte jedoch der Kulturausschuss des Bundestags 9,3 Millionen Euro für das Projekt. Damit übernimmt der Bund die Hälfte der geplanten Kosten. Weitere 500.000 Euro trägt das Land Schleswig-Holstein. Die Eiderstedter Kirchengemeinden und der Kirchenkreis Nordfriesland zahlen rund 4,5 Millionen Euro. Einen weiteren Teil steuert die Nordkirche bei. Eine Million Euro soll aus Spenden kommen.

Mit dem Start der Bauarbeiten traten einige unangenehme Überraschungen zu Tage: "Die Fachleute haben an mehreren Stellen weitere Schäden gefunden, die wir nicht vorhersehen konnten", berichtet Goltz. In Oldenswort seien Holzbalken im Kirchturm faul, ein Maueranker sei gebrochen. Das sind massive Eisenstangen, die quer durch den Turm reichen und die Wände zusammenhalten. Mit einem Spezialbohrer treibt ein Arbeiter ein elf Meter langes Loch ins Mauerwerk, in dem später ein neuer Maueranker befestigt werden soll. "Zum Glück ist der Stein weich", sagt er. So benötige er "nur" etwa einen halben Tag für die Bohrung.

Erzbistum Hamburg

Die Fläche des Erzbistums Hamburg beträgt 32.520 Quadratkilometer, denn das Bistum umfasst drei Bundesländer: Hamburg (755 Quadratkilometer), Schleswig-Holstein (15.803 Quadratkilometer) und der Landesteil Mecklenburg (15.962 Quadratkilometer) des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern. Es ist damit das flächenmäßig größte Bistum in Deutschland.

Mariendom in Hamburg / © Maria Feck (KNA)
Mariendom in Hamburg / © Maria Feck ( KNA )

An der größten Eiderstedter Kirche in der Hafenstadt Tönning ist das Dach maroder als erwartet. "Ursprünglich war angedacht, nur einen Teil des Daches zu sanieren und die Innenwände der Kirche zu erneuern", erklärt Goltz. "Nach jetzigen Erkenntnissen wäre das nicht verantwortbar. Wenn das Dach Wasser durchlässt, macht eine Renovierung der Wände keinen Sinn." Um die Kosten im Rahmen zu halten und das Gesamtprojekt nicht zu gefährden, wird nun das komplette Dach von Sankt Laurentius saniert, der Innenraum dafür nicht.

Festivals und Konzerte, um Spenden zu generieren

Sankt Martin im 250-Seelen-Dorf Osterhever hielt dagegen eine angenehme Überraschung bereit: Unter einer nachträglich eingezogenen Holzdecke entdeckten die Bauleute historische Malereien. "Wir werden sie herausnehmen und lagern, bis Geld da ist, um sie zu restaurieren", so Goltz.

An fünf Kirchen haben inzwischen die Arbeiten begonnen. Die übrigen sollen nach und nach folgen. Die unverhofften Entdeckungen bedeuten für die Verantwortlichen immer wieder: umplanen und die Kosten neu kalkulieren. Hinzu kommen gestiegene Material-, Energie- und Lohnkosten. Aktuell rechne man mit fünf Millionen Euro Mehrbedarf gegenüber den Planungen, sagt Goltz. Der Kirchenkreis hat Bund, Land und Nordkirche bereits um weitere Unterstützung gebeten. Zudem planen die Kirchengemeinden Veranstaltungen wie ein Kleinkunstfestival und Baustellenkonzerte, um mit noch mehr Spenden das Finanzloch zu schließen.

Quelle:
KNA