Kölner Caritas-Diözesanverband in Sorge um Krankenhäuser

Staatlicher Schutzschirm nötig

Die Kosten für Lebenshaltung und Energie steigen dramatisch. Das spüren auch die katholischen Krankenhäuser im Erzbistum Köln. Diözesan-Caritasdirektor Frank-Johannes Hensel fordert eine Art "Energie-Schutzschirm" der Politik.

Krankenhäuser leiden unter hohen Preisen / © Andy Dean Photography (shutterstock)
Krankenhäuser leiden unter hohen Preisen / © Andy Dean Photography ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Gerade Krankenhäuser sind darauf angewiesen, dass die Energieversorgung gesichert ist, denn sie sind besonders energieintensive Einrichtungen. Die Budgets der Krankenhäuser sind ebenso wenig flexibel wie der Verbrauch von Strom und Versorgungsgütern. Sie sagen, dass einige Krankenhäuser in ihrer Existenz bedroht sind. Wie kommt es dazu, dass sich die Einrichtungen in dieser Lage befinden?

Dr. Frank Johannes Hensel / © Caritas, Erzbistum Köln
Dr. Frank Johannes Hensel / © Caritas, Erzbistum Köln

Dr. Frank-Johannes Hensel (Direktor des Diözesan-Caritasverbands für das Erzbistum Köln): Das ist sehr einfach nachvollziehbar: Wenn Sie einen Betrieb haben, den Sie nicht runterfahren - runterkühlen - können, haben Sie die ganze Zeit Volllast. Bei höheren Preisen müssen sie mehr ausgeben. Und wenn Sie diese Mehrausgaben nicht vereinnahmen können, dann liegt Ihnen das auf der Tasche. So viel Liquidität, so viele flüssige Mittel, wie da gebraucht werden, sind einfach nicht vorhanden. Das bedroht Existenzen.

DOMRADIO.DE: Gibt es denn schon Lösungsansätze, wie den Krankenhäusern geholfen werden könnte? Möglichkeiten, mehr Energie oder auch Verbrauchsgüter einzusparen? Das ist ja bei den Krankenhäusern doch schwieriger, durch die Hygienevorschriften und energieintensive Patientenversorgung?

Dr. Frank-Johannes Hensel, Direktor des Diözesan-Caritasverbands für das Erzbistum Köln

"Die enormen Sprünge in den Energiekosten müssen öffentlich aufgefangen werden."

Hensel: Wegsparen können sie das nicht. Sie können auch nicht das Haus irgendwie runterfahren, den Betrieb zurücknehmen - alles mal ein bisschen kälter, ein bisschen weniger Licht. Die Maschinen laufen oder laufen nicht - das sind ja "An-Aus"-Dinge, die vielen Geräte, die da in einem Krankenhaus zu funktionieren haben. Mit anderen Worten, durch Einsparen wird man nicht veritabel etwas ändern können.

Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V.

Der Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V. ist der Dachverband der katholischen Wohlfahrtspflege im Erzbistum Köln. Ihm sind 250 Mitglieder als Träger von mehr als 2.000 Diensten und Einrichtungen im Rheinland und den angrenzenden Kreisen angeschlossen.

Das Spektrum seiner Aufgaben reicht von Krankenhäusern über Altenheime bis zu Kindergärten und Beratungsstellen, wie etwa Schwangerschafts- oder Schuldnerberatung. Der Diözesan-Caritasverband berät seine Einrichtungen und Dienste in wirtschaftlichen Fragen und vertritt sie in Kirche, Gesellschaft und Politik. 

Die Caritas gibt es in über 160 Ländern / © Karolis Kavolelis (shutterstock)
Die Caritas gibt es in über 160 Ländern / © Karolis Kavolelis ( shutterstock )

Die enormen Sprünge in den Energiekosten müssen öffentlich aufgefangen werden. Das wird ja auch getan in den öffentlich getragenen Häusern. Sicherlich werden kommunale Krankenhäuser und Universitätskliniken das gleiche Problem haben und dann können wir ja mal alle schauen, wie da die Antwort ist. Es muss ja Geld von irgendwoher dafür kommen. Es braucht also im Grunde einen Energie-Schutzschirm oder eine Möglichkeit das nachzuverhandeln, damit das in die laufenden Kosten eingepreist werden kann.

DOMRADIO.DE: Also Geld vom Staat, vom Land - kaum vom Erzbistum, das ist eher unwahrscheinlich, oder?

Hensel: Wir können dem Energieverbrauch nicht mit privaten kirchlichen Mitteln begegnen. Das ist nicht möglich. Die Mittel sind ja gar nicht vorhanden dafür. Das wäre eine völlig neue Systematik, wenn sich die Daseinsvorsorge darauf verlässt, dass von irgendwo her - von dritter Seite sozusagen - die Energiekosten subventioniert werden.

DOMRADIO.DE: Sie sagen bereits, auch staatliche Krankenhäuser sind natürlich davon betroffen, sicher auch evangelische Krankenhäuser. Solidarisieren Sie sich da auch?

Hensel: Ja, selbstverständlich. Es geht gar nicht nur um das einzelne Haus, sondern es geht insgesamt um ein Angebot, das wir in der Gesundheitsversorgung brauchen, das nicht wegzudenken ist und das sich auch nicht herausnehmen lässt. Die Krankenhäuser wollen auch nicht an irgendwas verdienen, sie wollen nur klarkommen. Sie wollen über diese Energie-Preissprung-Krise hinwegkommen, es muss hinweggeholfen werden. Das wird für alle gelten. Das ist nichts unbotmäßiges, was man da fordert. Man will nur klarkommen.

DOMRADIO.DE: Was wäre denn das Worst-Case-Szenario für die katholischen Krankenhäuser im Erzbistum?

Hensel: So lange heizen, bis das Geld alle ist - sozusagen.

DOMRADIO.DE: Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat jetzt die Kampagne "Alarmstufe Rot" gestartet. Die katholischen Krankenhäuser haben sich den Forderungen angeschlossen. Was sind das für Forderungen?

Dr. Frank-Johannes Hensel, Direktor des Diözesan-Caritasverbands für das Erzbistum Köln

"Ich gehe davon aus, dass es dazu wieder so etwas wie eine Schutzschirm-Philosophie geben muss - also irgendetwas, was staatlich und schnell und gezielt greift."

Hensel: Ein Inflationsausgleich muss irgendwie gelingen. Da geht es einerseits um die Energiekosten, die stehen hier im Vordergrund, die sieht jeder sofort. Aber ein Krankenhaus ist auch ein großer Einkäufer von Lebensmitteln, von allem Möglichen. Und die Forderung ist, dass dieser Preissprung in der Refinanzierung aufgefangen werden muss. Das kann man nachverhandeln. Man kann versuchen, das über das Krankenversicherungssystem praktisch hinzubekommen. Aber wir sind ja jetzt sehr, sehr schnell in diesen Engpässen. Ich gehe davon aus, dass es dazu wieder so etwas wie eine Schutzschirm-Philosophie geben muss - also irgendetwas, was staatlich und schnell und gezielt greift.

DOMRADIO.DE: Wie blicken Sie in den Herbst und in den Winter? Bereitet Ihnen das schlaflose Nächte? Das ist doch ein Riesen-Problem, was da auf uns zukommt.

Hensel: Es darf gar keins werden. Darum kann ich mir im Moment gar nicht vorstellen, dass die Politik das ignorieren kann. Sie hat nur noch nicht beherzt genug "Ja" dazu gesagt. Denn, was ich gerade beschreibe, ist ja total einsehbar. Und ehe man die Liquidität von Krankenhäusern, die einfach funktionieren müssen, schleift, muss man eben dort zu Lösungen kommen. Nein, mir ist jetzt nicht so angst und bange, dass ich glaube, dass es tatsächlich zum Krankenhaussterben kommt und dass die Politik die Krankenhäuser alleine lässt. Das kann sie sich im wahrsten Sinne des Wortes nicht leisten.

Das Interview führte Johannes Schroeer.

Quelle:
DR