Historiker warnt vor unkritischer Verklärung der Queen

"Ganz persönlich vom Kolonialismus profitiert"

Der Historiker Jürgen Zimmerer warnt vor einer unkritischen Verklärung der verstorbenen Königin Elizabeth II. Aus seiner Sicht wäre es die Aufgabe der Queen gewesen, die Menschenrechtsverletzungen der Kolonialzeit klar anzusprechen.

Queen Elizabeth II. / © Ben Stansall (dpa)
Queen Elizabeth II. / © Ben Stansall ( dpa )

Neben allen unbestreitbaren Verdiensten habe sie es versäumt, sich stärker vom Kolonialismus und den damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen zu distanzieren, sagte er im WDR: "Sie ist da unter ihren Möglichkeiten geblieben, und sie steht einfach für ein Großbritannien aus einer anderen Zeit."

Queen Elizabeth II. lebte zwischen 1947 und 1951 auf Malta / © McCarthy's PhotoWorks (shutterstock)
Queen Elizabeth II. lebte zwischen 1947 und 1951 auf Malta / © McCarthy's PhotoWorks ( shutterstock )

Die Königin habe nie ihre Stimme erhoben, "um diese Kolonialverbrechen als solche zu benennen", ergänzte Zimmerer. Und da sie die Monarchin gewesen sei "genau im Übergang vom Empire zum Commonwealth und dann zum modernen Großbritannien", hätte sie dies auch stärker reflektieren müssen: "Und das hat sie nicht gemacht."

Menschenrechtsverletzungen der Kolonialzeit klar ansprechen

Aus Zimmerers Sicht wäre es ihre Aufgabe gewesen, die Menschenrechtsverletzungen der Kolonialzeit klar anzusprechen: "Das hat sie eben nicht getan, und das darf man bei einer Bilanzierung ihres Lebens auch benennen." Sie habe sich - auch durch entsprechende Ordensverleihungen und Adelserhebungen - weiterhin als "Repräsentantin dieses imperialen Großbritanniens auch verstanden".

21.04.1947, Südafrika: Der britische König Georg VI. und seine Tocher, die damalige Prinzessin Elizabeth / © Pa/PA Wire (dpa)
21.04.1947, Südafrika: Der britische König Georg VI. und seine Tocher, die damalige Prinzessin Elizabeth / © Pa/PA Wire ( dpa )

Darüber hinaus habe die Queen auch finanziell von den Verbrechen der Kolonialzeit profitiert, kritisierte der Hamburger Historiker weiter: "Sie hätte auch einmal als Oberhaupt der Windsors eine Reue ausdrücken können über das Blut, das an ihrem Vermögen klebt - zum Beispiel an den Kronjuwelen, die teilweise ja auch zusammengestohlen wurden."

Persönlich vom Kolonialismus profitiert

Auch im Berliner "Tagesspiegel" (Sonntag) warf Zimmerer der britischen Königsfamilie vor, sie habe "auch ganz persönlich vom Kolonialismus profitiert". Wörtlich sagte der Kolonialismus-Experte: "Da geht es um Werte von Millionen Euro aus Ausbeutung." Unter anderem sei "seit Jahrzehnten bekannt, dass in den Kronjuwelen Edelsteine aus kolonialen Raubzügen verarbeitet sind".

Queen Elizabeth II. / © Jane Barlow (dpa)
Queen Elizabeth II. / © Jane Barlow ( dpa )

Der Professor am Arbeitsbereich Globalgeschichte der Universität Hamburg warf der verstorbenen Monarchin vor, sie habe sich "nie kritisch zum britischen Kolonialismus geäußert". Vor allem in Malaysia, Kenia und Ägypten habe die britische Herrschaft koloniale Verbrechen begangen, erklärte der Experte für Kolonialgeschichte und fügte hinzu: "Das alles ist in ihrer Amtszeit passiert." Die Königin sei "entscheidend mitverantwortlich für die britische Politik" gewesen.

Die Queen - Daten zum Leben der Monarchin

Queen Elizabeth II. (96) ist tot. Nun ist ihr Sohn Charles (73), Prince of Wales, neues Oberhaupt des Vereinigten Königreichs. Einige Daten zur mehr als 70 Jahre dauernden Herrschaft der britischen Königin:

Die Queen absolvierte mit mehr als 70,5 Jahren die längste Regentschaft Großbritanniens - vor Königin Victoria (1837-1901) mit gut 63 Jahren. Während ihrer Regentschaft hat Elizabeth II. 16 Premierminister empfangen und 7 Erzbischöfe von Canterbury miterlebt, die geistlichen Oberhäupter der anglikanischen Kirche.

Queen Elizabeth II. lebte zwischen 1947 und 1951 auf Malta / © McCarthy's PhotoWorks (shutterstock)
Queen Elizabeth II. lebte zwischen 1947 und 1951 auf Malta / © McCarthy's PhotoWorks ( shutterstock )
Quelle:
KNA