Nach der mit Spannung erwarteten Kardinalsversammlung und dem Besuch in L'Aquila will der 85-Jährige vom 13. bis 15. September ins zentralasiatische Kasachstan fliegen. In der dortigen Hauptstadt Nur-Sultan findet in diesen Tagen der Weltkongress der Religionen statt.
Kurzfristige Absage Kyrills
Inoffizieller Höhepunkt sollte ein Treffen mit dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. sein. Letzterer hatte vor Monaten die Einladung zum VII. Kongress der Religionen angenommen. Er würde sehr gerne mit "dem Seelsorger" Kyrill ein Gespräch führen, hatte Franziskus im Juli noch Erwartungen geschürt. Doch das Treffen fällt flach. Kyrill kommt nicht.
Vergangene Woche sagte der Moskauer Patriarch seine Teilnahme an dem Kongress ab. Nun soll eine russische Delegation zu diesem "wichtigen Ereignis" reisen, so die Erklärung aus Moskau. Begründet wurde die Absage auch damit, dass ein Treffen von Papst und Patriarch nicht am Rande eines anderen Ereignisses stattfinden könne und viel Vorbereitung benötige. Zumal es, so die russische Seite, keine Vorplanungen gegeben habe.
Bereits vor Monaten stand ein Treffen von Franziskus und Kyrill auf neutralem Boden zur Debatte. Jerusalem sollte der Begegnungsort werden - eingebettet in eine vom Papst lange versprochene Reise in den Libanon Mitte Juni. Doch die Situation war zu ambivalent, die Lage in der Ukraine zu brisant. Die Planungen wurden abgebrochen. Es sei eine "einvernehmliche" Absage gewesen, so Franziskus in einem Interview. Laut Moskau war es ein vatikanischer Alleingang.
Wer ist Teil der russischen Delegation?
Welche Gespräche wirklich zwischen Moskau und Vatikan stattgefunden hatten, bleibt wohl ein Geheimnis. Offiziell bekannt ist, dass Franziskus Anfang August den neuen Leiter des russisch-orthodoxen Außenamts, Metropolit Antonij (Sevrjuk), in Audienz empfing.
Vielleicht ging es schon bei diesem Gespräch um die Absage Kyrills. Antonij wäre ein potenzieller Kandidat für die russische Delegation. Eine Liste der Teilnehmer in Nur-Sultan gab das Patriarchat jedoch bislang nicht bekannt.
Offen für Dialog trotz klarer Position
Franziskus betont einerseits, dass er den Dialog mit Russland nicht beenden möchte. Zuletzt bezeichnete er allerdings den Staat unmissverständlich als "Aggressor". Den Krieg verurteilte er "als moralisch ungerecht, inakzeptabel, barbarisch, sinnlos, widerwärtig und als Gotteslästerung". Dem Patriarchen warf er in einem Interview indirekt an den Kopf, dass dieser auf dem Weg sei, zu "Putins Messdiener" und "Staatskleriker" zu mutieren.
Mehrheit der Kasachen Muslime
Die Kasachen selbst pflegen enge Beziehungen zu Russland, auch wenn sie mit Blick auf den Krieg auf eine eher neutrale Haltung setzen.
Die große Mehrheit der Bewohner sind Muslime. Von den Christen, 26 Prozent, sind die meisten russisch-orthodox. Katholiken gibt es nur etwa 182.000. Offiziell gehört das Gebiet als ehemaliger Teil der Sowjetunion zum "kanonischen Territorium" des Moskauer Patriarchats.
Für die russisch-orthodoxe Kirche heißt das, dass sie allein sich berechtigt fühlt, in dem Gebiet Mission und Evangelisierung zu betreiben.
Erleichterung auf ukrainischer Seite
Auf ukrainischer Seite dürfte Erleichterung darüber herrschen, dass es kein Treffen zwischen Franziskus und Kyrill gibt. Zumal der Papst mit seiner Haltung immer wieder für Unmut bei den Ukrainern sorgt.
Etwa wenn er vom "Wahnsinn des Krieges" spricht, der sich auf beiden Seiten zeige. Es sei "nicht angemessen, die Ukraine und Russland in dieser Situation auf eine Stufe zu stellen", hatte der ukrainische Vatikanbotschafter Andrij Jurasch jüngst Äußerungen des Papstes kritisiert.
Der Vatikan gab daraufhin vor wenigen Tagen eine Erklärung ab und benannte Russland unmissverständlich als Aggressor. Weiter hieß es aus dem Staatssekretariat: Franziskus' Worte zu diesem "dramatischen Thema" seien nicht als politischen Stellungnahmen zu verstehen, sondern dienten der "Verteidigung des menschlichen Lebens und der damit verbundenen Werte".
Treffen mit Religionsführern aus aller Welt
Der Religionskongress in Nur-Sultan ermöglicht zugleich ein Zusammentreffen mit Religionsführern und Geistlichen aus aller Welt.
Neben Franziskus wird auch einer der ranghöchsten sunnitischen Geistlichen erwartet, Großscheich Ahmed al-Tayyib von der Al-Azhar-Moschee in Kairo. Er und Franziskus setzen sich seit Jahren gemeinsam für den interreligiösen Dialog ein. Beide sehen Religionen als Friedensstifter in der Pflicht. Wenn schon keine vatikanisch-russische Erklärung zu erwarten ist, dann vielleicht wenigstens eine interreligiöse.