Vier Monate sind seit dem Inkrafttreten der Kurienreform von Papst Franziskus vergangenen. Sieben seit das Kirchenoberhaupt seine lang angekündigte Reform "Praedicate Evangelium" an einem vermeintlich harmlosen Samstag ohne Vorwarnung veröffentlichte. Mittlerweile liegen auch die üblichen Übersetzungen des rund 55 Seiten langen Textes vor - Voraussetzung, die Reform umzusetzen. Und doch ist das Ganze ein sehr langsamer Prozess, der aber, das machen Entscheidungen der vergangenen Wochen deutlich, seinen Gang geht - Schritt für Schritt.
Neue Struktur
Das sogenannte Entwicklungsdikasterium versuchte vergangene Woche einen Aufschlag, um sich nach der Reform als neustrukturiert zu präsentieren. Das "Dikasterium für integrale menschliche Entwicklung" ist ein wenig eine kuriale Dauerbaustelle. In der Behörde wurden bereits 2016 vier frühere Päpstliche Räte zusammengefasst, die sich mit Migration, sozialer Gerechtigkeit, Katastrophenhilfe und medizinischer Versorgung befassten. Ende 2021 löste der Papst dann den Leiter, Kardinal Peter Turkson, ab. Kardinal Michael Czerny, bislang für Flüchtlingsthemen zuständig, übernahm die Behördenleitung zunächst "ad interim" in Zusammenarbeit mit der Ordensfrau Alessandra Smerilli.
Unter den Beiden - mittlerweile als feste Leitung - soll die Behörde eine Art entwicklungspolitische Schnittstelle werden. Laut Smerilli soll das Dikasterium vor allem vermitteln und beraten: Zwischen Ortskirchen, die Notlagen vor Ort benennen, und zentralen Stellen wie dem weltweiten Hilfswerk-Dachverband Caritas internationalis sowie dem vatikanischen Staatssekretariat. Außer etwa 50 Angestellten wirken daran auch lokale Berichterstatter mit, die von den Ortskirchen beauftragt werden.
Die strukturelle und inhaltliche Neuaufstellung des vatikanischen Entwicklungsdikasteriums war laut Leitung "sehr zeitintensiv". Man habe unzählige Diskussionsrunden und die Hilfe professioneller Berater gebraucht, um ein neues Profil zu entwickeln, so Smerilli. Die Festlegung der Arbeitsabläufe und Zuständigkeiten sei aber weiter im Fluss.
Viele Veränderungen
Im Fluss scheint vieles. So ganz geht aus den Erklärungen des Leitungs-Duos nicht wirklich hervor, was genau die Arbeit der Behörde künftig seien wird und warum das präsentierte Ergebnis so viel Zeit und Beratung brauchte. Zumal mit der Kurienreform durch Franziskus auch eine neue Sozial- und Nothilfebehörde unter dem päpstlichen Almosenmeister, Kardinal Konrad Krajewski, entstanden ist. Die ist bereits aktiv, wenn auch oft abseits der Öffentlichkeit. Eine Präsentation seiner neuen Behörde steht noch aus, wenn sie denn kommt.
Andere Stellen, etwa die Seelsorge für reisende Gläubige, sind nicht mehr bei der Entwicklungsbehörde angedockt, sondern liegen nun in der Verantwortung der Behörde für Verkündigung. Ein Dikasterium, welches mit der Reform den Papst persönlich zum Leiter erhielt. Das aber faktisch wohl von zwei Pro-Präfekten geleitet wird, zuständig für die beiden Sektionen "grundlegende Fragen der Evangelisierung" sowie "Erstevangelisierung". Beide Personalien sind ausstehend.
Neue Leitung für Behörden für Kultur und Bildung
Klar ist nun, wer die Leitung der zusammengelegten Behörden für Kultur und Bildung übernimmt. Es ist wider Erwarten keine Frau, auch kein Laie - was mit der Kurienreform möglich wäre. Der portugiesische Kurienkardinal Jose Tolentino de Mendonca (56) ist immerhin ein vergleichsweise junger Leiter.
Somit ist auch klar, dass die beiden bisherigen Präfekten, Kardinal Gianfranco Ravasi (79) und Kardinal Giuseppe Versaldi (79) ihre Posten los sind. Und wie ein jüngster Tweet von Ravasi zeigte, Zeit haben für neue Aufgaben. Der Kardinal wollte von seinen Followern wissen, über welche Themen er verstärkt twittern sollte. Ein Mann des Wortes.
Wirtschaftssekretariat gestärkt
Auch andere wichtige Gremien, etwa die Kinderschutzkommission, sind nun wieder voll besetzt und arbeitsfähig. Mit 20 Mitgliedern - zehn Frauen, zehn Männer - und als Teil der Glaubenbehörde unter eigener Leitung soll die Kommission noch stärker als bisher den Kampf gegen Missbrauch vorantreiben.
Ebenfalls neu ist eine zentrale Personalie: Luis Herrera Tejedor. Der Name wird vermutlich nicht oft in den Medien erscheinen, spielt aber eine entscheidende Rolle. Als Direktor für "Human Resources" ist er für die Personalplanung und -auswahl zuständig. Tejedor ist dafür nicht im Staatssekretariat angesiedelt, sondern im Wirtschaftssekretariat. Eine Einheit, die mit der Reform deutlich gestärkt wurde. Denn auch in Wirtschafts- und Finanzfragen stehen die Zeichen seit geraumer Zeit auf Reform.