Memorial-Gründerin sieht Weltfrieden durch Russland bedroht

"Nur Sieg der Ukraine bringt Weltfrieden"

Die Mitgründerin der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial, Irina Scherbakowa, sieht durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine den Weltfrieden bedroht, sagte die Historikerin bei der "Rede zur Demokratie" in Leipzig.

Berlin: Ein Teilnehmer der Kundgebung gegen die drohende Auflösung der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial hält vor der russischen Botschaft ein Schild mit der Aufschrift "Wie are Memorial" hoch.  / © Monika Skolimowska (dpa)
Berlin: Ein Teilnehmer der Kundgebung gegen die drohende Auflösung der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial hält vor der russischen Botschaft ein Schild mit der Aufschrift "Wie are Memorial" hoch. / © Monika Skolimowska ( dpa )

"Ich bin überzeugt, dass dieser Krieg nur mit dem Sieg der Ukraine beendet werden kann. Nur das kann uns den Frieden geben", sagte die Historikerin am Sonntagabend in der Leipziger Nikolaikirche bei der traditionellen "Rede zur Demokratie" zum Leipziger Lichtfest im Gedenken an die Friedliche Revolution 1989. Memorial zählt zu den diesjährigen Trägern des Friedensnobelpreises. Scherbakowa verließ Russland mit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine und lebt nun im thüringischen Weimar. An der Universität Jena arbeitet sie als Gastprofessorin.

"Die Zeit für Versöhnung ist noch nicht" - das müsse man "auch mal in einer Kirche sagen", sagte sie im Beisein von Altbundespräsident Joachim Gauck und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Es sei schwer, derzeit über die Vergangenheit zu sprechen, wo "man doch täglich das Gefühl hat, in einer der schwierigsten Situationen der Welt zu sein". Zugleich sei es umso wichtiger, die Erinnerungen an die Gräueltaten der Vergangenheit wachzuhalten, "damit solche Verbrechen nicht mehr passieren". Der Kampf für Menschenrechte brauche Solidarität, sagte Scherbakowa unter stehendem Beifall.

Kritik an Querdenkern

Der leitende Geistliche der Nikolaikirche, Superintendent Sebastian Feydt, kritisierte scharf die "Querdenker", die montags demonstrieren: "Grundrechte werden nicht nur in Russland mit Füßen getreten, sondern auch vor der Tür dieser Kirche." Der öffentliche Raum dürfe nicht denen überlassen werden, "die glauben, das letzte Wort soll wieder aus Moskau kommen". Weiter sagte er, die Deutschen hätten zu lange der "systematischen Demontage der Demokratie" in Russland zugesehen.

Mit dem alljährlichen Lichtfest, das stets mit einem Friedensgebet in der Nikolaikirche beginnt, erinnert die Stadt Leipzig an die Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989. Damals demonstrierten über 70.000 Menschen den Leipziger Innenstadtring entlang friedlich gegen das SED-Regime. Das Ereignis gilt als entscheidender Schritt der Friedlichen Revolution, die im Mauerfall einen Monat später mündete.

Memorial

Memorial International wurde 1989 in Moskau unter anderen von Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow gegründet. Angegliedert sind etwa 80 regionale Organisationen auch außerhalb Russlands. Schwerpunkte sind die Aufarbeitung von Gewaltherrschaft und das Eintreten für Menschenrechte. 2021 lösten Behörden die russischen Einrichtungen auf und nannten als Grund eine Finanzierung durch ausländische Geldgeber. Andere Menschenrechtsorganisationen kritisierten die Entscheidung scharf und nannten Memorial International das "moralische Rückgrat der russischen Zivilgesellschaft". (KNA/07.10.2022)

Ein Unterstützer der Menschenrechtsgruppe Memorial, der eine Gesichtsmaske mit der Aufschrift Das Memorial kann nicht verboten werden trägt / © Alexander Zemlianichenko (dpa)
Ein Unterstützer der Menschenrechtsgruppe Memorial, der eine Gesichtsmaske mit der Aufschrift Das Memorial kann nicht verboten werden trägt / © Alexander Zemlianichenko ( dpa )
Quelle:
KNA