DOMRADIO.DE: Sie waren diese Woche in Rom, unter anderem bei Papst Franziskus. Welche Rolle hatte Ihr neues Buch dabei?
Cornelia Steinfeld (Grafikerin und Buchautorin): Ich war in Rom zu Gast und hatte mein Buch natürlich eingepackt, weil ich es dem Papst bei der Mittwochsaudienz überreichen wollte. Das Projekt ist mir einfach sehr wichtig und ans Herz gewachsen. Und deshalb wollte ich das auch einfach dem Papst schenken. Wir hatten auch super Plätze, aber leider waren wir dann doch ein Stückchen zu weit von ihm entfernt, sodass ich das nicht überreichen konnte. Aber ich habe trotzdem in Rom ganz tolle Begegnungen und Gespräche gehabt – im deutschen Pilgerzentrum und in der deutschen Kirche – und habe dann einfach die Bücher, die ich dabei hatte, dort verschenkt. Und jetzt können viele Menschen in das Buch reingucken, die Rom besuchen. Und das ist auch ein wunderbarer Ort und wer weiß, was sich dann daraus ergibt.
DOMRADIO.DE: Jetzt müssen Sie uns natürlich etwas über Ihr Buch und die Gestaltung erzählen. Sie haben die Illustration von über 40 Bibelgeschichten mit grafischen Symbolen gewählt. Können Sie das anhand eines Beispiels erklären?
Steinfeld: Ich habe über 40 Bibelstellen in geometrische Formen und wenige Farben umgewandelt. Wenn ich mal ein Bild rausgreife, dann würde ich die Geschichte von David und Goliath nehmen. Das muss man sich so vorstellen: Auf gelbem Grund sieht man links einen großen schwarzen Kreis und ihm gegenüber steht auf der rechten Seite ein kleiner weißer Kreis. Das war es auch schon mit der Bildbeschreibung.
Aber tatsächlich ist das eines der Bilder, das fast alle Menschen direkt erkennen. Anscheinend braucht es nicht mehr, um diese Geschichte, die natürlich auch sehr bekannt ist, zu verstehen.
DOMRADIO.DE: Wenn man nicht weiß, worum es geht, dann wird es mit dem Abstrakten oft sehr abstrakt... In der Bibel funktioniert es aber gut?
Steinfeld: Ja, auf jeden Fall. Natürlich muss der Kontext klar sein. Aber jeder, der das Buch in Händen hält und liest "Die Bibel in Form und Farben" weiß natürlich, worauf er sich einlässt. Wenn man das im Hinterkopf hat, dann sind viele Bilder in dem Buch wirklich direkt verständlich, weil es natürlich auch viele bekannte Geschichten illustriert. Ich habe aber auch darauf geachtet, dass Bibelstellen und Grafiken vorkommen, die man vielleicht nicht auf den ersten Blick erkennt, damit man sich auch mit Bibelstellen auseinandersetzt, die ein bisschen unbekannter sind. Dass man sich darauf einlässt und neue Erfahrungen machen kann.
DOMRADIO.DE: Welchen Mehrwert hat es, grafische Symbole zu nutzen im Vergleich zu dem, was man sonst kennt – zum Beispiel einer Chagall-Bibel?
Steinfeld: Es gibt ja auch Bibeln, die mit alten Gemälden arbeiten. Chagall ist eine jüngere Generation in der Malerei. Ich habe mir in Rom viele alte Gemälde anschauen dürfen, die Bibelszenerien darstellen. Und die kann man nicht auf einen schnellen Blick erfassen. Da braucht man teilweise auch Vorkenntnisse, um Allegorien zu entschlüsseln und muss sich da wirklich Zeit nehmen.
Bei Grafiken oder Infografiken ist es ganz anders. Da arbeitet man oft mit Symbolen und versucht, komplexe Situationen so zu vereinfachen, dass sie für jeden schnell erfassbar und verständlich sind. Ich denke, dass in dieser Reduziertheit eine große Chance liegt, sich auf das Wesentliche zu besinnen, innezuhalten und Dinge auf sich wirken zu lassen und sie dann auch vielleicht in einen neuen Kontext zu setzen. Bei dem Bild, was ich eben beschrieben habe, bei David und Goliath, kam so etwa auch der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland ins Gespräch.
DOMRADIO.DE: Wenn wir jetzt bei David und Goliath bleiben... Sie haben gesagt, die beiden grafischen Symbole haben unterschiedliche Farben. Welche Rolle spielen die Farben, die Sie ausgewählt haben?
Steinfeld: Tatsächlich glaube ich, spielen sie eine große Rolle. Als ich angefangen habe, das Buch zu gestalten, habe ich es erst ganz intuitiv gemacht. Ich habe sie dann nach zehn Testbildern Leuten gezeigt und selbst angefangen, die Bilder miteinander zu vergleichen. Und da habe ich gesehen, dass ich Farben wiederholt eingesetzt habe, zum Beispiel die Farbe Rot immer dann, wenn es große Emotionen zu veranschaulichen galt: zum Beispiel bei der Szene, wo Jesus die Händler aus dem Tempel vertreibt oder bei seiner Verurteilung. Bei Himmels- und Wasserdarstellungen natürlich die Farbe Blau.
Ich habe ansonsten noch grüne, braune und gelbe Töne im Buch verwendet und Schwarz und Weiß. Nachdem mir das klar war, wann ich was einsetze und warum ich das mache, habe ich es dann so verdichtet, dass es sich wirklich nur auf diese sieben Farbtöne reduziert hat.
DOMRADIO.DE: Jetzt sind neben den Illustrationen auch kleine Texte mit dabei. Von wem kommen die und worum geht es da?
Steinfeld: Ich bin seit zehn Jahren für die katholische Kirche freiberuflich tätig und bei mir auf dem Schreibtisch standen ganz viele unterschiedliche Projekte. Ich gestalte Faltblätter für katholische Kitas, theologische Magazine, Unterrichtsmaterial für Schüler, Sachen für die Erwachsenenbildung... Und ich finde das immer total spannend zu sehen, wie vielfältig die Kirche ist. Und ich wollte in meinem Buch auch dafür einen Platz schaffen, damit auch viele Leute, die ich aus diesen über zehn Jahren der Zusammenarbeit kennengelernt habe, einen Impuls geben können.
Deshalb gibt es neben den Bibeltexten, die im Buch vorhanden sind und meiner Grafik, zusätzlich zu jeden dieser Kombinationen auch noch Impulstexte, die ganz unterschiedlich sein können: Es gibt lyrische Texte in meinem Buch, es gibt Gebete, es gibt Beobachtungen aus dem Alltag oder Gedanken.
Das Interview führte Bernd Hamer.