DOMRADIO.DE: Unter dem Motto "Weil wir es können" halten rund 40 Laien dieser Tage in Gottesdiensten und Messfeiern die Predigt. Das erste Wochenende ist um und damit ist Halbzeit bei der Predigt-Aktion. Sie selbst haben in der Kirche Sankt Theodor in Köln-Vingst gepredigt. Wie haben Sie das erlebt?
Marianne Arndt (Kölner Gemeindereferentin): Das war nicht das erste mal, dass ich gepredigt habe. Ich mache das häufiger. Bis vor gut eineinhalb Jahren haben wir dazu gesagt: "Wir geben ein Glaubenszeugnis" oder "Wir machen eine Katechese". Vor einem Jahr habe ich schon einmal öffentlich im Rahmen der Junia-Aktion gepredigt, im Auftrag der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands.
Damals habe ich mich dazu entschieden auch zu sagen, dass ich predige, wenn ich predige, und zwar auch nach dem Evangelium. Damit verkünde ich Gottes Wort. Insofern fühle ich mich sehr wohl. Aber es ist ja auch nicht neu, weil ich das schon öfter gemacht habe und so Gott will, auch noch öfter tun werde.
Aber es war schon ein herausragender Moment, weil wir das sehr bewusst getan haben, als Gruppe und Gemeinschaft der Pastoral- und Gemeindereferenten und -referentinnen, die wir nicht geweiht sind, aber dennoch in die Gemeinden gesendet wurden. Wir sagen, wir wollen uns diese Möglichkeit der Wort-Verkündigung und der Ermutigung durch die Predigt in der Gemeinde nicht weiter nehmen lassen.
DOMRADIO.DE: Bislang dürfen in Messen nur Priester und Diakone predigen. Man kann argumentieren, dass die Theologie studiert und sich auch lange auf ihr Amt vorbereitet haben. Was empfinden Sie daran als ungerecht?
Arndt: Nicht jeder Diakon hat Theologie studiert. Er hat natürlich seine Ausbildung zum Diakon gemacht. Aber viele meiner Kollegen, die Pastoralreferenten, Pastoralreferentinnen sind, die haben das gleiche Studium absolviert wie ein Priester. Ich bin praktische Theologin und Diplom-Religionspädagogin. Ich habe auch sechs Semester Theologie studiert, Pastoraltheologie, Religionspädagogik. Ich habe auch ein umfassendes Studium absolviert, um dafür die Qualifikation zu haben.
DOMRADIO.DE: Die 40 Laien, die bei der Aktion mitmachen, haben auch eine Vorbildung. Gab es da denn jetzt schon Rückmeldungen von den Gemeinden, den Pastoral- und Gemeindereferenten und -Referentinnen, die mitgemacht haben?
Arndt: Vorab möchte ich es mal so sagen: Wir sind eigentlich keine Laien. Wir sind Profis in der Seelsorge und in der Pastoral, aber wir werden Laien genannt und damit auch bewusst klein gemacht. Ich glaube, an diesem Wort müssen wir etwas ändern. Wir haben schon Rückmeldungen bekommen. Bisher war alles positiv, was ich von Kollegen und Kolleginnen gehört habe. Mit großer Freude erwarten wir auch das nächste Wochenende. Dann schauen wir weiter, wie wir den Weg weitergehen können.
DOMRADIO.DE: Gab es denn auch Kritik von den Gemeindemitgliedern?
Arndt: Ich habe keine kritischen Stimmen gehört. Ich habe Leute im Gottesdienst wahrgenommen, die extra gekommen sind wegen dieser Aktion, um uns Mut zu machen. Ich habe auch im Vorhinein von Sorgen von Kollegen und Kolleginnen gehört, die gesagt haben: "Ich traue mich nicht, mir ist das zu gefährlich".
Ich kam mit einem ins Gespräch. Der war da um uns zu unterstützen, er hat sich bedankt und gesagt, dass er selber Ehrenämtler sei. In den Gemeinden habe er versucht Priester zu finden, die bei dieser Aktion mitmachen. Er sei überrascht gewesen, hat er erzählt, wie wenige Priester dafür offen gewesen sind.
Wir sind ja immer noch in der Abhängigkeit. Wenn ein Priester, der die Messe zelebriert, sagt "Ich möchte nicht, dass du predigst in diesem öffentlichen Kontext" dann können wir das nicht einfach ignorieren, dann können wir nicht predigen. Da sehen wir wieder, was Macht bedeutet. Und da erleben wir auch wieder Machtmissbrauch.
DOMRADIO.DE: Was unterscheidet denn Predigten nicht-geweihter Personen von denen, die ein Priester oder ein Bischof hält? Gibt es da überhaupt Unterschiede?
Arndt: Das würde ich nicht sagen. Natürlich predigt jeder aus dem Kontext seines Lebens und Erfahrungsspektrums heraus. Wenn wir als Theologen, die eine eigene Familie im Hintergrund haben, haben wir natürlich einen anderen Lebenskontext.
Ansonsten hängt das natürlich von der Qualität der Predigt ab. Wie haben wir gelernt zu sprechen? Wie haben wir gelernt, theologisch zu reflektieren und das den Menschen weiterzugeben? Für mich gibt es durch die Salbung oder die Weihe keinen Unterschied. Wir sind genauso berufen Gottes Wort in die Welt zu tragen.
DOMRADIO.DE: Am kommenden Wochenende ergreifen auch wieder Frauen und Männer in Messfeiern das Wort um zu predigen. Was erhoffen Sie sich insgesamt von der Aktion?
Arndt: Parallel zu uns haben das auch Leute in Osnabrück und in Limburg getan. Das kommt mehr und mehr in den Bistümern an. In der Synodalversammlung in diesem Oktober, waren 90 Prozent für eine Öffnung der Predigt-Ordnung. Ich erhoffe mir, dass das jetzt zügig geht und es legitim wird, dass wir predigen, so dass wir nicht im pastoralen Ungehorsam weiter leben und handeln müssen.
Das Interview führte Elena Hong.