Münchner Erzbistum hatte früh Hinweise auf Missbrauch

Erste Notiz aus dem Jahr 1969

Im Fall des mit schweren Missbrauchsvorwürfen belasteten Priesters aus dem Bistum Eichstätt hatte das Erzbistum München und Freising frühzeitig entsprechende Hinweise. Er hatte in den 60er Jahren mehrere Frauen missbraucht.

Dom zu Eichstätt / © manfredxy  (shutterstock)

Der Priester habe sich dort 1969 um eine Stelle bemüht, teilte die Münchner Erzdiözese am Donnerstag mit. Einer Notiz von Februar 1969 zufolge habe der Eichstätter Generalvikar in einem Telefonat betont, der Priester dürfe auf keinen Fall mit Religionsstunden in einer Mädchenschule oder Schule mit gemischten Klassen eingesetzt werden.

Jurist Rixen kritisiert Missbrauchs-Aufarbeitung in der Kirche

Der Kölner Juraprofessor Stephan Rixen hält die Vereinbarung zwischen Deutscher Bischofskonferenz und Bundesregierung zur Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche für falsch. Der Rechtsstaat akzeptiere "bedenkenlos die quasi-autokratische Binnenstruktur der katholischen Kirche. Gewaltenteilung ist hier ein Fremdwort", schreibt Rixen im "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwoch). Er ist vom Land NRW als Mitglied der Unabhängigen Aufarbeitungskommission für das Erzbistum Köln benannt worden.

Missbrauchsopfer bei einem Gottesdienst in Bayern / © Nicolas Armer (dpa)
Missbrauchsopfer bei einem Gottesdienst in Bayern / © Nicolas Armer ( dpa )

Im März 1969 habe der Eichstätter Generalvikar schließlich mitgeteilt, dass gegen den Priester eine Anzeige des Vaters eines Schulkindes vorliege und daher ein möglicher Einsatz in der Erzdiözese überholt sei, so das Münchner Erzbistum weiter. Nicht bekannt sei, inwieweit dieses Wissen bei Entscheidungen viele Jahre später präsent gewesen sei.

Es geht um einen Priester, der in den 1960er Jahren in mehreren Pfarreien in der Oberpfalz, in Schwaben und im nördlichen Oberbayern Mädchen und junge Frauen missbraucht haben soll. Der Priester starb 2016.

Vertuschung bestätigt

Am Montag bestätigte der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke in einem Schreiben, dass unter seinem Vorgänger Alois Brems die mutmaßlichen Taten vertuscht worden seien. Zudem habe die damalige Bistumsleitung "aktiv dazu beigetragen, dass sich der Täter schließlich durch Flucht ins Ausland dem Haftbefehl der Justiz entziehen konnte".

Zunächst war der Priester als Missionar nach Afrika geflüchtet, ab 1973 ging er nach Brasilien. Das geht aus einer Untersuchung der Kölner Rechtsanwältin Bettina Janssen hervor, die sich im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz mit deutschen Priestern im Ausland beschäftigt hat. In Brasilien habe er unter einem abgeänderten Namen gelebt, bis die Vorwürfe verjährt gewesen seien. Die Bistumsleitung habe die staatlichen Behörden nicht informiert und zur Tarnung des Mannes beigetragen.

1984 kehrte der Priester nach Deutschland zurück, aber nicht in sein Heimatbistum, sondern zuerst für zwei Jahre ins Erzbistum München-Freising, das ihn mit der Seelsorge in der Pfarrei Garching an der Alz beauftragte.

Verantwortliche waren informiert

Aus München hieß es nun weiter, man habe durch ein Schreiben des Eichstätter Generalvikars von Juli 1984 erfahren, "dass am 3. April 1969 durch das Amtsgericht Neuburg ein Haftbefehl gegen den Priester erlassen worden war und dass das Ermittlungsverfahren am 29. Dezember 1976 durch die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Augsburg wegen Verfolgungsverjährung eingestellt wurde". Das Schreiben sei unter anderen an den Münchner Kardinal Friedrich Wetter gegangen.

Am 24. Juli 1984 habe die Münchner Ordinariatssitzung entschieden, den Priester ab Oktober als Pfarradministrator in Garching/Alz anzuweisen. Dort war ab 1987 auch der verurteilte Missbrauchstäter H. als Priester im Einsatz. Das Münchner Erzbistum steht nach eigenen Angaben in engem Austausch mit der Garchinger Pfarrei.

Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft Ingolstadt vom Bistum Eichstätt erneut Unterlagen zu dem Fall angefordert. Sie bestätigte eine entsprechende Meldung der Mediengruppe Bayern vom Donnerstag. Neben bereits 2018 übersandten Personalakten des Bistums will man demnach nun auch andere Akten prüfen. "Im Fokus steht dabei insbesondere auch die Frage, ob sich weitere Betroffene gemeldet haben beziehungsweise sich auf die Aufrufe in den vergangenen Tagen noch melden."

Quelle:
KNA