Es dürfe nicht sein, dass die künstliche Beatmung eines Patienten kurzfristig zugunsten eines anderen mit besserer Überlebenschance abgebrochen werden könne, erklärte Luise Schulze-Jansen von der Caritas-Behindertenhilfe am Mittwoch.
Während Ärzteverbände die sogenannte Ex-Post-Triage per Gesetz fordern, lehnen die Wohlfahrts- und Sozialverbände sie strikt ab. "Es ist damit zu rechnen, dass dann gerade Menschen mit Behinderung und Vorerkrankungen bei der lebensrettenden Behandlung benachteiligt würden", sagte Schulze-Jansen.
Parteien sollen abstimmen
Nach einer Klage hatte das Bundesverfassungsgericht im Dezember 2021 den Gesetzgeber dazu aufgefordert, wirksame Vorkehrungen zu treffen, damit Behinderte bei knappen medizinischen Ressourcen im Falle einer Pandemie nicht benachteiligt werden. Über einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung sollen die Parteien im Bundestag nun abstimmen.
Der sieht vor, dass in Fällen der Knappheit durch eine übertragbare Krankheit die Zuteilung medizinischer Ressourcen etwa im Krankenhaus nur aufgrund der aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit getroffen werden darf. Eine Benachteiligung wegen Behinderung, Alter, Geschlecht oder Herkunft soll ausdrücklich ausgeschlossen werden.
"Nachteile für die Schwächsten"
"Natürlich versuchten alle Beteiligten in der Medizin eine solche dramatische Mangelsituation zu verhindern", räumte Johannes Kudera, Geschäftsführer des Diözesanen Ethikrates im Caritasverband Paderborn, ein. Das Gesetz solle für eine solche Extremsituation Rechtssicherheit bieten. "Und da befürchten wir aufgrund der auf dem Tisch liegenden Vorschläge gravierende Nachteile gerade für die Schwächsten in der Gesellschaft", kritisierte Kudera.
Es sei diskriminierend, wenn bei knappen Behandlungsmöglichkeiten nur dem vermeintlich Stärkeren eine Überlebenschance gegeben werde. Der Diözesan-Caritasverband Paderborn ist einer von fünf Spitzenverbänden der Caritas innerhalb der Freien Wohlfahrtspflege Nordrhein-Westfalens.