Das erklärte die Referentin für Gendermainstreaming und Diversity bei Misereor, Barbara Schirmel, am Freitag in Aachen. Die reine Fokussierung auf die Unterstützung von Frauen könne auch Schaden anrichten.
Als Beispiel nannte Schirmel Maßnahmen, die ein Einkommen und damit Unabhängigkeit für Frauen ermöglichen sollten: Dies könne zu Konflikten in Paarbeziehungen führen. "Es kommt oft zu Gewalt, wenn ein Mann der ihm von der Gesellschaft typischerweise zugeschriebenen Rolle als Ernährer und Oberhaupt der Familie nicht mehr gerecht werden kann."
An neuen Rollenbildern und Denkmustern arbeiten
Zudem würden patriarchale Strukturen auch von Frauen und ihren Rollenmustern begünstigt, sagte die Expertin. Dies gelte insbesondere in Ländern, deren weibliche Bevölkerung einen eher geringen Bildungsstand habe. "Insofern müssen Männer und Frauen an neuen Rollenbildern und Denkmustern arbeiten - auch wenn es um Gewalt geht."
Konkrete Schritte wie die Umgestaltung von Wohnraum könnten bereits Änderungen bewirken: "Sexualisierte Gewalt an Kindern wird erleichtert, wenn alle Familienmitglieder, inklusive vielleicht auch Onkel oder Cousins, in einem Raum schlafen. Dem kann man entgegenwirken."
Besserer Schutz für geflüchtete Frauen gefordert
Schirmel äußerte sich zum Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt an Frauen. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl forderte aus diesem Anlass einen besseren Schutz für geflüchtete Frauen. Sie müssten in sicheren Wohnungen untergebracht werden, bräuchten "geschlechtersensible Asylverfahren" und gegebenenfalls medizinische und psychosoziale Unterstützung. Deutschland müsse in diesem Bereich "deutlich mehr tun", mahnte Pro-Asyl-Referentin Andrea Kothen.
In vielen Herkunftsländern sei Gewalt gegen Frauen "alltägliche Praxis", so Pro Asyl. Dazu gehörten Zwangsverheiratungen, drohende Tötung aufgrund des Geschlechts, Genitalverstümmelung, häusliche Gewalt, Zwangsprostitution und Menschenhandel. Systematische Vergewaltigungen seien zudem häufig ein Teil von Kriegsstrategien.
Auch wohnungslose Frauen werden nach Einschätzung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe zu wenig beachtet. Rund 80 Prozent von ihnen seien von Gewalt betroffen, hieß es.