Projektleiter erklärt neue Gliederung im Erzbistum Köln

"Es geht nicht um Einheitlichkeit, sondern um Vielfalt"

Im Erzbistum Köln werden aus 177 Seelsorgebereichen 65 Pastorale Einheiten. Markus Bosbach ist für diesen Prozess hauptverantwortlich. Er erläutert, wie es zu der neuen Landkarte gekommen ist und wie es jetzt weitergehen soll.

Blick auf den Kölner Dom / © Guenter Albers (shutterstock)
Blick auf den Kölner Dom / © Guenter Albers ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie haben die intensiven Beratungen ausgesehen und wer war daran beteiligt?

Domkapitular Markus Bosbach / © Tomasetti (DR)
Domkapitular Markus Bosbach / © Tomasetti ( DR )

Msgr. Markus Bosbach (Hauptabteilung Entwicklung Pastorale Einheiten): Im Idealfall sollten vor allen Dingen vor Ort in den heutigen Seelsorgebereichen die Gremien beteiligt worden sein. Die Verantwortung dafür lag in der Tat vor Ort. Wir können das nicht zentral kontrollieren, ob das überall auch wirklich so gemacht worden ist. Aber die überwiegende Zahl der Rückmeldungen aus den Dekanaten sagt uns doch, dass das gelungen ist und Menschen haben sich vor Ort mit der neuen geografischen Aufteilung des Erzbistums beschäftigt.

DOMRADIO.DE: Man hat das Ganze vor Ort besprochen und dann rückgemeldet, wie man sich das von vor Ort aus vorstellen könnte?

Bosbach: Wir haben einen zentralen Vorschlag gemacht. Das war der Wunsch und die Empfehlung des Diözesanpastoralrates, jetzt nicht ganz voraussetzungsfrei in diese Gespräche zu gehen. In einigen Fällen sind sinnvolle andere Vorschläge gemacht worden. Denen ist dann auch der Erzbischof gefolgt, das hat er auch vorab schon so zugesagt.

DOMRADIO.DE: Jetzt liegen diese geografischen Zuschnitte der künftigen Pastoralen Einheiten vor. In den allermeisten Fällen folgt dieser Plan auch den Voten aus den Seelsorgebereichen, so heißt es. Was für Gründe gab es denn in den Fällen, wo den Voten der Basis nicht gefolgt wurde?

Bosbach: Einige Fälle sind noch offen, wo die Voten anders waren. Da führen wir jetzt noch weitere Gespräche um zu gucken, ob es noch vermittelnde Linien gibt, ob wir da eine gute Entscheidung hinkriegen, die auch vor Ort gut mitgetragen wird. In anderen Fällen waren die Voten offiziell so, dass man gar kein Votum abgegeben hat.

In dem Fall haben wir natürlich auch noch mal versucht, an Informationen zu kommen. Oft war es so dann, dass man es schon als sinnvoll einsieht, dass mit denen oder anderen zusammen jetzt zukünftig eine solche Einheit gebildet wird, aber dass man grundsätzlich lieber sowieso alles anders haben will.

Msgr. Markus Bosbach, Hauptabteilung Entwicklung Pastorale Einheiten

"Das ist ja eine Gestaltungsaufgabe, die jetzt vor allen Dingen noch vor uns liegt. Die wird noch viel intensiver und spannender als jetzt so ein Grenzfindungsprozess."

In den Fällen haben wir dann gesagt, dass wir das dann auch als Enthaltung werten müssen, sonst kommen wir ja gar nicht zu einem Ergebnis. Wichtig ist, in dem Zusammenhang noch einmal zu sagen, dass ich schon sehr wohl wahrnehme, dass vor Ort viel mehr Interesse an der Frage ist, wie denn zukünftig das innere Leben dieser Einheit aussieht, als an der Frage, wie die äußeren Grenzen sind. Das ist ja eine Gestaltungsaufgabe, die jetzt vor allen Dingen noch vor uns liegt. Die wird noch viel intensiver und spannender als jetzt so ein Grenzfindungsprozess.

Kartenausschnitt des Erzbistums Köln (Erzbistum Köln)

DOMRADIO.DE: Es gibt also schon noch die Befürchtungen, dass vielleicht Menschen nicht mehr gut betreut und beseelsorgt werden können?

Bosbach: Die Sorge ist zum einen da, aber ich glaube, noch stärker ist die Sorge, die sich mit diesem Begriff "Pastorale Einheit" verbindet. Der ist ja ein bisschen unglücklich, weil Einheit sehr schnell nach Einheitlichkeit klingt. Gerade das will im Erzbistum Köln eigentlich keiner, dass zukünftig alles über einen Kamm geschoren wird, sondern das seelsorgliche Leben, das kirchliche Leben vor Ort kann durchaus an dem einen Ort ganz anders aussehen als an dem anderen.

Msgr. Markus Bosbach, Hauptabteilung Entwicklung Pastorale Einheiten

"An den einzelnen Orten wird es vielfältige Formen der Leitung geben, auch vielfältige Formen, wie sich kirchliches Engagement verwirklicht."

Die Pastorale Einheit will eigentlich nur einen großen Planungsrahmen darüber setzen. Natürlich soll dort zukünftig auch der Pfarrer, der dann die Letztverantwortung in der Leitung hat, auch die Leitung dieser Einheit übernehmen. Aber an den einzelnen Orten wird es vielfältige Formen der Leitung geben, auch vielfältige Formen, wie sich kirchliches Engagement verwirklicht. Da geht es nicht um Einheitlichkeit, sondern um Vielfalt in einer Pastoralen Einheit.

Erzbistum Köln

Das Erzbistum Köln zählt zu den bedeutendsten Diözesen in Deutschland. Mit rund 1,9 Millionen Katholiken hat es die meisten Mitglieder, gefolgt von Münster, Freiburg und Rottenburg-Stuttgart (je rund 1,8 Millionen). Das Vermögen liegt bei rund 3,8 Milliarden Euro. Damit liegt Köln auf Platz drei hinter Paderborn (7,15 Milliarden Euro) und München-Freising (6,1 Milliarden Euro).

Blick auf den Kölner Dom / © saiko3p (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Haben Sie versucht, einen anderen Begriff zu finden?

Bosbach: Ja, ich war mehr für den Begriff "Pastoraler Raum". Aber am Ende einigt man sich auf einen Begriff. Die Begriffe sind immer Schall und Rauch. Wichtig ist das Leben, das in ihnen in der Vielfalt dann gestaltet werden soll. Da brauchen wir zukünftig engagierte Frauen und Männer, die auch zusammen mit den hauptberuflichen pastoralen Diensten diesen Weg jetzt mutig angehen, sicherlich unter insgesamt sehr schwierigen Rahmenbedingungen: rückgehende kirchliche Aktivität, rückgängige Finanzkraft, Rückgang der Zahl der hauptberuflichen pastoralen Dienste und natürlich noch auch eine veritable Krise.

Da hoffen wir, dass trotzdem Menschen jetzt mit Mut diese Gestaltungsaufgaben angehen und ihrem Ort, ihrer konkreten Kirche, wo sie sich engagieren, auch weiter zum Leben verhelfen.

DOMRADIO.DE: Die Errichtung dieser neuen Pastoralen Einheiten soll zum 1. September nächsten Jahres erfolgen. Was ist Ihre Erwartung an die betroffenen Gemeinden in diesem Dreivierteljahr, was da passieren soll?

Bosbach: Ich hoffe, erst mal Gelassenheit. Ich erlebe viel, dass Menschen denken, dass im nächsten Jahr irgendwie alles von links nach rechts gezogen wird. Das ist überhaupt nicht so, sondern jede Pastorale Einheit hat im Moment einen ganz unterschiedlichen Entwicklungsstatus. Manche haben schon heute einen Pfarrer, bei manchen sind noch drei oder vier Pfarrer.

Deshalb wird jetzt auch die Geschwindigkeit unterschiedlich sein. Die einen werden sich erst einmal kennenlernen müssen, überhaupt einmal vorsichtig Kontakte zum Nachbar-Seelsorgebereich knüpfen müssen. In anderen Fällen gibt es schon wunderbar etablierte Formen der Zusammenarbeit, die wir gerne auch stärken und weiterentwickeln wollen.

Msgr. Markus Bosbach, Hauptabteilung Entwicklung Pastorale Einheiten

"Es geht jetzt mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten weiter, weil die Situationen in den 65 Einheiten heute auch sehr unterschiedlich sind."

Von daher ist meine ganz wichtige Botschaft: Es geht jetzt mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten weiter, weil die Situationen in den 65 Einheiten heute auch sehr unterschiedlich sind. Dem wollen wir dann Rechnung tragen.

DOMRADIO.DE: Mit diesem Prozess #ZusammenFinden möchte das Erzbistum Köln für die nächsten Jahrzehnte gut aufgestellt sein. Wird das wohl sein oder erwarten Sie, dass man in zehn Jahren nachfusionieren muss?

Bosbach: Das weiß ich nicht. Im Moment ist ja doch die kirchliche Entwicklung mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit unterwegs, auch sicherlich das, was so im Moment an Zusammen- und Wegbrüchen da ist. Ich glaube, dass wir vielleicht dann zukünftige Schritte gelassener gehen können, wenn die jetzigen gut gelingen.

Die werden gelingen, wenn vor Ort das pastorale Leben gestärkt und nicht vereinheitlicht wird. Dann hat auch eine Gemeinde keine Sorge, wenn sie sich vielleicht in zehn Jahren noch einmal wieder anders findet, dann in einem anderen Raum. Das ist zumindest die Erfahrung, die ich aus anderen Bistümern mitgenommen habe, die schon länger auch in solchen Prozessen unterwegs sind.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Quelle:
DR