Kölner Weihbischof Puff wünscht sich Konzil

"Entscheidungen, die Klarheit schaffen"

Vor drei Jahren begann der Synodale Weg. Dort versucht die katholische Kirche in Deutschland, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Weihbischof Ansgar Puff zieht ein Zwischenfazit und hofft auf Entscheidungen auf Weltkirchenebene.

Weihbischof Ansgar Puff im Gespräch bei der vierten Synodalversammlung / © Max von Lachner (SW)
Weihbischof Ansgar Puff im Gespräch bei der vierten Synodalversammlung / © Max von Lachner ( SW )

DOMRADIO.DE: Wenn Sie auf die vergangenen drei Jahre des Synodalen Weges zurückblicken, wie ist Ihr Eindruck oder Ihr Zwischenfazit?

Weihbischof Ansgar Puff (Erzbistum Köln): Ich halte es für absolut wichtig, ja für notwendig, dass wir über strittige Themen miteinander ins Gespräch kommen; innerhalb der Kirche und auch mit Leuten, die schon außerhalb der Kirche stehen. Das ist ganz wichtig.

Demonstration während der Frühjahrsvollversammlung der DBK in Lingen / © Friso Gentsch (dpa)
Demonstration während der Frühjahrsvollversammlung der DBK in Lingen / © Friso Gentsch ( dpa )

Als vor drei Jahren in Lingen damals der Synodale Weg beschlossen wurde, da hatte ich allerdings für eine andere Form des Gesprächs votiert.

Ich hatte damals vorgeschlagen, ein Partikularkonzil zu halten. Das hätte die Gesprächsmöglichkeit genauso eröffnet, hätte aber auch Befugnisse für bestimmte Entscheidungen gegeben.

Das wurde damals von der Mehrheit der Bischöfe leider abgelehnt, weil man dann die Themen vorher mit Rom hätte absprechen müssen. Das wollte man nicht. Ich frage mich natürlich heute, ob das nicht doch klüger gewesen wäre.

Weihbischof Ansgar Puff

"Ich empfinde das, was wir beim Synodalen Weg zurzeit tun, eher als die Arbeit eines Parlamentes denn eine Form von Synodalität."

Also noch einmal: Ich halte es für sehr wichtig, in Dialog und Gespräch zu kommen. Aber ich empfinde das, was wir beim Synodalen Weg zurzeit tun, eher als die Arbeit eines Parlamentes denn eine Form von Synodalität.

DOMRADIO.DE: Nach dem Ad-Limina-Besuch der deutschen Bischöfe in Rom könnte man aber den Eindruck gewinnen, wenn man das vorher versucht hätte, mit Rom die Themen abzusprechen, wären möglicherweise einige der jetzt besprochenen gar nicht erst auf die Tagesordnung gekommen.

 Ad-limina-Besuch deutscher Bischöfe
 / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Ad-limina-Besuch deutscher Bischöfe / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Puff: Das glaube ich nicht. Ich glaube, dass die Römer schon damals, wenn man es so gemacht hätte, gesagt hätten: Ja, das sind wichtige Themen, sprecht darüber. Ich glaube, man hätte aber vermieden, dass es eine solche Konfrontation gibt.

Man hätte vielleicht schon früher das getan, was jetzt hoffentlich kommt, dass man zwischen deutscher Kirche und der römischen Zentrale, wenn ich das so sagen darf, wirklich in ein tieferes Gespräch kommt.

DOMRADIO.DE: Sie haben auf einer der Synodalversammlungen dafür votiert, nicht über ganze Antragslisten, sondern über jeden einzelnen Antrag abzustimmen. Stehen Sie nach wie vor noch zu dieser Aussage?

Puff: Wir haben bei den Synodalversammlungen sogenannte Grundlagentexte zur Abstimmung stehen. Der Grundlagentext, gegen den ich dann auch gestimmt habe, war der zur Sexualmoral. Da waren zehn Grundlinien definiert und einige von den Grundlinien finde ich super vernünftig und da kann ich voll und ganz dahinterstehen. Andere sehe ich kritisch und bei einigen kann ich gar nicht dahinterstehen.

Hätte es die Möglichkeit gegeben, Grundlinie für Grundlinie, also Abschnitt für Abschnitt abzustimmen, dann hätte es ein ganz differenziertes Bild gegeben und dann hätte man noch ein bisschen nachjustieren können. Ich hatte diesen Vorschlag schon vor einer Synodalversammlung früher gemacht und da war das mit Blick auf die Satzung und auf die Geschäftsordnung abgelehnt worden.

Weihbischof Ansgar Puff

"Ich würde mir nach wie vor wünschen, man könnte über die Texte nicht als ganze, sondern in Abschnitten abstimmen."

Ich bedauere das sehr. Ich würde mir nach wie vor wünschen, man könnte über die Texte nicht als ganze, sondern in Abschnitten abstimmen.

Synodaler Weg

Der Begriff "Synodaler Weg" verweist auf das griechische Wort Synode. Es bedeutet wörtlich "Weggemeinschaft"; im kirchlichen Sprachgebrauch bezeichnet Synode eine Versammlung von Bischöfen oder von Geistlichen und Laien.

Der Reformdialog Synodaler Weg dauerte von Ende 2019 bis Frühjahr 2023. Dabei berieten die deutschen katholischen Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zusammen mit weiteren Delegierten über die Zukunft kirchlichen Lebens in Deutschland.

Das gelochte Metallkreuz und Teile des Schriftzugs Synodaler Weg  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Das gelochte Metallkreuz und Teile des Schriftzugs Synodaler Weg / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie haben Sie die einzelnen Debatten in den Synodalversammlungen erlebt? War es trotz der Heftigkeit mancher Debatten dennoch fair oder gab es auch richtige Foulspiele?

Puff: Ich empfinde die Debatten immer als eher anstrengend und als angespannt. Mein Eindruck ist, dass sich das dann im Laufe der Zeit auch verbessert, weil man sich dann besser kennt, sich besser einschätzen kann.

Aber es ist schon immer eine sehr hohe Emotionalität bei den Abstimmungen dabei und mir kommt vieles bei den Abstimmungen vor wie so eine Art Lobbyarbeit. Ich würde mir sehr viel mehr Gespräch untereinander wünschen.

Wie gesagt, wenn man Papiere abstimmen will, geht es vielleicht gar nicht anders. Aber das ist eine Form von Parlamentarismus. Ich persönlich habe eigentlich ein anderes Verständnis von Synodalität.

DOMRADIO.DE: Aber haben Sie denn bei den Begegnungen auf Ihren Reisen durch das Erzbistum Köln nicht auch den Eindruck, dass das, was die Mehrheit beim Synodalen Weg einfordert, auch das widerspiegelt, was in den Gemeinden gedacht und erzählt wird?

Puff: Das würde ich sehr differenziert sehen. Das kommt sehr auf die Themen an und es kommt sehr darauf an, mit wem man spricht.

Bei der jüngeren Generation ist mein persönlicher Eindruck, dass viele diese Themen längst innerlich abgehakt haben. Das interessiert die gar nicht mehr, die sagen: Hallo, ihr unterhaltet euch immer noch über Sex?

Ihr unterhaltet Euch immer noch über die Frage, ob Priester ehelos leben müssen? Ob ja oder nein, das interessiert uns gar nicht mehr.

Weihbischof Ansgar Puff

"Bei der jüngeren Generation habe ich den Eindruck, dass die schon wieder ein ganz anderes Thema interessieren würde, nämlich ob es tatsächlich diesen Gott gibt."

Bei der jüngeren Generation habe ich den Eindruck, dass die schon wieder ein ganz anderes Thema interessieren würde, nämlich ob es tatsächlich diesen Gott gibt. Kann man den treffen? Macht doch mal euer Kerngeschäft! Das scheint mir bei der jungen Generation eher das Thema zu sein.

DOMRADIO.DE: Wie wird es jetzt nach den Begegnungen im Rahmen des Ad-Limina-Besuchs und den Aussagen von Papst Franziskus über den Zugang von Frauen zu den Weiheämtern mit dem Synodalen Weg weitergehen?

Puff: Der Synodale Weg ist mit der Sitzung im kommenden Frühjahr noch nicht zu Ende. Das gab auch so eine kleine Flunkerei da in Rom, als das Moratorium zur Sprache kam. So nach dem Motto: Lasst uns doch noch diese Versammlung machen, dann ist er ja vorbei. Nein, er ist ja nicht vorbei.

Wir haben beschlossen, dass wir dann einen Synodalen Ausschuss gründen, dass es dann einen Synodalen Rat geben soll und dass die Papiere, über die vorher nicht mehr abgestimmt werden konnte, dann in diesen Gremien weiter beraten werden.

Also zu sagen, dass der Synodale Weg dann einen Abschluss gefunden hat, stimmt meiner Meinung nach nicht. Natürlich ist es gut, die Dinge, die wir jetzt da diskutieren, auch dann in die Weltsynode einzubringen. Ich persönlich bin sehr gespannt, wie die Situation der Weltsynode werden wird.

Die Hoffnung, die ich habe oder meine Perspektive, die wäre eigentlich, dass wir am Ende des synodalen Prozesses auf Weltebene, also wenn 2024 die Weltsynode getagt hat, dass wir dann eine Fortsetzung brauchen in Form eines neuen Konzils.

Weihbischof Ansgar Puff

"Ich glaube, dass wir auf Dauer zu Entscheidungen kommen müssen und dass die Entscheidungen nur ein Konzil treffen kann."

Ich glaube, dass wir auf Dauer zu Entscheidungen kommen müssen und dass die Entscheidungen nur ein Konzil treffen kann. Das würde ich mir jedenfalls sehr wünschen. Da könnten Entscheidungen fallen, die dann Klarheit schaffen.

Das Interview führte Jan Hendrik Stens.

Quelle:
DR