Missionsärztliches Institut feiert 100-jähriges Bestehen

"Das war für mich ein Wunder"

Seit 100 Jahren bildet das "Missionsärztliche Institut" Ärzte und Schwestern aus, um den Ländern des globalen Südens eine bessere Gesundheitsvorsorge zu ermöglichen. Seitdem hat sich viel verändert, vor allem für das Personal.

Eine Frau zieht ihre medizinischen Handschuhe aus / © Shchus (shutterstock)
Eine Frau zieht ihre medizinischen Handschuhe aus / © Shchus ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie war der Start vor 100 Jahren?

Michael Kuhnert (Geschäftsführer von MedMissio): Er war schwierig. Vor 100 Jahren hatte Pater Christoph Becker das Missionsärtzliche Institut gegründet, aus dem einfachen Grund heraus, dass er die gesundheitliche Versorgung in den damals sogenannten Missionsländern verbessern wollte.

Er hat sich in den Jahren davor dort umgetan, hat auch Kontakt gehabt mit der evangelischen Kirche, die 1908 schon ein Institut gegründet hatten zur Verbesserung der Gesundheitsfürsorge. Und dann hat er darauf gedrängt auch unsere Missionare und Missionarinnen zu befähigen, bessere Gesundheitsdienste anzubieten. Sie müssen sich auch selbst besser gesundheitlich schützen können.

Dann ist nach diesem ganzen Vorlauf im Dezember 1922 das Institut gegründet worden. Die Gründung war holpriger. Im Oktober 1922 hatten die Missionsprokuren beschlossen, wir gründen das Institut möglichst noch in diesem Jahr. Aber eine Woche später haben sie die Finanzierung zurückgezogen, was verständlich war, denn 1922 hat man eine der höchsten Inflation gehabt. 1923 war das Jahr mit der Hyperinflation.

Genau in dieser Zeit gab es diese Sorge. Können wir das überhaupt finanziell stemmen? Trotz alledem hat sich Christoph Becker durchgesetzt. Er hat dann im November noch mal eine Sitzung mit den Missionsprokuratoren gemacht und da gab es dann das Okay. Dann wurde in ganz kurzer Zeit das Gründungsfest vorbereitet.

DOMRADIO.DE: Welche Aufgaben erwarteten die Ärzte und Ärztinnen bei ihrem Einsatz in Afrika, in China oder auch in Indien?

Kuhnert: Eine Fülle von Aufgaben. Letzten Endes sind die fast ins Nichts ausgereist. Die wurden gut vorbereitet, vom Missionsärztlichen Institut, dann sind sie mit Missionseid raus. Sie mussten sich verpflichten zehn Jahre One-Way loszufahren, also zehn Jahre vor Ort zu bleiben und haben dann geschaut, was zu machen ist.

Sie haben dann kleine Gesundheitsposten und Gesundheitsstationen gegründet. Manchmal gab es schon so eine rudimentäre Gesundheitssituation vor Ort und dann haben sie geschaut, welche Krankheitsfälle, welche Krankheitsbilder sind vor Ort?

Teilnehmer eines Kurses über Malaria und andere Blutparasiten arbeiten mit Blutproben im Labor von medmissio / © Katharina Gebauer (KNA)
Teilnehmer eines Kurses über Malaria und andere Blutparasiten arbeiten mit Blutproben im Labor von medmissio / © Katharina Gebauer ( KNA )

Die Armen sind ihnen die Bude eingelaufen, das muss man so sagen. Und dann versuchten sie die Ortskräfte  zu schulen und Schritt für Schritt, mit der finanziellen Unterstützung der Missionsordnung der Kirche, eine Art Gesundheitssystem aufzubauen. Diese Krankenhäuser sind zum Teil heute noch präsent und funktionieren heute noch und werden zum Teil auch von unseren Instituten noch mitversorgt oder begleitet.

DOMRADIO.DE: Wir gehen mal weiter im zeitlichen Verlauf während des Zweiten Weltkriegs, da ruhte die Arbeit des Instituts. Wie hat sich danach die Arbeit verändert?

Kuhnert: Viele Missionsärzte waren interniert und konnten überhaupt nicht raus aus ihren Ländern. Ein großer Schritt war dann in den 50er Jahren, um 1952 wurde die sogenannte Missionsärztliche Klinik gegründet, von unserem Institut selbst.

Wie die Gründer der Klinik das geschafft haben, ist für mich ein Wunder. Also die Nachkriegsjahre waren ja schwierig genug und in dieser Zeit dann zu sagen: okay, wir gründen eine eigene Klinik mit den klassischen Fachdisziplinen, um unsere Ärzte, Ärztinnen, Krankenschwestern und Hebammen zu befähigen, für ihren Einsatz in den Missionsländern, das war für mich ein Wunder.

Diese Klinik war auch dafür zuständig, Fachkräfte aus Afrika oder Asien weiterzubilden, die Facharztausbildung oder spezielle Kurse zu geben, damit sie dann wieder vor Ort in ihren Ländern effektiver und kompetenter arbeiten können.

Danach wurde weiterhin ausgesandt. Die Ausgesandten oder Auszusenden wurden versucht einzubinden, nach dem  Entwicklungshelfergesetz das heute als "Agia Mondo" bekannt ist, um auch sonst institutionellen Rückhalt und Sicherheit zu geben. Das ist sehr gut gelungen. Das machen wir auch jetzt noch.

Aber die Zeiten, in denen die Ärztinnen und Ärzte für zehn Jahre rausgehen, die sind vorbei. Es gibt jetzt meist dreijährige Einsätze, manchmal auch einjährige Einsätze. Aber das ist jetzt nur noch ein Tätigkeitsfeld unseres Instituts, weil man beobachtet hat, dass es jetzt mehr Mediziner und Gesundheitsangestellte in den Ländern des globalen Südens gibt und da ist es wichtig, die zu schulen, ihnen Wissen zugänglich zu machen. Und dann ist es gar nicht mehr so häufig nötig, einen ganz langen Einsatz von Deutschland aus nach Afrika oder Lateinamerika oder Asien zu realisieren.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Quelle:
DR