Wird Benedikt XVI. zum Kirchenlehrer erklärt?

Diskussion hat begonnen

Am Tag vor der Beerdigung des früheren Papstes Benedikt XVI. hat Papst Franziskus seinen Vorgänger als "großen Lehrmeister der Glaubensunterweisung" gewürdigt. Währenddessen gehen Diskussionen um seine Bedeutung weiter.

Autor/in:
Christoph Arens
Papst Benedikt XVI. im Jahr 2007 / © miqu77 (shutterstock)
Papst Benedikt XVI. im Jahr 2007 / © miqu77 ( shutterstock )

"Sein scharfes und feinfühliges Denken war nicht selbstbezogen, sondern kirchlich, weil er uns immer zur Begegnung mit Jesus führen wollte", erklärte Papst Franziskus unter Applaus bei der Generalaudienz am Mittwoch. Kurienkardinal Kurt Koch sprach sich dafür aus, den Verstorbenen offiziell zum Kirchenlehrer zu erklären.

Deutsche Staatsspitze kommt zur Beerdigung

Im Petersdom hatten Pilger unterdessen zum letzten Mal die Möglichkeit, sich von dem aufgebahrten Benedikt XVI. zu verabschieden. Auch einige deutsche Bischöfe nahmen Abschied. Am Donnerstagvormittag steht die Trauerfeier mit anschließender Beisetzung unter Leitung von Papst Franziskus an.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier steht in der Apostolischen Nuntiatur in Berlin mit Erzbischof Nikola Eterovic vor einem Bild des verstorbenen emeritierten Papstes Benedikt XVI. Er kam gerade von einem Staatsbesuch aus Brasilien zurück, wo er den neugewählten Präsidenten beglückwünschte / © Gordon Welters (dpa)
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier steht in der Apostolischen Nuntiatur in Berlin mit Erzbischof Nikola Eterovic vor einem Bild des verstorbenen emeritierten Papstes Benedikt XVI. Er kam gerade von einem Staatsbesuch aus Brasilien zurück, wo er den neugewählten Präsidenten beglückwünschte / © Gordon Welters ( dpa )

Aus Deutschland wird neben zahlreichen Bischöfen die gesamte Staatsspitze an der Trauerfeier teilnehmen – also neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Bundesratspräsident Peter Tschentscher sowie der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth. Dazu kommt eine große Delegation aus der bayerischen Heimat Benedikts mit Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an der Spitze.

Das ZDF, das Bayerische Fernsehen und Phoenix übertragen die Trauerfeiern live aus Rom. Neben Deutschland hat auch Italien Trauerbeflaggung angeordnet. Am Donnerstag sollen landesweit die Fahnen an öffentlichen Gebäuden auf Halbmast wehen. In allen katholischen Kirchen in Deutschland sollen außerdem gegen 11.00 Uhr die Trauerglocken läuten.

Diskussion um Bedeutung

Auch am Mittwoch diskutierten Bischöfe und Theologen über die Bedeutung von Joseph Ratzinger. Der päpstliche Botschafter in Berlin, Erzbischof Nikola Eterovic, erklärte, Benedikt XVI. habe sich bis zuletzt besonders für die Kirche in Deutschland interessiert. Bei seiner letzten Begegnung mit ihm im September habe sich der frühere Papst besonders nach dem Reformprozess Synodaler Weg erkundigt.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (r.) trägt sich in das Kondolenzbuch ein zum Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. in der Apostolischen Nuntiatur in Berlin. Links steht Erzbischof Nikola Eterovic, Apostolischer Nuntius in Deutschland / © Gordon Welters (KNA)
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (r.) trägt sich in das Kondolenzbuch ein zum Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. in der Apostolischen Nuntiatur in Berlin. Links steht Erzbischof Nikola Eterovic, Apostolischer Nuntius in Deutschland / © Gordon Welters ( KNA )

Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. sei "einer der größten Theologen unserer Zeit" gewesen, so Eterovic. Dabei sei ihm wichtig gewesen, bei Bischofsberatungen immer Raum für Diskussionen zu ermöglichen: "Diese Tatsache zeigt deutlich, wie Benedikt XVI. auch den innerkirchlichen Dialog förderte."

Würdigungen und Warnungen

Kardinal Reinhard Marx würdigte seinen Amtsvorgänger als Erzbischof in München als "Gottsucher und leidenschaftlichen Theologen". Seine "schönen Gespräche" in den vergangenen 25 Jahren mit dem Kirchenmann seien stets von Zuversicht geprägt gewesen. "Nicht immer waren wir einer Meinung", räumte der Kardinal ein, aber er habe den Eindruck gehabt, dass sich Benedikt wirklich im Dialog austauschen wollte. Ein solcher theologischer Disput führe schließlich weiter.

Der Münsteraner Theologe Michael Seewald warnte vor einer Legendenbildung um Benedikt XVI. Dessen Umfeld, das auf Kritik "oft dünnhäutig reagiert" habe, bastele an einer Sicht Benedikts als eines "verkannten und von seinen Kritikern böswillig missverstandenen Kirchenlehrers", sagte Seewald dem "Kölner Stadt-Anzeiger".

Ratzinger sei sicher "einer der bedeutendsten Theologen des 20. Jahrhunderts", betonte sein Nachnachfolger auf dem Lehrstuhl für Dogmatik an der Uni Münster. Er habe einen breiten Spielraum eröffnet, "den die Kirche für Reformen hätte nutzen können". Im Lauf der Jahre habe er sich aber immer weiter auf die Seite von Eingrenzung und Regulierung geschlagen.

Das geistliche Testament von Papst Benedikt XVI.

Am Tag seines Todes, dem Silvestertag 2022, hat der Vatikan das Geistliche Testament von Papst Benedikt XVI. veröffentlicht, das er bereits am 29. August 2006 verfasste. Die Katholische Nachrichten-Agentur dokumentiert den Text in der Originalfassung (in alter Rechtschreibung):

Papst Benedikt XVI. am 9. September 2006 in München. / © Markus Nowak (KNA)
Papst Benedikt XVI. am 9. September 2006 in München. / © Markus Nowak ( KNA )
Quelle:
KNA