Gemeinschaftsprojekt hilft ukrainischen geflüchteten Kindern

Ankommen und Erlebtes verarbeiten

Rund 350.000 geflüchtete Kinder aus der Ukraine müssen nicht nur in Deutschland Fuß fassen, sondern auch traumatisierende Kriegserfahrungen verarbeiten. Ein Projekt von World Vision Deutschland und "Jumpers" soll dabei helfen.

Ein Rucksack mit einem Aufkleber in den Farben der ukrainischen Flagge in einem Klassenraum / © Halfpoint (shutterstock)
Ein Rucksack mit einem Aufkleber in den Farben der ukrainischen Flagge in einem Klassenraum / © Halfpoint ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: "World Vision Deutschland e.V." setzt sich gemeinsam mit der christlich-sozialen Organisation "Jumpers - Jugend mit Perspektive" für ukrainische Kinder und deren Familien in Deutschland ein. Wie ist Ihre Idee für dieses Kooperationsprojekt entstanden? 

Andres Besch, Referent für Kirche und Gemeinde von World Vision Deutschland e.V.

"Viele Kinder, die nach Deutschland kommen, haben Schreckliches erlebt, haben Verluste erlitten."

Andres Besch (Referent für Kirche und Gemeinde von World Vision Deutschland e.V.): Die Idee für dieses Projekt ist in den letzten Monaten entstanden. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine hilft World Vision den Kindern und ihren Familien in Nachbarländern, aber auch in der Ukraine selbst.

Daneben sehen wir aber auch, dass viele Kinder, die nach Deutschland kommen, Schreckliches erlebt und Verluste erlitten haben. Der Alltag der Kinder, der ihnen in ihrer Heimat Geborgenheit und Sicherheit gegeben hat, ist plötzlich weggebrochen.

Aufgrund dieser Tatsache ist in dem Kontakt mit "Jumpers" die Idee zu einer gemeinsamen Partnerschaft gewachsen, durch die wir Kindern Raum und Möglichkeiten geben wollen, das Erlebte zu verarbeiten und ihnen dabei zu helfen, in Deutschland anzukommen. 

48.000 Euro gehen den Angaben zufolge an das Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen / © Frank Rumpenhorst (shutterstock)
48.000 Euro gehen den Angaben zufolge an das Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen / © Frank Rumpenhorst ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Heimat, Familie und Freunde, Geborgenheit und Sicherheit wären für die 350.000 ukrainischen Kinder in Deutschland wichtig. Das ist alles vom einen auf den anderen Tag zusammengebrochen. Wie ist Ihr Projekt aufgebaut, das helfen soll? Wie läuft das ab? 

Besch: "Jumpers" ist an zwölf Standorten in Deutschland mit verschiedenen Stadtteil-Projekten tätig. Dort werden Kinder aus sozial angespannten Umfeldern unterstützt, wodurch die Chancengleichheit der Kinder vergrößert werden soll.

World Vision unterstützt hier ganz konkret die Stadtteil-Projekte mit den Standorten in Kassel und Gera. Das Projekt findet einerseits in den bestehenden Strukturen von "Jumpers" statt, zum Beispiel durch die Betreuung an den Standorten mit Angeboten im Bildungs-, Sport-, Musik- und Kreativ-Bereich, aber auch durch Sommercamps.

Es werden aber auch durch Fußball-Camps unter dem Motto "Sport und Wort" ganz neue Strukturen geschaffen, wo auf der einen Seite der Spaß im Vordergrund steht, aber auch durch verschiedene Coaching-Angebote in Gesprächen die Erlebnisse und Erfahrungen aufgearbeitet werden sollen. Wir bieten dort gemeinsam Sprachkurse an, aber auch die psychologische Betreuung von Kindern.

Und auch die Eltern werden durch das Projekt unterstützt, zum Beispiel durch Sprachkurse, durch verschiedene Bildungsangebote oder in der Unterstützung bei Ämtergängrn. 

DOMRADIO.DE: Welche Ziele streben Sie damit an? 

Andres Besch, Referent für Kirche und Gemeinde von Word Vision Deutschland e.V.

"Wir wollen Kinder fördern, damit sie ihre Fähigkeiten und Sprachkenntnisse verbessern und erweitern und so ihre Integration gelingen kann."

Besch: World Vision und "Jumpers" wollen durch das Projekt Kindern und Eltern helfen, dass sie die schlimmen Erfahrungen von Krieg und Flucht verarbeiten können, dass sie gut in Deutschland ankommen können und in stabilisierten Verhältnissen leben können.

Wir wollen Kinder fördern, damit sie ihre Fähigkeiten und Sprachkenntnisse verbessern und erweitern und so ihre Integration gelingen kann. 

DOMRADIO.DE: Was muss sich denn Ihrer Meinung nach in der humanitären Nothilfe in der Ukraine oder auch hier in Deutschland noch tun? Was haben Sie vor, um junge Geflüchtete zu unterstützen? 

Besch: Das Ganze hängt von der Entwicklung des Kriegsgeschehens in der Ukraine ab. Momentan zielt unsere Hilfe in der Ukraine auf die Versorgung mit Nahrungsmitteln, mit Hygieneartikeln, mit sanitären Einrichtungen, auf die Sicherstellung von Wasserversorgung und speziell auf Kinder auf Kinderschutzprogramme und Bildungsangebote ab.

Auch in Deutschland in der Partnerschaft mit "Jumpers" hängt alles von den kommenden Monaten ab, wie sich die Zahl der Flüchtlinge hier in Deutschland verändern wird und gegebenenfalls, ob wir dann unsere Hilfe noch auf  verschiedene andere Standorte ausbauen müssen. 

Das Interview führte Katharina Geiger.

Viele Geflüchtete aus der Ukraine planen keine baldige Rückkehr

Mehr als jeder dritte Kriegsflüchtling aus der Ukraine möchte entweder für immer oder zumindest für mehrere Jahre in Deutschland bleiben. Das zeigen die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung, die im Dezember 2022 n Berlin vorgestellt wurden. Von den mehr als 11 000 Ukrainerinnen und Ukrainern, die daran teilgenommen haben, äußerten 26 Prozent die Absicht, für immer in Deutschland leben zu wollen. Elf Prozent der Kriegsflüchtlinge wollen mehrere Jahre bleiben. 

Ukrainische Flüchtlinge auf dem Bahnhof von Lwiw warten auf den Zug, um nach Europa zu fliehen (7. März 2022). / © Ruslan Lytvyn (shutterstock)
Ukrainische Flüchtlinge auf dem Bahnhof von Lwiw warten auf den Zug, um nach Europa zu fliehen (7. März 2022). / © Ruslan Lytvyn ( shutterstock )
Quelle:
DR