Caritas bietet anonymen und werbefreien Bürgergeld-Rechner

"Hilfe auf einer kleinen Basis"

Das Anfang des Jahres eingeführte Bürgergeld soll höhere Leistungen und eine gründliche Betreuung durch die Jobcenter ermöglichen. Mit dem Bürgergeld-Rechner der Caritas kann jeder anonym und werbefrei seinen Bedarf online ermitteln.

Eine Frau mit einem Geldbeutel und Geldscheinen / © sebra (shutterstock)
Eine Frau mit einem Geldbeutel und Geldscheinen / © sebra ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Der Bürgergeld-Rechner der Caritas soll für Nutzer leicht zu bedienen sein. Wie ist er aufgebaut?

Michaela Hofmann (Diözesan-Caritasverband Erzbistum Köln)

Michaela Hofmann (Referentin für Allgemeine Sozialberatung und Armutsfragen beim Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln): Er ist tatsächlich leicht aufgebaut. Sie können auch nur ein paar Daten eingeben, die wichtig sind. Damit können Sie eine grobe Berechnung durchführen, ob es sich lohnt zum Jobcenter zu gehen und einen Antrag zu stellen.

Sie müssen keinen Namen eingeben, Sie müssen keinen Ort eingeben. Das war uns besonders wichtig, um auch Anonymität zu bewahren. Sie fangen direkt an mit den Fragen: Wohnen Sie alleine? Leben Sie, wenn Sie mit anderen zusammen wohnen, in einer Bedarfsgemeinschaft? Wie alt sind die Kinder? Sind Sie alleinerziehend? Dann kommt es noch darauf an, dass Sie das Einkommen und die Miete angeben. Im Anschluss rechnet der Rechner eine grobe Übersicht aus, ob Sie einen Anspruch haben könnten.  

DOMRADIO.DE: Es gibt nicht nur den Bürgergeld-Rechner von der Caritas, sondern noch viele andere. Sie haben gerade schon ein paar Besonderheiten angesprochen. Sind das die entscheidenden Unterschiede zwischen dem Rechner der Caritas und dem von anderen Anbietern?

Michaela Hofmann (Referentin für Allgemeine Sozialberatung und Armutsfragen beim Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln)

"Wir müssen dafür Sorge tragen, dass jeder seine Infos auf einer kleinen Basis erhält."

Hofmann: Wir haben sehr darauf geachtet, dass keine Daten abgefragt werden, wie zum Beispiel der Name oder eine Mailadresse. Das ist etwas, das andere Rechner haben. Wenn wir dem nachgegangen sind, dann steckten da manchmal Versicherungsportale hinter, sodass wir gesagt haben, wir müssen dafür Sorge tragen, dass jeder seine Infos auf einer kleinen Basis erhält.

Deshalb achten wir eben auf Anonymität, die uns sehr wichtig ist und verzichten auf Werbung. Es gibt viele Bürgergeld-Rechner, in denen Werbung platziert ist, weil die Seiten sich auch finanzieren müssen. Dann sieht man oft vor lauter Werbung nicht mehr das, was man will. Oder man klickt vielleicht eine Werbung an und bekommt dann weitere Werbung. Das wollen wir alles vermeiden. Uns geht es wirklich um die Information. Das ist das Wichtigste.

DOMRADIO.DE: Was sind bislang die Resonanzen von den Nutzerinnen und Nutzern zu Ihrem Bürgergeld-Rechner? Haben Sie schon Rückmeldungen bekommen?

Hofmann: Ja, die Rückmeldungen sind positiv. Die Leute sagen, wir können es bedienen, wir haben einen Anhaltspunkt. Wir haben in diesen Bürgergeld-Rechner auch Fragen und Antworten eingebunden. Es gibt noch viele weitere Informationen, auch zum Anspruch, wo ich das beantragen muss, was heißt das überhaupt Bedarfsgemeinschaft? Welches Einkommen wird angerechnet?

Michaela Hofmann (Referentin für Allgemeine Sozialberatung und Armutsfragen beim Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln)

"Und wenn ich nicht weiterkomme, dann habe ich sogar eine Telefonnummer oder ein Gesicht, das ich anrufen kann."

Viele Leute sagen daher, das ist informativ, damit kommen wir weiter. Was natürlich für die Leute immer sehr hilfreich ist, dass sie dort auch eine Telefonnummer finden, zum Beispiel die von mir. Dann wird oft noch mal kurz angerufen und Fragen geklärt. Das ist etwas, von dem die Leute sagen, das ist ein einfacher und leichter Zugang. Und wenn ich nicht weiterkomme, dann habe ich sogar eine Telefonnummer oder ein Gesicht, das ich anrufen kann. Unabhängig davon sind alle Beratungsstellen, die wir hier im Erzbistum haben auch aufgelistet, sodass man da auch Ansprechpersonen findet. Das finden die Leute toll.

DOMRADIO.DE: Jetzt gibt es auch Menschen, die keinen Zugriff auf das Internet haben und damit auch den digitalen Bürgergeld-Rechner nicht nutzen können. Wie können Sie diesen Menschen helfen?

Hofmann: Ja, das ist wirklich ein Problem in unserer immer mehr digitalisierten Welt, dass es wirklich schwierig ist Leute, die nicht online gehen können, zu erreichen. Was wir noch immer haben, ist dass die Menschen oft wissen, die Caritas kann eventuell helfen. Sie schauen dann in ein Telefonbuch, wenn sie noch eins haben, und finden die Caritas dann dort. Oder man schaut vor Ort, wenn man an einem Pfarrheim vorbeikommt oder an einer Pflegeeinrichtung der Caritas. Da kann man dann reingehen und nach der nächsten Beratungsstelle fragen. Aber es ist dann tatsächlich dieses analoge System von Mund zu Mund-Propaganda. Wir werden immer beides brauchen, damit uns alle Leute finden können.

Das Interview führte Tim Helssen.

Bürgergeld

Der Bundestag stimmt an diesem Donnerstag über das geplante Bürgergeld ab. SPD, Grüne und FDP werden das Gesetz voraussichtlich mit ihrer Mehrheit beschließen - gegen den Widerstand der Opposition. Die Union, auf deren Zustimmung die Ampel später aber im Bundesrat für eine endgültige Verabschiedung des Bürgergelds angewiesen ist, hat den angepeilten Wechsel weg vom bisherigen Hartz-IV-System in den vergangenen Wochen immer wieder scharf kritisiert und droht mit einer Blockade in der Länderkammer.

Streit ums Bürgergeld / © Christin Klose (dpa)
Streit ums Bürgergeld / © Christin Klose ( dpa )

 

Quelle:
DR