DOMRADIO.DE: Fünf katholische Gemeinden in Bergisch Gladbach erfuhren in einem Proklamandum vom 14./15. Januar, dass sie schon zum 1. März in einem Modellprojekt zusammen in einer neuen Pastoralen Einheit agieren sollen. Weil dies die Gemeinden teilweise völlig unvorbereitet traf, gab es Ärger über die schlechte Kommunikation. Die zuständigen Verantwortlichen entschuldigten sich. Daraufhin schickte der Kölner Erzbischof Kardinal Woelki Sie quasi als Feuerwehrmann. Was genau ist denn Ihr Auftrag?
Weihbischof Ansgar Puff (Zuständig für den Pastoralbezirk Süd des Erzbistums Köln): Meine Aufgabe ist erstens zuzuhören und zweitens das, was die Leute sagen und empfinden, dann zu Kardinal Woelki zu transportieren. Der will sich dann, nachdem er alle Informationen bekommen hat, mit den Verantwortlichen im Generalvikariat zusammensetzen und zu einer Lösung kommen.
DOMRADIO.DE: Anfang der Woche gab es schon eine erste Pfarrversammlung in der betroffenen Gemeinde St. Johann Baptist in Refrath. Die Veranstaltung war rappelvoll. Es gab viel Ärger unter den Gemeindemitgliedern zu spüren, die sich dort richtig Luft gemacht haben. Wie haben Sie diese Versammlung selbst erlebt?
Puff: Das war ja nicht das erste Treffen. Ich war vorher schon bei einem Treffen der Kirchenvorstände und Pfarrgemeinderäte in Bergisch Gladbach-West und auch in Refrath bei einem Treffen der Kirchenvorstände und des Orga-Teams "Runder Tisch" dabei. Das ist so eine Art Pfarrgemeinderat-Ersatz, sage ich mal.
Bei allen drei Treffen standen immer dieselben Themen auf der Agenda. Es wird gefordert, dass das Proklamandum zurückgenommen wird.
Ich muss dazu sagen, dass alle Gesprächspartner, mit denen ich gesprochen hatte, auch bei der Versammlung in Refrath am vergangenen Dienstag aufrechte, gläubige und engagierte Katholiken sind. Das sind keine Menschen, die einfach nur Krawall wollen. Das sind besorgte Gemeindemitglieder. Die muss man sehr ernst nehmen.
DOMRADIO.DE: Was ärgert denn die Gemeindemitglieder vor Ort ganz konkret?
Puff: Wie ich es verstanden habe, sind es vor allem drei Punkte. Der erste Punkt ist folgender. Nachdem der Prozess #Zusammenfinden abgeschlossen worden war, wurde zunächst ins ganze Bistum kommuniziert, dass zunächst Gespräche geführt würden und dass es dann verschiedene Phasen gibt, in denen der weitere Weg vereinbart wird.
Phase eins ist, dass erst mal miteinander gesprochen wird. In der Zeit bleibt aber alles so, wie es ist. Das soll bis zum 1. September 2023 so sein. Danach soll es Gespräche und Überlegungen geben, wie das mit einem gemeinsamen Pastoralteam gehen kann.
Die Phase zwei besteht dann darin, dass es ein gemeinsames Pastoralteam mit einem gemeinsamen Pfarrer gibt, aber noch unterschiedliche Gremien.
Und dann gibt es irgendwann Phase drei, wo es auch beispielsweise einen Kirchengemeindeverband gibt.
Der Ärger ist nun dadurch entstanden, dass in Bergisch Gladbach gesagt wird, dies sei jetzt das Modell und das würde schon ab dem 1. März umgesetzt. Mit diesem Modell ist verbunden, dass es beim Übergang in Phase zwei einen Pfarrer und ein gemeinsames Pastoralteam gibt. Da es aber derzeit noch vier Pfarrer gibt, müssen dann drei Pfarrer in eine andere Aufgabe gehen.
Die Tatsache, dass das mit den Gremien vorher nicht besprochen wurde, hat zu großem Ärger geführt. Die Menschen empfinden das als eine Art Wortbruch.
Die Tatsache, dass die Versetzung dieser Pfarrer sehr schnell zum 1. März avisiert worden ist, hat die Menschen auf die Palme gebracht.
DOMRADIO.DE: Teilweise gibt es in den Gemeinden angesichts der dauerhaften Krisensituation im Erzbistum Köln sowieso schon großen Ärger und Verunsicherung. Man fühlt sich ohnmächtig. Was sagen Sie denn, wenn Sie die Leute mit diesen Fehlern in der Kommunikation erneut konfrontieren?
Puff: Ich versuche im Moment, die ganze Situation ein bisschen zu versachlichen, weil ich glaube, dass es keinen Sinn macht, wenn man jetzt auf den tatsächlich existierenden Konflikt in Bergisch Gladbach auch noch große kirchenpolitische Themen aufsattelt. Ich versuche, das zu versachlichen und in meiner Rolle zu bleiben. Meine Rolle ist, dass ich der Bote bin und Gespräche führe. Es gibt auch noch weitere Gespräche.
Es gibt ja fünf Seelsorgebereiche in Bergisch Gladbach. Ich habe jetzt schon zusammen mit Herrn Dr. Weisser aus der Hauptabteilung "Entwicklung Pastorale Einheiten" terminiert, dass ich auch die Pfarrei St. Laurentius besuche und auch die Gremien in St. Josef und St. Antonius.
Es wird auch noch Gespräche in Bensberg und Moitzfeld geben.
DOMRADIO.DE: Mittlerweile gibt es aus der Gemeinde St. Johann Baptist, wo die Pfarrversammlung stattgefunden hat, schon einen konkreten Forderungskatalog, der dort aufgestellt wird. Was sagen Sie dazu?
Puff: Das ist ja auch richtig so. Alle drei Gespräche, die ich bis jetzt geführt habe, haben dazu geführt, dass die Leute mir dann auch gesagt haben, dass dies ihre Forderungen seien, die ich bitte transportieren solle.
Wenn ich nicht einen solchen Forderungskatalog hätte, dann wäre es auch ein bisschen schwieriger, etwas zu transportieren, weil man einzelne Wortbeiträge ja schlecht in dieser Fülle weitergeben kann. Das ist mir schon eine Hilfe, wenn die Leute sagen, das fordern wir und das transportiere ich jetzt bitte mal nach Köln.
DOMRADIO.DE: Ganz oben steht zum Beispiel ein sofortiger Stopp, dass man also sagt, man setzt das jetzt alles aus. Dann wäre das Modellprojekt aber erst mal gescheitert.
Puff: Ob es gescheitert ist, weiß man noch nicht. Ich arbeite im Moment daran, dass wir möglichst eine Lösung finden, bei der es keine Sieger und Besiegte und keine Verlierer und keine großen Verluste gibt. Es ist Schaden entstanden und es gibt Verletzungen. Das kann man nicht wegreden.
Mir geht es aber darum, dass es eine Lösung gibt, wo der Schaden möglichst gering ist.
Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.