Katholische Jugend wünscht sich mehr Dialog in Prag

"Ein Statement an das andere gereiht"

Bei der Weltsynode in Prag relativieren sich Perspektiven des deutschen Synodalen Wegs. Es zeigen sich aber auch Prozesse, die in Deutschland besser laufen, berichtet Lisa Holzer, die für die Katholische junge Gemeinde teilnimmt.

Tagungsraum der Europa-Etappe der Weltsynode in Prag / © Ludwig Ring-Eifel (KNA)
Tagungsraum der Europa-Etappe der Weltsynode in Prag / © Ludwig Ring-Eifel ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was heißt das, digital dabei zu sein? Und was machen Sie da? Wofür sind Sie dabei?

Lisa Holzer, Geistliche Leitung des Bundesverbands der Katholischen jungen Gemeinde, KjG / © Michael Grundler (kjg)
Lisa Holzer, Geistliche Leitung des Bundesverbands der Katholischen jungen Gemeinde, KjG / © Michael Grundler ( kjg )

Lisa Holzer (Geistliche Leitung des Bundesverbands der Katholischen jungen Gemeinde, KjG) Vier Personen sind in Prag direkt von der deutschen Delegation oder von den anderen Kirchen mit dabei. Und wir sind zu zehnt dann digital dabei und hören uns erst einmal – wie die anderen auch – morgens immer die Impulse an, die die verschiedenen Bischofskonferenzen mit einbringen. Was da so in den Ländern gesprochen wurde, in unterschiedlichen, auch demokratischen Prozessen, welche Schwerpunkte es gibt.

In der zweiten Einheit ging es dann in Arbeitsgruppen. Das machen die vor Ort auch und wir digital. Ungefähr zehn Leute sind da jeweils drin, je nach Sprachgruppe. Da wird dann einfach noch mal das, was so auf dem Tisch war, ein bisschen resümiert und darüber gesprochen, was wir dazu denken.

DOMRADIO.DE: Jetzt ist heute der dritte Tag. Was ist bisher passiert?

Holzer: Die Vorträge der verschiedenen Länder sind jetzt vorbei. Heute in den Arbeitsgruppen war in meiner deutschsprachigen Arbeitsgruppe viel Ratlosigkeit, wie es irgendwie weitergehen kann, weil doch immer offensichtlicher wird, dass wir an ganz unterschiedlichen Stellen stehen und auch gerne unterschiedliche Geschwindigkeiten gehen würden, was Europa anbetrifft.

DOMRADIO.DE: Mit welchen Erwartungen sind Sie in die Kontinentalversammlung zur Weltsynode hineingegangen?

Holzer: Ich bin ja auch Teil des Synodalen Wegs in Deutschland und da wird immer wieder darauf verwiesen, dass wir vieles nicht ändern können, weil das ja weltkirchlich betrachtet werden muss. Da hatte ich die Erwartung, einfach noch mal einen besseren Einblick zu bekommen und durchaus auch das einzubringen, was meine Mitglieder bei der Kirche so fordern. Und das ist einfach ein bisschen mehr Geschwindigkeit. Oder überhaupt, dass die deutsche Kirche auch gerne dezentral vorankommen kann.

DOMRADIO.DE: Die Jüngsten unserer Kirche könnte man als die Zukunft der Kirche betiteln. Diskutiert wird über dieses Dokument, von dem Sie vorhin gesprochen haben, das vorher bei einem Experten-Treffen aus den Reformwünschen aus der ganzen Welt zusammengetragen wurde. Was bedeutet das für die junge Kirche in Europa? Haben Sie das Gefühl, die Kinder und Jugendlichen werden überhaupt gesehen, gehört?

Holzer: Die werden immer wieder bei den verschiedenen Statements oder auch in meiner Arbeitsgruppe benannt, aber schon auch mit ganz unterschiedlichen Perspektiven. Es wird überall gesehen, dass junge Menschen nicht mehr das Interesse an Kirche haben, wie es jetzt vor 50 Jahren war; wobei da meistens der Blick nur auf Kirchgänger gerichtet wird.

Dass Kirche sich auch in offenen Treffs oder in verbandlicher Jugendarbeit abspielt, das ist da selten im Blick. Und das geht dann auch bis hin zu Formulierungen wie: Wir müssen Erwachsene mehr bilden, damit die ihre Kinder in die Kirche schicken. Das passt absolut nicht mit meinem Verständnis zusammen, wie ich Glaube und Kirche leben sehe.

DOMRADIO.DE: Sie sitzen, haben Sie vorhin gesagt, außerdem als junge Synodale in den Versammlungen in Deutschland. Im April findet die vorerst letzte statt. Wie viel können Sie für den Synodalen Weg, den Reformprozess in Deutschland "abgucken"? Oder wie viel befruchtet umgekehrt vielleicht auch der Synodale Weg der deutschen Katholikinnen und Katholiken Ihrer Meinung nach die Weltsynode, die gerade läuft?

Teilnehmer auf der vierten Synodalversammlung in Frankfurt / © Julia Steinbrecht (KNA)
Teilnehmer auf der vierten Synodalversammlung in Frankfurt / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Holzer: Ich finde die Arbeitsweise auf jeden Fall spannend, die jetzt bei der Kontinentalsynode läuft. Da werden immer etwa vier oder fünf Statements gebracht und dann ist erst einmal ein Gebet oder eine Stille. Das merke ich schon, dass ich da weniger affekthaft denke oder reagiere. Das finde ich eine spannende Herangehensweise.

Ich merke aber auch, dass es dazu führt, dass gerade kein Dialog stattfindet, sondern es wird ein Statement an das andere gereiht. Und das merke ich, dass das im deutschen Synodalen Weg, auch wenn ich einigen Meinungen auch widerspreche, dass das ein bisschen besser funktioniert. Das ist tatsächlich ein miteinander Diskutieren und das rückt gerade auch mein Unverständnis manchmal, wie es im deutschen Synodalen Weg abläuft, in ein besseres Licht. Und es ist tatsächlich einfach sehr viel besser strukturiert. Also ja, ich glaube, ich habe gerade eine größere Zufriedenheit mit dem, was in Deutschland so passiert, was natürlich nicht heißt, dass wir uns da irgendwie zurücklehnen können.

DOMRADIO.DE: Auch wenn es eine einseitige Kommunikation größtenteils gerade in Prag ist. Wird sich denn wirklich etwas bei diesen Themen ändern? Wo liegt Ihre Hoffnung?

Holzer: Was ich mir vorstellen könnte, was so ein Punkt sein könnte, wo wir weltweit vorankommen, wäre, wenn es tatsächlich funktionieren würde, dass wir besser dezentral auch trotzdem eine katholische Kirche sind. Das hat Franziskus gerade zu Beginn seines Pontifikats immer wieder auch eingebracht, dass ihm Dezentralität sehr wichtig ist. Aber ich glaube, das ist einfach relativ wenig definiert, was das heißt.

Und er hat jetzt auch Deutschland immer wieder so ein bisschen zurechtgewiesen, dass wir aber die Wege jetzt nicht gehen können. Da merke ich aber in der deutschsprachigen Arbeitsgruppe zum Beispiel, in der auch Schweizer:innen und Österreicher:innen mit dabei sind. Die machen einfach vieles schon anders, was gerade bei uns irgendwie als große Neuerung kommt.

Wenn das tatsächlich so funktionieren würde und auch offiziell erlaubt wäre, würde das auch den Bischöfen, die ja auch teilweise wirklich vorangehen wollen, auch mal eine Entlastung bieten und uns auf jeden Fall für das, wie wir Kirche gestalten, auch mehr Freiheiten geben.

Das Interview führte Katharina Geiger.

Weltsynode 2021-2024

Mit der Weltsynode hat Papst Franziskus in der katholischen Kirche etwas Neues geschaffen. Erstmals werden bei einer Synode Nicht-Bischöfe und Nicht-Priester im großen Umfang ein Stimmrecht haben, darunter auch Frauen.

Inhaltlich soll es vor allem um neue Wege der Mitwirkung der kirchlichen Basis bei wichtigen Entscheidungen in der katholischen Kirche gehen. Obwohl erstmals auch nicht geweihte Männer und Frauen ein Stimmrecht haben, handelt es sich kirchenrechtlich um eine Bischofssynode.

Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
DR