Das bereits fast drei Jahre dauernde Verfahren gegen den Bremer Pastor Olaf Latzel (55) wegen abwertender Äußerungen über Homosexualität und Gendertheorie geht weiter. Das Oberlandesgericht Bremen hob am Donnerstag den Freispruch des konservativen evangelischen Geistlichen vom Vorwurf der Volksverhetzung durch das Landgericht auf.
Dessen Urteilsbegründung sei lückenhaft, sagte Richter Klaus-Dieter Schromeck. Wesentliche Aussagen aus der Veranstaltung, bei der die umstrittenen Äußerungen gefallen waren, seien darin nicht enthalten. Damit folgte er der Argumentation der Generalstaatsanwaltschaft. Nun muss der Fall vor einer anderen Kammer des Landgerichts neu verhandelt werden.
In zweiter Instanz freigesprochen
Latzels Verteidiger Sascha Böttner erklärte, die Entscheidung des Oberlandesgerichts stelle das Revisionsrecht auf den Kopf. "Es drängt sich der Eindruck auf, dass es sich um ein politisches Verfahren handelt."
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Pastor der Bremer Sankt-Martini-Gemeinde vor, bei einem auch auf Youtube veröffentlichten Eheseminar gegen Homosexuelle und Transgeschlechtliche gehetzt zu haben. Das Landgericht hatte ihn im Mai vergangenen Jahres in zweiter Instanz freigesprochen und damit eine frühere Verurteilung durch das Amtsgericht aufgehoben. Dagegen hatte die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, worauf nun das Oberlandesgericht das frühere Urteil auf Rechtsfehler prüfen musste.
Während der Revisionsverhandlung wurden keine Zeugen gehört. Latzel erschien erneut mit einer Bibel im Gerichtssaal. Mehrere Anhänger des Pastors aus seiner Gemeinde verfolgten den Prozess als Besucher. Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten einige Menschen für die Rechte von Homosexuellen und eine offene Gesellschaft.
Vortrag vor Ehepaaren
Latzel hatte in seinem rund eine Stunde und 45 Minuten dauernden Vortrag vor rund 30 Ehepaaren Homosexualität als "Degenerationsformen von Gesellschaft" bezeichnet. Er sagte: "Überall laufen diese Verbrecher rum, von diesem Christopher-Street-Day." Die Idee, dass es mehr als zwei Geschlechter gebe, verurteilte er als "Genderdreck".
Der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft, Florian Maaß, argumentierte, dass in der Urteilsbegründung eine wortwörtliche Wiedergabe von Latzels Vortrag nötig gewesen wäre, um das Urteil zu überprüfen. Ob der Pastor etwa den Ausdruck "Verbrecher vom Christopher-Street-Day" hetzend verwendet habe, sei aufgrund der lückenhaften Tatsachenerfassung des Landgerichts nicht festzustellen.
Es kommt auf die Wortwahl an
Verteidiger Böttner, verwies darauf, dass Beweismittel in Urteilsbegründungen nie vollständig dargelegt werden könnten und müssten. Latzel selbst wollte sich während der Verhandlung nicht äußern.
Richter Schromeck bestätigte die Auffassung des Landgerichts, nach der die Religionsfreiheit in dem Fall eine wesentliche Rolle spiele.
"Dafür braucht man keine Sachverständigen." Allerdings sage das noch nichts über die Strafbarkeit der Aussagen aus. Denn auch das Grundrecht der Religionsfreiheit habe Schranken. Der Richter erklärte: "Selbstverständlich kann man Homosexualität ablehnen. Aber es kommt auf die Wortwahl an." In der Verhandlung vor dem Landgericht waren zwei theologische Experten angehört worden.