"Es ist um der Menschen willen an der Zeit, eine lebensdienliche Moral und Lehre weiterzuentwickeln, die auf der Höhe der gegenwärtigen Debatten die Menschenfreundlichkeit Gottes verkündet", sagt der Erzbischof von München und Freising in einem Hörfunk-Beitrag für den Bayerischen Rundfunk. Dieser wird in der Reihe "Zum Sonntag" am 4. März im Sender Bayern 2 ausgestrahlt.
Die anhaltende Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche habe gezeigt, "dass es eine Grundproblematik gibt im Beziehungsfeld von Kirche und Sexualität, die ganz zu Recht in systemischer Perspektive auch in den Beratungen des Synodalen Weges eine wichtige Rolle spielt".
Das sei mit ein Grund, warum ab Samstag im Freisinger Diözesanmuseum das breite Themenfeld von Mensch und Sexualität in einer Sonderausstellung behandelt werde. Unter dem Titel "Verdammte Lust! Kirche. Körper. Kunst" ist diese bis 29. Mai zu sehen.
Kritik an "überzeichneten Extremen"
"Leidenschaft, Lust und Sex gegen Vernunft, Liebe und Moral? Es klingt manchmal ein wenig so, als gebe es entweder ein sündiges, triebgesteuertes und unvernünftiges Leben oder das Ideal der reinen Liebe", sagt Marx in dem Beitrag. Die Gefahr einer derart verengten Perspektive sehe er auch im kirchlichen Kontext. Aber diese beiden überzeichneten Extreme hätten wenig mit der Realität zu tun.
Dennoch sei in Theologie, Predigt und pastoraler Praxis in der Vergangenheit oft ein negatives Bild menschlicher Sexualität gezeichnet worden, räumte der Kardinal ein. "Sie wurde mit Schuld und Sünde bewehrt, was auch zu Verdrängung und Doppelmoral geführt hat." Diese oft einseitig als "Verbotsmoral" wahrgenommene kirchliche Lehre habe auch selbst zu oft den eigentlichen Kern aus dem Auge verloren: "Das christliche Menschenbild will auch im persönlichsten und intimsten Bereich menschlichen Lebens positive und befreiende Perspektiven eröffnen, sowohl für das Leben der einzelnen als auch für das Zusammenleben."